Einfach scharf
Panasonics DFD-AF-System im Praxistest
Grundsätzlich kamen in der Vergangenheit zwei Autofokusverfahren zum Einsatz: Spiegelreflexkameras nutzten im Sucherbetrieb einen externen Autofokussensor mit Phasendetektion; Kompaktkameras, spiegellose Systemkameras und Spiegelreflexkameras im Live-View fokussierten direkt auf dem Bildsensor und werteten per Kontrastmessung aus. Lange waren die Spiegelreflexkameras den Kameras mit Kontrastmessung überlegen, denn Phasensysteme waren schneller und reagierten auch bei bewegten Motiven zuverlässiger. Demgegenüber ermöglichten Kontrastautofokussysteme mehr Präzision. Heute verbinden die Hersteller längst unterschiedliche Lösungen miteinander. Das Ergebnis sind hohe Präzision und schnelle AF-Tempi. Panasonic kombiniert eine Kontrastmessung mit 225 Feldern mit seiner DFD-Technik, die erfolgreich erstmals in der GH4 zum Einsatz kam und nun Panasonic-Standard ist. Im Labor erreichte das Top-Modell, die G9, Spitzenwerte von 0,13/0,20s bei 300/30 Lux, womit sie derzeit zu den schnellsten Kameras auf dem Markt zählt.
Der richtige AF-Modus
Für die automatische Fokussierung bietet die Lumix G9 drei verschiedene Modi: AFS, AFF und AFC. Für die Einstellung der gewünschten Betriebsart dient ein Drehschalter, der sich rechts neben dem Sucher auf der Kamerarückseite befindet. Alle weiteren Einstellungen werden über die beiden Einstellräder, die Fn-Taste und Wippe, dem Joystick und dem Touchscreen vorgenommen.
AFS (Einzel-AF)
Standardbetriebsart der Lumix G9 ist der Einzelautofokus. Er ist Programm bei allen Motiven, die keine Schärfenachführung benötigen. Die Kamera fokussiert hier auf das Motiv, sobald der Fotograf den Auslöser bis zum ersten Druckpunkt hält. Der Auslöser dient in
diesem Modus auch als AFSpeicher, der die Scharfstellung ebenfalls bei ge ändertem Bildausschnitt beibehält, bis der Fotograf den Finger vom Auslöser nimmt oder auslöst. Generelles Problem an der G9 ist aller dings der zu geringe Hub der Auslösetas te, sodass es einiges an Fingerspitzenge fühl bedarf, um den Auslöser tatsächlich nur bis zum ersten Druckpunkt zu halten und dabei nicht versehentlich auszulö sen. Besser ist es, die LockOnFunktion auf die AF/AETaste zu legen (im Fokus Untermenü). Bei erfolgreicher Fokussie rung ertönt ein kurzer Piepton. Parallel dazu leuchten das beziehungsweise die aktiven Messfelder grün auf. Dank der schnellen DFDTechnik meis tert die G9 diese Disziplin verzöge rungsfrei bei jeder Lichtsituation, sodass dieser Modus bei den meisten Motiven zum Einsatz kommen kann. Prinzipiell kann man im AFSBetrieb auch mit der Serienbildfunktion arbeiten, allerdings muss man dabei berücksichtigen, dass die Kamera die Schärfe für das erste Bild der Serie speichert und nicht mehr nachführt.
AFC (kontinuierlicher Autofokus)
Der Spezialist für bewegte Aufnahmen wie dynamische Tier, Sport oder Kin derbilder ist der kontinuierliche Auto fokus. Im AFCModus berechnet die Kamera die Bewegungsrichtung des anvisierten Objekts voraus und stellt entsprechend scharf. Das Ganze funktioniert bei großen Ob jekten, die sich in einem flachen Winkel zur Kamera befinden, in der Regel bes ser als bei kleinen, schnellen Objekten, die häufig die Richtung ändern. Um die Vorausberechnung erfolgreich durch zuführen, benötigt die Kamera ausrei chend Licht. Sollte dies nicht der Fall sein, schaltet die G9 automatisch in den AFSModus. Dies zeigt sie in gel ber Schrift am oberen Bildrand an. In der Praxis arbeitet der AFC selbst bei Mondschein und im Telemodus noch zuverlässig und schnell und erwies sich als die Wahl, wenn der AFS unter schwierigen Bedingungen wie wenig Kontrast oder Gitterstäben zu Proble men neigte. Insbesondere profitiert man vom AFC auch in Kombination mit dem Serienbildmodus: Solange der Auslöser halb gedrückt ist, führt die Kamera die Schärfe automatisch nach.
