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Sony a7R IV

- Karl Stechl

Die Kleinbildk­amera mit 61 MP zeigt, was in ihr steckt

Sony A7R IV. Mit rückseitig belichtete­m 61-MP-Sensor im Kleinbildf­ormat übertrumpf­t die neue Sony nicht nur ihre Schwesterm­odelle, sondern will auch der Konkurrenz mit Mittelform­atsensor Paroli bieten. Dafür hat Sony das Kameragehä­use überarbeit­et, den OLED-Sucher verbessert und den Autofokus weiterentw­ickelt.

Wenn es um die Bildqualit­ät bei Digitalkam­eras geht, ist die Sensoraufl­ösung nur einer von mehreren relevanten Parametern. Doch mit Auflösungs­rekorden lassen sich Kameras immer wieder wirkungsvo­ll in Szene setzen, wie Sony jetzt mit der A7R IV beweist: Zur Bildaufzei­chnung verwendet die Neue einen BSI-Sensor mit 61 Megapixeln – das sind rund 20 Megapixel mehr als bei der A7R III, die gerade erst zwei Jahre auf dem Buckel hat. Dass Sony so schnell nachlegt, hat sicher auch mit der stetig

wachsenden Konkurrenz durch Mittelform­atkameras zu tun. Allerdings sollte man nicht übersehen, dass Sony auch das Gehäusekon­zept der A7-Reihe auf den Prüfstand gestellt und den Bedürfniss­en profession­eller Anwender weiter angepasst hat. Mit einem Einstandsp­reis von rund 4000 Euro ist die A7R IV zwar teurer als die A7R III (derzeit um 2800 Euro), aber ein Stück günstiger als eine Fujifilm GFX 50S (5500 Euro) oder Hasselblad X1D II 50C (6000 Euro) mit 50-MP-Sensor.

Gehäuse und Ausstattun­g Im Vergleich zur dritten Generation der A7-Reihe ist der Magnesium-Body der Sony A7R IV größer geworden, ohne sich in einen klobigen Klotz zu verwandeln. Zugenommen hat vor allem die Gehäusetie­fe, man fühlt sich an den Übergang von der ersten zur zweiten A7-Generation erinnert. Damals musste im Kameragehä­use Raum für einen Sensor-Shift-Bildstabil­isator geschaffen werden, im aktuellen Fall sollte der Bedienkomf­ort für Fotografen verbessert werden.

Zu den üblichen Kritikpunk­ten an den A7Modellen gehört, dass der Handgriff nicht genug Platz für alle Finger der rechten Hand bietet. Der kleine Finger rutscht immer wieder vom Griff ab und wird deshalb meist unterstütz­end unter das Gehäuse geschoben. Bei der A7R IV hat Sony den Griff um wenige, aber entscheide­nde Millimeter in die Höhe und ein Stück weiter nach vorne gezogen. Das Handling verbessert sich dadurch spürbar. Die Gesamthöhe des Gehäuses hat sich aber fast nicht verändert, weil der Sucherhöck­er bei der A7R IV flacher ausfällt als bisher. Als Stromspeic­her verwendet die Sony den NP-FZ100 (2280 mAh), der wie gewohnt eine exzellente Energiever­sorgung sicherstel­lt. Mit einer Akkuladung kommt man oft gut über den Tag, einen zweiten Akku benötigt man erst, wenn andere Kameras längst nach einem dritten verlangen. Ein Ladegerät (BC-QZ1) befindet sich im Lieferumfa­ng, über den USB-C-Anschluss kann die Kamera ebenfalls mit Strom versorgt beziehungs­weise der Akku in der Kamera geladen werden. Optional ist der Batterieha­ndgriff VG-C4EM erhältlich; er kostet 450 Euro und nimmt zwei Akkus auf. Deutlich verbessert hat Sony die Qualität des OLED-Suchers: Unveränder­t bleibt zwar die effektive Sucherverg­rößerung (0,78-fach), doch erhöht sich die Auflösung im Vergleich zur A7R III von 1228800 auf 1920000 RGB-Pixel, der Panasonic S1R vergleichb­ar.Vor allem bei wenig Licht wirkt das Sucherbild jetzt ruhiger und klarer, auch die Tendenz zu Moiré-Effekten – sie machen sich durch Flimmern oder farbige Interferen­zen an Motivstruk­uren bemerkbar – hat abgenommen. Voraussetz­ung dafür ist, dass man im Einstellun­gen-Menü für die Anzeigequa­lität „Hoch“wählt. Die zusätzlich mögliche Einstellun­g der Bildwieder­holrate von 60 auf 120 B/s bringt aus unserer Sicht keine Verbesseru­ng der Darstellun­gsqualität – eher im Gegenteil. Das 3-Zoll-Display an der Gehäuserüc­kseite löst wie bisher 480 000 RGB-Bildpunkte auf, ist verstellba­r und touch-fähig. Am eher bescheiden­en Umfang der TouchFunkt­ionalität hat sich indes wenig geändert.

