Canon EOS 90D & EOS M6 Mark II
Test Canon EOS 90D und EOS M6II. Mit einem Doppelschlag aktualisiert Canon sein APS-C-Angebot. Nebenbei legen die Japaner die Messlatte für die Konkurrenz mit einem neuen 32-Megapixel-Sensor höher: Kein Hersteller bietet momentan mehr im APS-C-Bereich.
Canon bringt zwei APS-C-Kameras mit einem neuen 32-MP-Sensor an den Start – ColorFoto hat getestet, was die beiden Modelle leisten
Mit den beiden neuen Modellen bedient Canon parallel sowohl den klassischen SLR-Markt als auch den immer wichtiger werdenden Markt der spiegellosen Systemkameras. Im Bereich der SLRs löst die 1300 Euro teure EOS 90D die 80D ab und – nicht offiziell aber realistisch betrachtet – auch die nun fünf Jahre alte 7D Mark II. Die EOS M6 Mark II für 930 Euro richtet sich stärker an die jüngere Generation. Sie ist deutlich kompakter und leichter, aber ohne elektronischen Sucher. Wie schon bei früheren CanonModellen teilen sich die ungleichen Geschwister die wichtigsten technischen Lösungen.
Sensor und Bildprozessor
Im Mittelpunkt steht die neue APS-CSensor-Generation – eine eigene Entwicklung von Canon –, die auch in weiteren Modellen Verwendung finden dürfte. Der neue CMOS steckt in beiden Kameras und hebt das Auflösungsniveau von den im APS-C-Bereich üblichen 24 auf 32 Megapixeln an. Ein Tiefpassfilter bleibt erhalten. Die förderliche Blende liegt bei diesem Sensor bereits bei f5,2. Ab Blende 5,2 drohen Auflösungsverluste durch Beugung – der Gestaltungsrahmen für Fotografen wird also etwas kleiner. Spannender ist aber die Frage, welche Objektive die Leistung des Sensors mittragen können. Besonders für die
spiegellose M6 II ist die Frage akut, denn das Objektivangebot an EF-MLinsen ist sehr klein und stärker auf Zooms ausgelegt. Canon stellt dem neuen Sensor den aktuellen Bildprozessor Digic8 zur Seite, welcher die Datenverarbeitung beschleunigt. Davon profitieren zum einen die Filmer, die Videos nun auch mit 4K drehen und dabei den Sensor in voller Größe auslesen können. Beim Filmen von Zeitlupen mit 120 B/s verwenden beide Kameras einen 1,2 Crop. Doch auch die Fotografen gehen nicht leer aus: Die Seriengeschwindigkeit beider Canon-Modelle steigt. So schafft die M6 II nun 14 Bilder in Folge inkl. Tracking. Die älteren M5 oder M6 schafften in etwa die Hälfte. Die 90D nimmt Serien mit 10 B/s im Sucherbetrieb und 7 B/s im LiveView auf, wenn das Tracking aktiviert ist. Allerdings ist die Fehlerquote bei schnellen Serien vergleichbar hoch. Der AF-Rahmen wird nicht flüssig nachgezogen und der Buffer nur langsam geleert. Nur die M6 II verfügt über einen RAWBurst-Modus, der mit einer Geschwindigkeit von 30 B/s bis zu 80 RAWs in Folge schießt. Dabei löst die Kamera völlig lautlos aus, arbeitet also mit einem elektronischen Verschluss, reduziert aber den Bildausschnitt um Faktor 1,2x auf ca. 20 MP. Aus der RAWBurst-Serie kann ein Bild in der Kamera ausgewählt und als JPEG exportiert werden.