AFF (Flexibler Autofokus)
Eine Mischung aus AFS und AFCBe trieb stellt der AFF dar (Auto Focus
Flexible). Dieser schaltet automatisch zwischen AFS und AFC um, wenn die Kamera eine Bewegung erkennt. Dieser Modus eignet sich also, wenn man sich nicht sicher ist, ob sich das Motiv bewegt oder nicht, beziehungsweise ob sich sta tische und dynamischen Motive auf der Fotoexkursion kurzfristig mischen. In der Praxis bewährte sich der AFF beim Aufnehmen von Tieren, Kindern und sonstigen unvorhersehbaren Bewegun gen des anvisierten Objektes. Um diesen Modus zu nutzen, müssen Sie im Auf nahmemenü zunächst unter „AFS/AFF“festlegen, dass der Drehschalter an der Gehäuserückseite aktiv für AFF (und nicht AFS) steht. Dann passt der Auto fokus bei halb gedrücktem Auslöser den Fokus entsprechend der Bewegung des Motivs automatisch neu an, bis man auslöst. Nachteil ist, dass diese Flexibili tät zugunsten der Schnelligkeit geht. Bei 6K/4KFotos und PostFokus funktio niert AFF nicht, AFF und AFC gleicher maßen nicht bei HDR und 6K/4KSeri enbildern.
AF-Messfeldsteuerung
Die G9 bietet sechs Arten der Autofokus messfeldsteuerung, wobei der AFC nur mit fünf der sechs Typen kompatibel ist. Mit der Punktautofokussierung funktio niert der AFC nicht. Zugriff auf die Mess feldtypen hat der Fotograf über die fn1 Taste, die Infoanzeige des Monitors oder das Quickmenü. Die Messfeldsteuerung funktioniert auch in allen Aufnahmepro grammen, mit Ausnahme des iAModus, hier sucht sich die Kamera die passende Messfeldsteuerung selbst.
Gesichter- und Augen-(Personen)Erkennung
Dieser Kombimodus hat sich nicht nur auf Gesicht und Augen, sondern zudem auf die Erkennung von ganzen Körpern spezialisiert. Dabei differenziert die Kamera zwischen bis zu 15 Gesichtern
und stellt automatisch bei dem Gesicht auf das Auge scharf, das sich näher an der Kamera befindet. In Kombination mit aktiver Mehrfeldbelichtungsmessung erfolgt eine abgestimmte Belichtung auf das fokussierte Gesicht. Bei mehreren Personen stellt die Kamera auf jene scharf, die sich in etwa gleichem Abstand zur Kamera befinden, wendet die Augenerkennung aber nur bei einer Person an. Zum Ändern der fokussierten Personen oder Augen verschieben Sie den Autofokusbereich per Finger-Touch auf den Bildschirm. Hat die Kamera ein Gesicht oder eine Person erkannt, umrandet sie es mit einem gelben Rahmen. Bei Gesichtern markiert sie mit einem Kreuz, auf welches Auge sie scharfstellt. Weiß dargestellt werden weitere potenziell erkannte Personen/Gesichter, die man bequem per Fingergeste auswählen kann.
AF-Verfolgung
Beim Tracking stellt die Kamera den Fokus und die Belichtung auf ein angegebenes Motiv ein, selbst wenn man den Bildausschnitt ändert oder sich das Motiv bewegt. Um das Motiv festzulegen, genügt es per Finger-Touch den gelben AF-Verfolgungsrahmen auf das Motiv zu schieben. Wird der Auslöser halb gedrückt, erfolgt die Messung (grüner Rahmen). Abgebrochen wird die Feststellung über die „Menü/Set“-Taste oder durch Berühren der „AF off“-Bereichs auf dem Display.
Autofokus sperren
Wenn im AFC ein Objekt verfolgt wird, kann es passieren, dass kurzzeitig ein weiteres Objekt im Vordergrund erscheint, auf das die Kamera springen könnte. Abhilfe verschafft es, die „LockOn“-Funktion auf die“AF/AE- Lock“Taste zu legen und die Autofokusfunktion nach erfolgter Scharfstellung zu sperren. Dazu müssen Sie zuvor im Individualmenü „Fokus/Auslöser“festlegen, was die Messwertspeichertaste speichern soll.
225-Feld-Messung
Das AF-System der Lumix arbeitet mit insgesamt 225 Feldern, die in einer 15-x-15-Matrix angeordnet sind. Alle 225 Felder sind stets hilfreich, wenn sich das Motiv nicht in der Bildmitte befindet. Im iA-Modus sind zudem stets alle 225 Felder aktiv, denn die Kamera entscheidet hier selbstständig, welche Punkte sie zur gezielten Scharfstellung nutzt. Dies funktioniert in der Praxis zielsicher und schnell. Zudem besteht die Option, verschiedene Gruppen (bestehend aus 1 bis 169 Feldern) zu aktivieren. Dazu drückt man den Joystick und aktiviert per Richtungstaste, Einstellrad oder Touchscreen die gewünschte Gruppe.
Multi-Individuell
Da der Autofokus bei der 225-Messung in der Regel auf das größte und der Kamera am nächsten gelegene Motiv scharfstellt, eignet er sich zwar oft, aber auch nur bedingt.