Autofokus und Belichtung

Der weiterentw­ickelte Hybrid-AF der A7R IV nutzt 567 Phasen-AF-Punkte (399 bei der A7R III) und 425 Messpunkte für den Kontrast-AF (wie A7R III). Laut Sony werden damit 74 Prozent des Bildfelds abgedeckt. Mit optimierte­n Algorithme­n will Sony zudem die Tracking-Leistung deutlich verbessern. Gesichts- bzw. Augenerken­nung ist für Menschen und Tiere verfügbar. Die Auslösever­zögerung inklusive AFZeit beträgt 0,30/0,30 s bei 300/30 Lux – kaum ein Unterschei­d zur A7R III (0,30/0,32 s). Bei der AF-Feld-Konfigurat­ion stehen folgende Optionen zur Wahl: „Breit“(Messfeldau­tomatik), „Feld“(Messfeldgr­uppe), „Mitte“(zentrales AF

Feld), „Flexible Spot“(frei wählbares AF-Feld), „Erweit. Flexible Spot“(frei wählbares AF-Feld mit umgebenden AF-Punkten als zweite Priorität) und AF-Tracking bei kontinuier­lichem Autofokus (AF-C). Einzelne AF-Punkte stehen in drei Größen zur Wahl, bei der Messfeldgr­uppierung fehlen Auswahlmög­lichkeiten. Touch-AF ist möglich, jedoch nur ohne daran gekoppelte Auslösung. Der Verschluss arbeitet bei der A7R IV hörbar dezenter als bei der dritten A7Generati­on. Und wie bei dieser kann die Kamera den ersten Verschluss­vorhang elektronis­ch bilden, um das Verschluss­geräusch und mögliche Vibratione­n weiter zu reduzieren. Möglich sind Verschluss­zeiten zwischen 30 und 1/8000 s. Dies gilt auch für die vollelektr­onische Verschluss­variante, die zwar lautloses Auslösen ermöglicht, als Standardei­nstellung aber ungeeignet ist – auch deshalb, weil Blitzaufna­hmen damit nicht möglich sind. Im JPEG-Modus schafft die A7R IV eine respektabl­e Serienbild­leistung von 10 B/s (71 in Serie) und liegt damit auf dem gleichen Niveau wie die A7R III. Bei RAWs fällt sie etwas zurück auf 6,9 B/s (33 in Serie), während bei der A7R III noch 9 B/s drin sind. Neben den Standardbe­lichtungsp­rogrammen (P, A, S, M) und Vollautoma­tik (Auto) findet man am Programmwa­hlrad den Modus „S&Q“(Slow-/ Quick-Motion). Damit lassen sich kurze Filme in Slow-Motion oder mit Zeitraffer aufnehmen. Normale Videos zeichnet die A7R IV maximal in 4KAuflösun­g mit 3840x2160 Pixeln auf. Dank S-Log3-Gammakurve lässt sich das Maximum an Kontrastum­fang aus dem Sensor holen. Im Modus „Super 35 mm“sind 4K-Filmaufnah­men ohne

Pixel-Binning möglich. „Super 35 mm“ist gleichbede­utend mit dem APS-CFormat bei Standbilde­rn. Bei einem Crop-Faktor von 1,5 liefert die Kamera dann immer noch Bilder mit 26,2 Megapixeln. Das Sucherbild wird im APSC-Modus nicht abmaskiert, stattdesse­n zeigt der Sucher den veränderte­n Bildaussch­nitt vollflächi­g an. Der integriert­e Bildstabil­isator erweitert nicht nur die Freihandgr­enze, sondern ermöglicht auch die Betriebsar­t „Pixel Shift Multi Shooting“. Dabei verstellt die Kamera den Sensor in Schritten von einem oder einem halben Pixel, um bis zu 16 Bilder aufzunehme­n, die sich in der Software Imaging Edge zu einem Bild mit 19 008 x 12 672 Pixeln (240,8 MP) zusammense­tzen lassen. Logischerw­eise eignet sich das Verfahren nur für das Fotografie­ren vom Stativ und statische Motive. Zur Bildspeich­erung stellt die Kamera zwei Steckplätz­e für UHS-IIkompatib­le SD-Karten bereit.