Autofokus
Baubedingt zeigen sich bei automatischer Scharfstellung deutliche Unterschiede. Die 90D stellt im Sucherbetrieb auf einem externen Sensor scharf, im LiveView auf dem Bildsensor – dies macht die spiegellose M6 II grundsätzlich so. Wie die 80D stellt auch die neue SLR im Sucherbetrieb mit 45 Kreuzsensoren scharf und bietet Spot, Einzelfeld, Zonen, Große Zonen und die automatische AF-Feldwahl als Optionen. Im letzten Modus folgt die Kamera den Objekten innerhalb des AF-Rahmens. Spot ist neu und kann durch eine kleinere Feldgröße präziseres Fokussieren ermöglichen. Man sollte jedoch aufpassen, dass innerhalb des Feldes noch genug Struktur vorhanden ist. Neben AF-S und AF-C bietet die 90D neu AI-AF als Betriebsmodus, bei dem die Kamera selbst die Wahl trifft. Bei automatischer AF-Einstellung tendiert die Kamera zu den Motiven in der Bildmitte und größeren Objekten. Zwischen den AF-Modi schaltet man auch bei der 90D mit dem Auge vor dem Sucher bequem um, denn dafür ist nur eine Funktionstaste nötig: Sie ist direkt neben dem Auslöser platziert, unten im Sucher werden entsprechende Symbole angezeigt. Die Felder bzw. die Zone steuert man mit dem Joystick oder der Wippe, der Druck auf die Set-Taste zentriert das AF-Feld oder die Zone. Im LiveView arbeitet die 90D wie die M6 II. Canon verwendet auch in diesen beiden Kameras konsequent seine be
währte Dual-Pixel-AF-Technik, die Phasen-AF-Messung auf dem Aufnahmesensor ermöglicht. Beide Kameras bieten AF-S und Servo sowie die Auswahl zwischen Spot, Einzelfeld, Zonen und Tracking mit Gesichtserkennung. Augenerkennung lässt sich im letztgenannten Modus zusätzlich bei beiden Kameras dazuschalten. Die Scharfstellung auf dem Aufnahmesensor hat mehrere Vorteile. Das AFSystem reagiert schneller. Die Abdeckung mit den AF-Feldern ist feiner und der AF-Bereich insgesamt größer. Bei Sportaufnahmen oder auch anderen Tracking-Anwendungen ist beides von Vorteil. Maximal stehen bei der M6 II bis zu 5481 AF-Felder bereit, doch meist ist die Anzahl auf 142 AFMessbereiche reduziert. Der neue Bildsensor ist zu 88% in der Breite und 100% in der Höhe abgedeckt. Hinzu kommt die gut funktionierende und präzise Gesichtserkennung – ein Thema, das bei allen Herstellern wichtiger wird. Beim Testen hatten wir zwar das Gefühl, dass in den meisten Situationen die Panasonic GX9 zum Beispiel noch etwas schneller beim Finden und Verfolgen von Gesichtern arbeitet. Doch grundsätzlich ist die Leistung der beiden Canons in diesem Punkt gut. Was fehlt, ist die Erkennung von mehreren Gesichtern, wenn diese gleichzeitig im Bild sind, und eine Möglichkeit zum schnellen Wechsel von einem zum anderen. Tieraugen-AF wäre für viele Fotografen ebenso interessant. Die AF-Felder steuert man bei der M6II per Finger auf dem Display: Das geht sehr schnell, genau und bequem. Auch bei der 90D ist diese Möglichkeit gegeben und man sollte sie nutzen. Theoretisch ließen sich die Felder auch per Joystick oder per Wippe verschieben, doch wegen der höheren Felderdichte reagieren diese im LiveViewBetrieb sehr träge.
Nur die 90D misst die Belichtung auf einem externen Sensor. Dieser hat 220k-Auflösung und ist in RGB und IR-Bereich empfindlich. Neben der Flackererkennung unterstützt der Belichtungssensor auch das AF-System bei der Motiverkennung. Die M6 II belichtet auf dem Aufnahmesensor und bietet ebenso die Flackererkennung.
