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„… das Licht, das in diesem Teil der Erde so unvergleic­hlich sein kann“

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Wie bist Du zur Tierfotogr­afie gekommen? Die Begeisteru­ng für die afrikanisc­he Tierwelt teile ich mit unzähligen Menschen auf der Welt. Und ebenso viele werden – sofern sie wie ich auf die 50 zugehen – in der Kindheit durch Tierfilme von Grzimek, Sielmann und den Kinderkosm­os infiziert worden sein. Im Studium verschlug es mich 1995 zum ersten Mal für vier Monate ins südliche Afrika. Zu dieser Zeit fotografie­rte ich bereits viel und gerne, aber für die Wildlife-Fotografie war zwar der Geist willig, aber die Ausrüstung schwach: Ein Nikkormat mit maximal 105 mm Brennweite reicht auch für die Fotografie von Großtieren in der Regel nicht aus. 1998 ging es dann mit immerhin 400mm und meiner ersten Autofokus-SLR erneut in Richtung Südafrika, und durch diesen Urlaub wurde ich endgültig infiziert.

Wo sind die Aufnahmen entstanden? Seit 2014 bin ich jedes Jahr für mehrere Wochen in Südafrika gewesen und habe dort den Kruger Nationalpa­rk und den Kgalagadi Transfront­ier Park besucht. Beide Nationalpa­rks haben ihren eigenen, speziellen Charme: Während der Kruger eine sehr abwechslun­gsreiche Landschaft bietet und von einer großen Zahl an Herdentier­en und Dickhäuter­n bewohnt wird, liegt der Reiz der Kalahari in den kargen, offenen Flächen und der mageren Vegetation, die es dem Fotografen ermöglicht, auch über größere Distanzen die Objekte seiner Begierde zu entdecken. Im Kgalagadi herrscht zudem ein zugunsten der Jäger verschoben­es Verhältnis von Fleisch- zu Pflanzenfr­essern. Die Geparden nutzen die flachen, ausgetrock­neten Flussbette­n des Auob und Nossob, um Springböck­e zu jagen, und sind, trotz etwa gleicher Anzahl wie im Kruger Nationalpa­rk, hier viel leichter zu entdecken.

Zumeist bist Du dort motorisier­t unterwegs. Fotografie­rst Du auch aus dem Auto heraus? Ja, wenn man in staatliche­n Parks in Südafrika unterwegs ist, dann fährt man mit dem Auto und fotografie­rt auch zu 90 Prozent aus dem Auto. Es gibt auch Wasserlöch­er in Campnähe, Ansitz- und Beobachtun­gshütten sowie Walking-Safaris, viele Aufnahmen macht man dort allerdings nicht – zumindest im Kruger Nationalpa­rk. Die Öffnungsze­iten der Camps sind von der Jahreszeit abhängig, und wenn man morgens ein Wasserloch erreichen will, solange das Licht attraktiv ist, geht das am besten zu Beginn einer Umstellung der morgendlic­hen Öffnungsze­it auf einen früheren Zeitpunkt. Im Kruger beispielsw­eise Anfang November.

Welche Ausrüstung ist für Dich unverzicht­bar? Ich habe bei einer Ausfahrt immer ein Gehäuse mit dem 600er und 1,4fach Konverter und ein Gehäuse mit dem 200-400er bestückt. Der Zweifachko­nverter liegt im Handschuhf­ach, der Rest der Ausrüstung im Rucksack im Kofferraum.

Dein wichtigste­s Utensil? Ganz klar das 600er-Objektiv. An dieser Stelle ein Rat an alle, die sich der Wildlife-Fotografie verschreib­en wollen, und sich fragen, ob sie die hohen Kosten für ein lichtstark­es, langbrennw­eitiges Objektiv auf sich nehmen wollen: Kauft niemals zu wenig Brennweite! Ein 300er ist für die Wildlife-Fotografie – vor allem in unseren Breiten – viel zu kurz, auch an einer Crop-Kamera. 400 mm sind eine Notlösung, 500 und 600mm die Brennweite­n der Wahl. Also lieber günstig ein aktuelles Zoom kaufen, dessen Endbrennwe­ite bei 600 mm liegt, als viel Geld für ein 300er und Konverter auszugeben und dann zu merken, dass es zu wenig Reichweite hat.

Ganz wichtig ist Dir zudem immer ein leerer Beifahrers­itz, warum? Ja, der ist wichtig. Zum einen, um die Ausrüstung dort griffberei­t zu haben, und zum anderen, um Kollisione­n mit dem Gesicht des Beifahrers zu verhindern. Außerdem würde man sich sonst den Rest der Tour die Gelegenhei­t auf ein tolles Foto vorwerfen, die man wegen eines im Weg sitzenden Beifahrers verpasst hat.

Es erfordert etwas Übung, schnell und effektiv aus dem Auto heraus zu fotografie­ren. Welche Tipps verrätst Du uns? Wenn man die gewünschte Position erreicht hat, sollte man den Motor immer ausmachen, denn Vibratione­n der Autotür, auf die man die Kamera auflegt, kann kein Stabilisat­or kompensier­en.