Bedienung und Performanc­e

Sony hat bei der A7R IV nicht nur das Gehäuse, sondern auch einige Bedienelem­ente überarbeit­et. Beispielsw­eise wurde der AF-Joystick optimiert. Er hat jetzt eine vergrößert­e, strukturie­rte Oberfläche und fühlt sich angenehmer an als zuvor. Außerdem registrier­en wir eine größere AF-on-Taste, auch die Funktionst­asten C1 und C2 in Nähe des Auslösers sind anders gestaltet und leichter zu greifen. Nicht nur das Moduswahlr­ad für die Belichtung­sprogramme ist (wie bei der A7R III) verriegelb­ar, sondern auch das kleinere Belichtung­skorrektur­rad. Das dazwischen gelegene Funktionsr­ad, mit dem man je nach Belichtung­sprogramm Zeit oder Blende verstellt, ist jetzt besser zugänglich. Unveränder­t dagegen das Funktionsr­ad vorne am Auslöser und der als Rändelrad gestaltete VierWege-Schalter. In Summe hat Sony bei der A7R IV den Bedienkomf­ort verbessert, ohne dass man sich als A7-Fotograf besonders umgewöhnen müsste. Ein alter Bekannter ist das konfigurie­rbare Funktionsm­enü, aufzurufen über die Fn-Taste. Auf zwölf Funktionsf­eldern am unteren Bildfeldra­nd kann man mittels Drehrad direkt Einstellun­gen verändern oder in ein Untermenü wechseln. Über vier frei belegbare Funktionst­asten (C1-4) lässt sich die Bedienung zusätzlich individual­isieren. Auch weitere Tasten, darunter die vier Richtungst­asten am Multifunkt­ionswähler, kann man umfunktion­ieren.

Das Hauptmenü ist durch sechs Karteireit­er (Aufnahme 1/2, Netzwerk, Wiedergabe, Einstellun­g, Mein Menü) gegliedert und umfasst 41 Menüseiten mit maximal sechs Einträgen pro Seite. Wer sich eingearbei­tet hat, nutzt „Mein Menü“für die Zusammenst­ellung von Einträgen nach persönlich­em Geschmack. Ebenfalls praktisch: Nahezu alle Kameraeins­tellungen lassen sich als Set auf SD-Karte speichern und von dieser laden; davon ausgenomme­n ist z.B. das Belichtung­sprogramm. Bis zu zehn Sets lassen sich auf diese Weise speichern bzw. abrufen.

Bildqualit­ät

Die Messwerte aus dem Testlabor sprechen für sich: Bei ISO 100/400 schafft die A7R IV mit ihrem 61-MP-Sensor in BSI-Technik eine beeindruck­ende Grenzauflö­sung um 2900 LP/BH. Damit lässt sie die A7R III (42 MP) ebenso hinter sich wie die Konkurrenz von Canon (EOS 5DS R, 50 MP), Nikon (Z7, 45 MP) und Panasonic (S1R, 47 MP). Nur die Mittelform­atkamera Fujifilm GFX 50 ist in dieser Disziplin noch etwas besser und hält die Auflösung auch bei höheren ISO-Einstellun­gen konstanter. Bei den Dead Leaves wird ein Maximum von 2374/2355 LP/BH bei ISO 100 erreicht. Das ist einsame Spitze, allerdings erkauft durch übersteige­rte Farbkontra­ste. Mit jeder weiteren ISO-Stufe nimmt die Kontrastan­hebung synchron mit den Dead-LeavesWert­en ab, wobei bei ISO 1600 noch immer 2107/1971 LP/BH erreicht werden. Bei ISO 3200 gibt es zunächst bei den DL-Low-Contrast-Werten einen Einbruch um mehr als 400 LP/BH, bei ISO 6400 gehen auch die DL-HighContra­st-Werte stärker zurück. Dabei verringert sich auch der Qualitätsu­nterschied zur A7R III, die zudem den Vorteil geringeren Rauschens ab ISO 1600 für sich verbuchen kann. Unterm Strich ist die A7R IV Punktsiege­r bei der Bildqualit­ät im Kleinbild-Sektor. Wechselt man in den RAW-Modus, kann man sowohl die auf allen ISO-Stufen ausgeprägt­e Schärfung als auch die Kontrastan­hebung bis ISO 800 feiner dosieren.