Sucher und Monitor
Die 90D bietet als SLR einen klassischen optischen Sucher. Dieser deckt 100% des Bildfeldes ab, ist ordentlich hell und sorgt gerade bei viel Licht, wenn Displays nur schwer lesbar sind, für weiterhin entspanntes Aufnehmen. Als Brillenträger kommt man aber nicht immer nah genug ans Okular ran, sodass die Ecken außerhalb des Blickfeldes bleiben. Leider verzichtet die M6 II weiterhin auf einen fest eingebauten elektronischen Sucher – dieser bleibt wohl für die M5-Reihe reserviert. Optional sind jedoch zwei Aufstecksucher erhältlich: Der EVF-DC2 mit 786667 RGB-Bildpunkten für 270 Euro ist starr, der EVFDC1 mit gleicher Auflösung für 300 Euro lässt sich um 90 Grad nach oben schwenken. Den Sucher kann der Fotograf an der M6 II an dem Zubehörschuh befestigen. Die Verwendung des Monitors als Sucher führt zum einen zu einem höheren Stromverbrauch, die M6 II hat deswegen einen speziellen Eco-Modus, um den Akku zu schonen. Zum anderen lassen sich Motive bei sehr hellen Umgebungen auf Displays eben nur noch schlecht erkennen. Canon baut in den beiden Kameras ein 3-Zoll-Panel mit 346667 RGB-Pixel Auflösung ein. Das M6-II-Display ist etwas heller eingestellt. Während sich der Monitor bei der M6 II um 180 Grad nach oben und leicht nach unten klappen lässt, kann man diesen bei der 90D seitlich ausklappen und auch um 270 Grad um die Befestigungsachse drehen. Mit der 90D ist man etwas flexibler unterwegs. Die Helligkeit der Monitore reicht bei sonnigen Septembertagen in Bayern aus, um die Darstellung der Symbole gut zu erkennen. Es hilft natürlich, wenn Schatten auf den Monitor fällt. Schwieriger wird es, wenn die Szene hohe Dynamik aufweist, dann erkennt man nicht immer klar, was sich in dunklen Bereichen versteckt.
Bedienung
Beide Kameras haben einen Canontypischen Menüaufbau, bei dem leider der extra Reiter für AF-Einstellungen fehlt. Doch insgesamt bleibt das Menü für den Fotografen übersichtlich und schnell nutzbar. Die Menüunterschiede zwischen der 90D und der M6 II sind klein und durch den Funktionsumfang bedingt.
Viele Bedientasten lassen sich nach persönlichen Vorlieben umprogrammieren. Besonders wichtig ist dies bei der spiegellosen M6 II: zum einen, weil sie insgesamt weniger Bedienelemente mitbringt, und zum anderen, weil diese wie die Wippe hinten wegen ihrer Größe oder Position nicht immer gut zu erreichen sind. Durch Neubelegung können oft verwendete Funktionen schnell abgerufen werden. Toll funktioniert bei der M6II das Einstellrad mit der Dual-Funktionstaste. Ebenfalls gut gelöst ist die Bedienung per Q-Menü. Bei der größeren 90D können die Parameter im Q-Menü mit Tasten oder auch per Touch verändert werden. Beide Displays reagieren schnell auf Touch-Eingaben – was besonders bei der AF-Steuerung wichtig ist. Mit dem zusätzlichen Info-Display auf der Oberseite des Gehäuses hat die SLR eine weitere Kontrolloption über die Einstellungen. Die EOS 90D ist am Ende die Kamera mit dem besseren Bedienungskonzept: Sie verbindet die klassische Lösung mit der modernen und bietet Fotografen einfach mehr Optionen.
