Fujifilm GFx 50R
Fujifilm GFX 50R. Beim Schwestermodell der GFX 50S setzt Fujifilm auf ein besonders kompaktes Sucherkameradesign. Aber die GFX 50R ist nicht nur handlicher als andere Mittelformatmodelle, sondern mit 4500 Euro auch günstiger. Technische Basis der Bildaufz
Sollte Ihnen die GFX 50R bekannt vorkommen, ist vielleicht die X-E3 der Grund. Jedoch ist die GFX 50R größer und wiegt mehr als das Doppelte: 775 statt 337 g. Beide Modelle sind klassischen Sucherkameras nachempfunden, unterscheiden sich aber im Sensorformat: APS-C (23,5 x 15,6 mm) bei der X-E3, Mittelformat (43,8 x 32,9 mm) bei der GFX 50R. Wer beim MittelformatBoliden den gerade für Fujifilm typischen X-Trans-Sensor vermutet, irrt sich leider. Stattdessen verbaut man einen konventionellen CMOS mit Bayer-FilterPattern und 51,4 Megapixeln (Seitenverhältnis 4:3), den gleichen wie bei der GFX 50S, die mit 5500 Euro deutlich mehr kostet als die GFX 50R (4500 Euro). Dafür wiegt die Neue knapp 150g weniger, was sie zu einer handlichen Mittelformatkamera macht.
Gehäuse und Ausstattung
Das Gehäuse der GFX 50R besteht aus einer Magnesiumlegierung und ist spritzwassergeschützt. Es vermittelt die Solidität eines Tresors, schon wegen seiner fühlbaren Masse. Ein Handgriff vorne und eine solide Daumenstütze an der Rückseite, beide griffig beschichtet, geben den Fingern Halt. Man fühlt sich wohl mit der Kamera, obwohl eine große Profi-SLR ergonomischer geformt ist. Unter der Abdeckung an der rechten Schmalseite finden sich zwei Steckplätze für SD-Karten. Als Stromquelle dient der LithiumIonen-Akku NP-T125, der aufgrund seiner Größe eine höhere Kapazität er
warten lässt als die ausgewiesenen 1250 mAh. Ein optionaler Batteriehandgriff für erhöhte Energiereserven bleibt dem Topmodell 50S vorbehalten. Die Befestigung eines Handgriffs wäre bei der 50R problematisch, weil sich einige Anschlüsse an der Unterseite befinden: eine USB-C-Schnittstelle und eine Netzteilbuchse (15 V). An der linken Seite des Gehäuses findet sich ein Mikrofon-/Remote-Anschluss (Miniklinke), an der rechten Seite eine HDMISchnittstelle. An der Gehäusefront sitzt eine Synchronkabelbuchse für Studioblitzgeräte. Einen Kopfhöreranschluss für Videos sucht man vergebens. Bei den Drahtlosfunktionen befindet sich die GFX 50R auf dem Stand der X-T3 und X-H1: Möglich ist die Fernbedienung der Kamera über die Handy-App „Fujifilm Camera Remote“mit Live-Bild am Smartphone sowie der Bildtransfer zwischen Kamera und Smartphone über WLAN und Bluetooth LE. Bei der Koppelung mit dem Smartphone hilft ein QR-Code am Kameramonitor, wenn die Fujifilm-App zuvor aktiviert wurde. Auch in ein PC-Netzwerk lässt sich die 50R einbinden, was vor allem bei der Studioarbeit sehr hilfreich ist.
Sucher und Monitor
Typisch für das Sucherkameradesign der GFX 50R ist der an den linken Gehäuserand verlagerte OLED-Sucher mit einer Auflösung von 1 230 000 RGB-Pixeln und 0,77-facher Vergrößerung. Die Qualität des Suchers entspricht dem, was man von anderen aktuellen Fujifilm-Modellen wie der X-H1 kennt. Detail-, Kontrast- und Farbwiedergabe befinden sich auf hohem Niveau. Kameraschwenks werden flüssig dargestellt, ein leichtes Ruckeln zeigt sich nur bei sehr schlechten Lichtverhältnissen. Links am Sucherokular befindet sich das Dioptrienrad; es lässt sich erfreulicherweise nur verstellen, wenn man es ein Stück aus dem Gehäuse zieht. Der 3,2-Zoll-Monitor hat eine Auflösung von 786667 RGB-Pixeln und ist touchfähig. Er lässt sich über zwei Achsen aus dem Gehäuse schwenken, sodass man ihn frontal von oben (für Motive in Bodennähe) und schräg von unten (für Über-Kopf-Aufnahmen) betrachten kann. Auf eine dritte Einstellachse für Hochformataufnahmen wie bei der X-T2/X-T3 hat man verzichtet.