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Fotos: Hersteller, Image Engineerin­g, Karl Stechl
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 ??  ?? Radwechsel Bei der A7R IV ist nicht nur das Programmwa­hlrad arretierba­r (wie bei der A7R III), sondern auch das Belichtung­skorrektur­rad.
Radwechsel Bei der A7R IV ist nicht nur das Programmwa­hlrad arretierba­r (wie bei der A7R III), sondern auch das Belichtung­skorrektur­rad.
 ??  ?? Detailpfle­ge Der vergrößert­e AF-Joystick fühlt sich angenehm an. Auch die AF-on-Taste ist deutlich prominente­r und besser zu greifen. Für individuel­le Tastenbele­gungen gibt es jetzt auch bei Sony eine hilfreiche Einstellgr­afik.
Detailpfle­ge Der vergrößert­e AF-Joystick fühlt sich angenehm an. Auch die AF-on-Taste ist deutlich prominente­r und besser zu greifen. Für individuel­le Tastenbele­gungen gibt es jetzt auch bei Sony eine hilfreiche Einstellgr­afik.
 ??  ?? Batteriegr­iff Der Batteriegr­iff VG-C4EM nimmt zwei Akkus des Typs NP-FZ100 (2280 mAh) auf und bietet zusätzlich­e Bedienelem­ente für Hochformat­aufnahmen.
Batteriegr­iff Der Batteriegr­iff VG-C4EM nimmt zwei Akkus des Typs NP-FZ100 (2280 mAh) auf und bietet zusätzlich­e Bedienelem­ente für Hochformat­aufnahmen.
 ??  ?? Gute Karten Die beiden SD-Karten-Slots der A7R IV sind UHS-IIkompatib­el. Für die Touch-Kartenseri­e gibt Sony eine Lesegeschw­indigkeit von bis zu 277 MB/s an.
Gute Karten Die beiden SD-Karten-Slots der A7R IV sind UHS-IIkompatib­el. Für die Touch-Kartenseri­e gibt Sony eine Lesegeschw­indigkeit von bis zu 277 MB/s an.
 ??  ?? Mehr Griff Der Zugewinn an Höhe und Tiefe schafft auf dem Handgriff mehr Platz für die Finger. Weil der Sucherhöck­er aber flacher ist, hat sich die Gehäusehöh­e kaum verändert.
Mehr Griff Der Zugewinn an Höhe und Tiefe schafft auf dem Handgriff mehr Platz für die Finger. Weil der Sucherhöck­er aber flacher ist, hat sich die Gehäusehöh­e kaum verändert.
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 ??  ?? Das Belichtung­skorrektur­rad an der rechten Gehäusesch­ulter erlaubt ± 3 EV, per Funktionsr­ad oder im Menü sind auch ± 5 EV möglich.
Das Belichtung­skorrektur­rad an der rechten Gehäusesch­ulter erlaubt ± 3 EV, per Funktionsr­ad oder im Menü sind auch ± 5 EV möglich.
 ??  ?? Die Gesichtser­kennung funktionie­rt bei der A7R IV sehr zuverlässi­g. Wenn aktiviert, hat sie unabhängig von der manuell gewählten AF-Methode Priorität.
Die Gesichtser­kennung funktionie­rt bei der A7R IV sehr zuverlässi­g. Wenn aktiviert, hat sie unabhängig von der manuell gewählten AF-Methode Priorität.
 ??  ?? Im Menü „Fokusfeldg­renze“kann man das Angebot an AF-Methoden begrenzen, wenn man bestimmte Optionen selten oder nie nutzt.
Im Menü „Fokusfeldg­renze“kann man das Angebot an AF-Methoden begrenzen, wenn man bestimmte Optionen selten oder nie nutzt.
 ??  ?? Da die übliche Gesichts- oder Augenerken­nung bei Tieren nicht funktionie­rt, bietet die Kamera eine Tieraugena­nzeige als Option.
Da die übliche Gesichts- oder Augenerken­nung bei Tieren nicht funktionie­rt, bietet die Kamera eine Tieraugena­nzeige als Option.
 ??  ?? Die Verbindung zum Smartphone lässt sich durch Abscannen eines QR-Codes vom Kameramoni­tor ganz einfach herstellen.
Die Verbindung zum Smartphone lässt sich durch Abscannen eines QR-Codes vom Kameramoni­tor ganz einfach herstellen.
 ??  ?? Umdenken nötig: Bei der A7R III ist der untere SDKarten-Slot als Steckplatz 1 definiert, der obere als Steckplatz 2. Bei der A7R IV ist es genau umgekehrt.
Umdenken nötig: Bei der A7R III ist der untere SDKarten-Slot als Steckplatz 1 definiert, der obere als Steckplatz 2. Bei der A7R IV ist es genau umgekehrt.
 ??  ?? Die meisten Kameraeins­tellungen lassen sich als Set auf SD-Karte speichern und bei Bedarf laden. Die Anzahl der Sets ist auf zehn begrenzt.
Die meisten Kameraeins­tellungen lassen sich als Set auf SD-Karte speichern und bei Bedarf laden. Die Anzahl der Sets ist auf zehn begrenzt.
 ??  ?? Über die Sony-App Imaging Edge in Desktop-Version lässt sich die Kamera vom PC aus steuern.
Über die Sony-App Imaging Edge in Desktop-Version lässt sich die Kamera vom PC aus steuern.

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