Ausstattung und Gehäuse
Beide Kameras bringen eine ähnliche Ausstattung mit: auf der Hardwareseite Blitz, Zubehörschuh, WLAN und Bluetooth. Der mechanische Verschluss der 90D erlaubt jedoch mit 1/8000 s kürze
re Belichtungszeiten. Den automatischen ISO-Bereich sowie die längste Verschlusszeit kann man bei beiden Geräten einstellen. Die M6 II hat einen moderneren USB-(2.0)-Typ-C-Stecker. Beide unterstützen UHS-II SD-Karten. Auf der Softwareseite ist die Kompatibilität mit der Camera-Connect-App zu erwähnen. RAW-Bearbeitung in der Kamera ist bei beiden Modellen möglich. Nur die M6II bietet die FokusBracketing-Funktion mit bis zu 999 Einzelaufnahmen und einstellbarem Fokusabstand. Zusammengerechnet werden die Bilder auf einem externen Rechner mit der Canon-DPP-Software. Dafür hat die 90D eine Mehrfachbelichtungsfunktion, mit der maximal neun Einzelaufnahmen zu einer verrechnet werden, in der Kamera. Beide Kameras haben gut verarbeitete, robust wirkende Gehäuse, die optisch für zwei unterschiedliche Konzepte stehen. Die M6 II wirkt frisch und modern. Sie ist kompakter und rund 300 Gramm leichter. Für längere Ausflüge würde man zu dieser Kamera greifen. Allein der fehlende Wetterschutz trübt den Eindruck. Doch die größere 90D im klassischen SLR-Look ist griffiger und bietet einen satten Halt sowie genug Platz für die Finger. Bei der M6II hängt selbst bei kleinen Händen der kleine Finger in der Luft – eine Griffverlängerung wie bei der RP wäre toll.
Bildqualität
Die beiden Canons schneiden im Labor ähnlich ab – was angesichts des gleichen Sensors und Bildprozessors auch nicht überrascht. Im Detail gibt es aber einige Unterschiede. Unterm Strich hat die 90D die Nase leicht vorn. Generell legen die Neuen bei der Auflösung kräftig zu: Die 90D erreicht bei ISO 100 2300 LP/BH, die M6 II liegt ca. 50 Linienpaare dahinter. Im Vergleich zur 80D oder M6 sind es 400 bis 500 Linienpaare mehr. Die M6II baut bei der Auflösung mit steigender Empfindlichkeit stärker ab, bei ISO 1600 messen wir 200 LP/BH weniger. Die Canon-Kameras mit dem 24-MP-Sensor knickten bei der Auflösung eher eine ISO-Stufe später ein. Ähnliches ist bei den Texturwerten zu sehen: Sie sind höher, bauen aber auch schneller ab. Besonders bei ISO 100 greift Canon sowohl bei hohen als auch niedrigen Kontrasten stark ein, was die Werte nach oben treibt.Von anfänglichen 1400LP/BH (90D) oder ca. 1300 LP/BH (M6 II) bleiben bis ISO 800 bei niedrigen Kontrasten 1000 bzw. rund 900 LP/BH. Den Verlust an Zeichnung sieht man gut in den Bildern. Auffällig sind die dicken weißen und schwarzen Linien, die die Signalverarbeitung hineinrechnet, um die Kanten zu betonen. Bei der M6 II sind nachgezogene Linien stärker ausgeprägt. Das Rauschen ist deutlich stärker als bei den Vorgängern oder vergleichbarer Konkurrenz ausgeprägt. Bereits bei ISO messen wir VN-Werte von 2,0(90D) oder 1,8 (M6 II) – normalerweise sehen wir so hohe Werte erst ab ISO800/1600 im APS-C Bereich. Zumindest steigen die Werte bei den neuen Canon-Modellen bis ISO 1600 nur um ca. 0,5 VN an. Den Bildeindruck mindert dies trotzdem. Ist das Rauschen bei ISO 100 noch vergleichsweise wenig störend, fällt es bei ISO800 schon stark auf, weil auch die Artefakte ebenso zunehmen und die Details weniger klar wiedergegeben sind. Im Vergleich zur Konkurrenz wie Fujifilm X-T3 oder Sony A6400 können die Canons bei niedrigen ISO-Werten ihren Auflösungsvorteil ausspielen, doch die anderen haben das Rauschen besser im Griff. Ab ISO 1600 und teilweise schon ISO 800 ist vom Auflösungsvorteil kaum noch etwas zu sehen.