Besser individualisieren lässt sich das Ganze per „Multi-Individuell“. Hier hat man per Joystick die Wahl zwischen horizontalen und vertikalen Gruppen aus Messfeldern sowie fertigen Messfeldlayouts, die sich über das Einstellrepertoire Joystick, Einstellräder und Touchscreen vergrößern und verschieben lassen. Drückt man die obere Richtungstaste, bekommt man Zugriff auf verschiedene Layouts. Zudem können einzelne Feldgruppen angewählt, verschoben und gespeichert werden. Es lassen sich sogar drei individuell programmierte Messfeldlayouts
abspeichern, ein recht umfassendes Handling, das die G9 hier bietet, dessen Aufwand in der Praxis wohl primär in der Studiofotografie Sinn machen wird. Die drei vorgefertigten Layouts unterdessen erweisen sich als durchaus sehr praktische Lösung, und zwar im besonderen Maße dann, wenn die Vorteile der Flächenmessung mit einer vorher festgelegten Auswahl kombiniert werden.
1-Feld-Autofokus
Bei Motiven, die ein exaktes Setzen des Schärfepunktes verlangen, ist dieser
Modus erste Wahl, etwa bei Nahaufnahmen, Porträts oder wenn Sie mit langer Brennweite und geringer Schärfentiefe arbeiten, um die Autofokusmessung auf einen Bereich, etwa das Auge, einzugrenzen. Der Messpunkt lässt sich per Joystick oder Touchscreen verschieben und über die Einstellräder in der Größe anpassen. Per Auslöser wird die Schärfe gespeichert. So lange der Auslöser nicht ganz durchgedrückt wird, bleiben Schärfe und Entfernung gespeichert, selbst wenn man die Kamera schwenkt. Um den Autofokuspunkt wieder zu zentrieren, drückt man einfach die
„Disp.“-Taste oder auf den Joystick. Das hilft, wenn man den Fokuspunkt versehentlich verschiebt, etwa beim Blick durch den Sucher und aktivem Touchscreen mit der Nase. Notfalls können Sie auch das Touchdisplay natürlich deaktivieren oder einfach umklappen.
Punktautofokus
Wenn Sie auf einen noch kleineren Punkt scharfstellen wollen, eignet sich der Punktautofokus, der nur im AFS arbeitet. Hier beschränkt sich die Messung auf ein winziges Kreuz. Sobald die Auslösetaste halb gedrückt wird, wird der Bildschirm zu Kontrolle vergrößert. Wenn man im geöffneten Autofokusmodusdialog unter der „Punkt“-Einstellung die untere Richtungstaste drückt, kann man über das hintere Einstellrad die Abmessung des Bereichs einstellen und verschieben. Dabei gilt, je kleiner der Bereich eingestellt wird, desto größer wird das Detail im Bild vergrößert. Nun kann man
noch manuell über den vorderen Blendenring nachfokussieren. Dazu müssen Sie im Individualmenü „Fokus/ Auslöser“die Funktion „AF + MF aktivieren“. Fokuspeaking hilft dann bei der Kontrolle. Tipp: Um die Vergrößerung auch bei anderen Modi zu nutzen, drücken Sie die Fn4-Taste vorne rechts am Gehäuse. Über das hintere Drehrad können Sie das Fenster in der Größe ändern. Die Anzeige und Funktion des Vergrößerungsfensters lässt sich zudem im Individualmenü „Fokus/Auslöser“über die Option „Einst. D. AF-PunktVergr.“noch individuell anpassen.
Post-Fokus und Focus Stacking
Neben den klassischen Methoden der Scharfstellung bietet die Lumix G9 zwei weitere Möglichkeiten, die Schärfe gezielt nachträglich zu beeinflussen und zu potenzieren. Im Post-FocusModus fertigt die Kamera mittels 6K/4K-Technik eine Serie an Aufnahmen an, in der der Fokus vom Nahbereich bis Unendlich verschiedene Schärfebereiche durchfährt. Nach der Aufnahme kann der Fotograf am Monitor ein Bild mit der gewünschten Schärfe selektieren oder optional die Bildserie noch in der Kamera per Fokus-Stacking zu einem Gesamtbild mit durchlaufender Schärfe vereinen. Dazu dreht man die Wählscheibe unter dem Modusrad in die fünfte Position, um die Post-Fokus-Funktion zu starten. Bei der Wahl des Belichtungsprogrammes hat man freie Wahl. Nach der Aufnahme drückt man die Wiedergabetaste und selektiert dann per Touchscreen oder Joystick den Bereich, der fokussiert und extrahiert werden soll. Per Fn1-Taste gelangt man zur Auswahl „automatisch mischen“, um die Serie zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Alternativ können dazu über den Menü-Punkt „Bereich mischen“auch nur bestimmte Fokuspunkte oder Bereiche verwendet werden.