Autofokus und Serienbilder
Zum automatischen Scharfstellen verwendet die GFX50R einen KontrastAF mit 425 Messpunkten. Wer will, kann auf 117 Messpunkte umschalten. Die AF-Bildfeldabdeckung bleibt dabei unverändert, nur gelangt man dann beim Verschieben des Messpunkts schneller von A nach B. Bei 425 Messpunkten kann man die Messposition dafür genauer festlegen. Bei Einzelfeldmessung lässt sich das Feld in sechs Größen einstellen, das bietet nicht jede Systemkamera. Eine Alternative zum Einzelfeld-AF ist die Zonenmessung; drei Varianten mit 3 x 3, 5 x 5 und 7 x 7 Messpunkten stehen zur Wahl. Eine Zone lässt sich im Bildfeld ebenso verschieben wie ein Einzelpunkt. Im Modus „Wide“(AF-Automatik) und bei Einzelbild-AF (AF-S) sucht sich die Kamera selbst die passenden Messfelder innerhalb des Bildfelds. Wechselt man auf kontinuierlichen Autofokus (AF-C), aktiviert man den Tracking-AF, der ein Objekt über das Bildfeld verfolgt. Auch Gesichts- bzw. Augenerkennung und Touch-AF beherrscht die GFX 50R. Im Touch-Modus kommen die zuvor eingestellten Messvarianten und Messfeldgrößen zum Einsatz; Touch-Auslösung ist nicht vorgesehen. Bei der Auslöseverzögerung inklusive AF-Zeit erreicht die GFX 50R passable Werte von 0,4/0,5 s bei 300/30 Lux; immerhin wird hier ordentlich Masse bewegt. Beim Einschalten lässt sich die Kamera mit 1,2 s etwas zu viel Zeit. Auch die Serienbildleistung ist keine Stärke des Mittelformats: rund 3 B/s im JPEG- und RAW-Modus, wobei die Kamera bei RAW bereits nach sechs Bildern eine Verschnaufpause braucht.
Belichtung und Video
Die Kamera besitzt einen Metallschlitzverschluss, der Belichtungszeiten zwischen 60 min und 1/4000 s erlaubt. Der erste Verschlussvorhang lässt sich auch elektronisch realisieren, um Vibrationen zu minimieren; der Verschlusszeiten
bereich bleibt dabei unverändert. Der elektronische Verschluss erlaubt Zeiten von 60min bis 1/16000s und arbeitet völlig lautlos. Wählt man im Aufnahmemenü unter „Auslösertyp“die Einstellung M+E, so verwendet die Kamera den mechanischen Verschluss zwischen 60 min und 1/4000 s; kürzere Zeiten werden elektronisch gebildet. Die Blitzsynchronisationszeit beträgt 1/125 s. Wie bei Fujifilm üblich, findet man ein Verschlusszeitenrad in der Nähe des Auslösers; die Arbeitsblende stellt man am Blendenring des Objektivs ein. Sowohl das Zeitenrad als auch der Blendenring haben eine A-Position für „Automatik“. Je nach Einstellung lässt sich die Kamera damit in Zeit-, Blendenoder Programmautomatik verwenden. Für Belichtungskorrekturen gibt es ein rastendes Einstellrad (± 3 EV), das in der C-Position auch höhere Korrekturwerte (± 5 EV) erlaubt – dafür verwendet man das Endlosrad am Auslöser. Auch der Blendenring des Objektivs lässt sich auf „C“stellen; dann verändern Sie die Arbeitsblende mit dem hinteren Drehrad der Kamera, anstatt direkt am Objektiv. Zu den Spezialitäten der Fujifilm-Kameras gehören Filmsimulationen, die Abbildungseigenschaften von Analogfilmen wie Provia, Velvia oder Astia nachbilden. Neben der Standardschwarzweißkonvertierung sorgt die Variante „Acros“für noch knackigere Ergebnisse; in beiden Fällen lassen sich Kontrastfilter (Gelb, Rot, Grün) simulieren. Praktisch: Filmsimulation ist auch in der BracketingVariante (Reihenbelichtung) verfügbar. Auch timer-gesteuerte Intervallaufnahmen und Fokusreihen mit einstellbarer Schrittweite erlaubt die GFX 50R. Kein Hit ist die Kamera für Filmer: FullHD mit 30 Vollbildern pro Sekunde ist hier das Höchste der Gefühle – da haben die aktuellen APS-C-Modelle von Fujifilm mit 4K und bis zu 60 B/s die eindeutig besseren Karten. Gut zu wissen: Die Videofunktion versteckt sich im Drive-Menü, wo man zwischen Einzelund Serienbild umschaltet und diverse Bracketing-Optionen findet. Gestartet wird das Video mit dem Auslöseknopf.