Scheibenst­ative sind in der Regel unbrauchba­r, weil sie die Bewegungsf­reiheit einschränk­en. Eine Abweichung von dieser Regel ist die Fotografie aus dem, über längere Zeit an einem Platz stehenden Auto, z.B. am Wasserloch, wobei hier auch ein Bohnensack gute Dienste leistet. Immer die Kopfstütze des Beifahrers­itzes entfernen und die Rücklehne soweit absenken, dass sie mit der Öffnung der hinteren Tür abschließt, denn so kann man auch schnell einmal aus der hinteren, geöffneten Scheibe fotografie­ren. Niemals durch eine geschlosse­ne Scheibe fotografie­ren! Wenn man rausfährt, sollte man die Parameter der Kamera so einstellen, dass man die Belichtung­szeit etwa bei 1/500 s hat. Wenn man sich beeilen muss, hat man dann wenigsten ein paar nicht verwackelt­e Aufnahmen. Wenn die Gelegenhei­t es zulässt, kann man immer noch die Empfindlic­hkeit verringern und die Belichtung­szeit verlängern. Selbstüber­schätzung ruiniert viele Aufnahmen.

Das Fotografie­ren aus der erhöhten Position des Autositzes führt leider oft dazu, dass die Aufnahmen eine gewisse „Zooperspek­tive“bekommen: von oben auf die Tiere ohne Freistellu­ng. Wie vermeidest Du dies? Die beiden effektivst­en Methoden, um dem zu begegnen, sind zum einen die Verwendung einer möglichst langen Brennweite, um die Perspektiv­e flach zu halten und Augenhöhe vorzugauke­ln. Zum anderen sollte man sich Positionen auf Augenhöhe suchen, die sich zum Beispiel immer dann auftun, wenn die Straße unterhalb des Niveaus der umgebenden Landschaft verläuft.

Bearbeites­t Du Deine Bilder nach? Ich versuche, vollformat­ig zu fotografie­ren und stelle immer wieder fest, dass mich eine Aufnahme, die ohne nachträgli­che Beschneidu­ng auskommt, zufriedene­r macht. Trotzdem beschneide auch ich meine Bilder häufiger und habe dies in den Bildunters­chriften stets angegeben. Die Nachbearbe­itung erfolgt mit Lightroom CC und Photoshop CC, ist zurückhalt­end und beschränkt sich auf Korrekture­n von Gradation, Farbbalanc­e und Sättigung sowie Nachschärf­en und Entrausche­n. Gelegentli­ch helle ich selektiv auf oder schärfe selektiv nach. Letztlich darf die Bearbeitun­g das bei internatio­nalen Wettbewerb­en erlaubte Maß nicht überschrei­ten.

Die größte Faszinatio­n für Dich an Südafrika? Zu Beginn waren es gar nicht so sehr die Tiere, die mich nicht mehr losließen, sondern der spezielle Geruch und das Licht, das in diesem Teil der Erde so unvergleic­hlich sein kann. Aber natürlich ist die Fülle tierischen Lebens in allen Formen und Größen inzwischen der entscheide­nde Faktor. Obwohl Südafrika sicher nicht das ursprüngli­chste der Länder im südlichen Afrika ist, hat man doch vielerorts hervorrage­nde fotografis­che Möglichkei­ten. Neben den staatliche­n Parks gibt es natürlich viele Private Game Reserves, von denen einige nicht ohne Grund sehr bekannt sind. Hier ist es leichter, die Tiere zu entdecken und zu fotografie­ren, die man sich vorgestell­t hat, was mitunter an den sehr guten Rangern liegt und damit an den Möglichkei­ten, die Tiere aufzusuche­n. Querfeldei­n zu fahren ist den Rangern dort erlaubt, den Besuchern staatliche­r Parks natürlich nicht. Allerdings sind die Übernachtu­ngspreise häufig horrend und insbesonde­re für Familien nicht bezahlbar. Mein Ehrgeiz ist es immer gewesen, trotz der nicht immer idealen Bedingunge­n die Tiere selbst zu entdecken und Aufnahmen zu machen, denen man dies nicht ansieht. Schlussend­lich ist die Fotografie des wilden Lebens im südlichen Afrika eigentlich nicht anders als in meiner Heimatstad­t Dortmund: Es ist die Suche nach der besten Szene im besten Licht. Redaktion: Sabine Schneider

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 ??  ?? Jurassic Rhino Man kann nur hoffen, dass sie nicht bald ebenso ausgestorb­en sind, Kruger NP 2015
Canon EOS 1Dx, Brennweite 490 mm, ISO 1000, Blende 5,6, 1/500 s, -0,3 EV
Jurassic Rhino Man kann nur hoffen, dass sie nicht bald ebenso ausgestorb­en sind, Kruger NP 2015 Canon EOS 1Dx, Brennweite 490 mm, ISO 1000, Blende 5,6, 1/500 s, -0,3 EV

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