Bedienkonzept
Beim Bedienkonzept orientiert sich die GFX 50R an der kleinen Schwester X-E3. Den sonst üblichen 4-Wege-Schalter sucht man vergebens, doch der „Joystick“erweist sich als adäquater Ersatz. Man verwendet den kleinen Steuerknüppel zum Navigieren in den Menüs ebenso wie zum Positionieren von AFFeldern bzw. AF-Feld-Gruppen. Ein
kurzer Druck auf den Joystick blendet das AF-Feld-Raster ein, anschließend wählt man die gewünschte Position für den AF-Punkt bzw. die Zone mittels Joystick. Durch Drehen eines Einstellrads verändert man die Größe eines AF-Felds oder einer Zone. Zum Einstellen von Werten bzw. Funktionen stehen zwei Endlosräder, das eine für den Daumen, das zweite für den Auslösefinger, bereit. Fünf Funktionstasten sind über das Gehäuse verteilt und mit einer von 44 Funktionen belegbar. Am berührungsempfindlichen Monitor gewinnt man durch Wischen nach links/rechts bzw. oben/unten weitere Direktzugriffe auf Funktionsbereiche wie AF-Modus, Filmsimulation, Weißabgleich oder ISO-Einstellung. Das dazugehörige Einstellmenü mit Kameragrafik erreicht man am schnellsten, wenn man die „Disp/Back“-Taste länger als zwei Sekunden drückt. Das Hauptmenü der GFX 50R ist durch sieben senkrecht angeordnete Karteireiter strukturiert, hinter denen sich bis zu drei Menüseiten verstecken. Unter „Mein Menü“(MY) kann man sich häufig gebrauchte Einträge zusammenstellen. Eine weitere Einstellebene bildet das frei konfigurierbare Schnelleinstellmenü (Q-Taste). Auch dort hilft die Touch-Funktion beim Navigieren und Einstellen. Das Gleiche gilt für die Bildwiedergabe mit der Möglichkeit, durch den Bildbestand zu „blättern“. Auch das Vergrößern von Bildern durch „Ziehen“mit zwei Fingern ist möglich.
Bildqualität
Mit einer extrem hohen Auflösung um 3000 LP/BH bis ISO 12 800, DeadLeaves-Werten über 2000 LP/BH – auch noch bei ISO 1600 – und entsprechend feiner Detailwiedergabe liefert die Fujifilm GFX 50R mit ihrem 51-MP-Sensor überzeugende Argumente für das Mittelformat. Die Konkurrenz mit Vollformatsensor wie die Sony A7R III (42 MP) oder Nikon Z7 (45 MP) findet da auf höchstem Qualitätsniveau ihren Meister. Allerdings nicht in jeder Disziplin: Die Sony lieferte im Labortest bessere Rauschwerte mit JPEGs bei höheren ISO-Einstellungen, z.B. VN 1,5/1,9 gegenüber VN 2,0/2,6 bei ISO 3200/6400. Leider hebt Fujifilm den Farbkontrast bei der JPEG-Verarbeitung weit über das natürliche Maß hinaus an und schärft zudem stark nach – weniger wäre hier mehr. Ergebnisse eines RAW-Tests mit der GFX 50R stehen zwar noch aus, doch kann man den RAW-Test der 50S mit gleichem Sensor und Bildprozessor als Richtschnur nehmen (ColorFoto 9/17): Bei nochmals gesteigerter Auflösung verbesserte sich das Rauschen bis ISO 1600, während die Dead-Leaves-Werte im Vergleich zu den JPEGs aus der Kamera deutlich zurückgingen. Unterm Strich waren die aus RAWs gewonnenen Bilder dennoch besser. Karl Stechl