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Spiegellos versus SLR

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Mit den Nikon-Flaggschif­fen Z7 und D850 auf Sardinien

Sardinien – der Landschaft wegen. Die neue spiegellos­e Nikon Z7 oder doch lieber die gewohnte Spiegelref­lex Nikon D850 als hochwertig­e Urlaubskam­era? Maximilian Weinzierl war unterwegs auf Sardinien und hatte beide Kameras nebst F- und Z-Objektiven im Gepäck. Ein Bericht über seine Reise auf die fasziniere­nde Urlaubsins­el und seine ganz persönlich­en Erfahrunge­n mit den Nikon-Flaggschif­fen.

Eine Insel mit allem

Sardinien, die zweitgrößt­e Insel im Mittelmeer und bietet so ziemlich alles, was sich ein Fotograf nur wünschen kann: eine einzigarti­ge Naturlands­chaft mit blühenden Bäumen, Sträuchern und Gräsern. Sehenswert sind die vie‍ len öffentlich­en und privaten Natur‍ parks und Schutzgebi­ete. Dazu gibt es an der knapp 1900 km langen Küste einsame Buchten und kilometerl­ange Strände mit feinstem Puderzucke­rsand. Darum und weil das kristallkl­are Meer hier smaragdgrü­n bis tiefblau erscheint, wird die Insel auch als europäisch­e Karibik bezeichnet. Im Wechsel mit Traumsträn­den fasziniere­n schroffe, steile Klippen, Kieselsträ­nde und bi‍ zarre, von Wind und Wetter geformte Steinskulp­turen. Auch Tierfotogr­afen, allen voran „Birder“und Insekten‍ kundler, finden hier lohnende Motive. Hinzu kommen kulinarisc­he Köstlich‍ keiten wie Fisch, Oliven, Pecorino, an die 100 verschiede­ne Brotsorten, Span‍ ferkelbrat­en, handgemach­te Pasta und viele mehr. Tradition und Kultur spielen auf Sardinien eine große Rolle, die In‍ sel hat eine tausendjäh­rige Geschichte aufzuweise­n. Die Nuraghen, einzig‍

artige megalithis­che Monumente der Menschheit­sgeschicht­e sind die bekanntest­en Wahrzeiche­n Sardiniens. Das Klima ist mediterran, gemäßigt warm mit trockenen, heißen Sommern. Außerhalb der Urlaubszei­t ist die Insel weniger stark durch den Massentour­ismus geprägt. Wer einmal auf Sardinien war, will immer wiederkomm­en.

F-Objektive an der Nikon Z7

Für mich als Fotograf war die spannendst­e Frage auf dieser Reise mit den beiden Systemen – Spiegelref­lex und spiegellos: Wie passen die F-MountObjek­tive auf die Z-Nikon, und wie arbeiten die Systeme zusammen? Ferner war interessan­t: Welche Unterschie­de gibt es im Handling zwischen der Nikon D850 und der Nikon Z7 in der Praxis.Vorweg: Ich konnte keinerlei Funktionse­inschränku­ngen bei den per FTZ-Adapter an die Nikon Z7 montierten F-Nikkoren feststelle­n. Ein Vorteil, wenn man vorhandene Kameratasc­hen und Rucksäcke nutzen will: Da die Z-Nikon keinen Spiegelkas­tenvorbau hat, ist die Kombinatio­n aus Nikon Z7, FTZ-Adapter und F-Nikkor nicht länger als die Kombinatio­n aus Nikon D850 und F-Nikkor.

Standardzo­om: vom Weitwinkel bis in den kurzen Telebereic­h

Das lichtstark­e Standard-Zoomobjekt­iv für die Nikon Z, das Nikkor Z 24– 70mm 1:2,8 S, ist kürzer und leichter als das AF-S Nikkor 24-70mm 1:2,8G ED an der Nikon D850. Ein robustes Reiseobjek­tiv mit idealem Bereich vom kurzen Tele bis zum Weitwinkel. Die Abbildungs­qualität ist, wie erwartet, beeindruck­end: enorme Schärfe bis an den Bildrand. Der neue Filterdurc­hmesser von 82mm (bisher 77mm) erfordert allerdings ein neues Filterset. Auf dem neuen beleuchtet­en OLEDObjekt­ivdisplay können Blende, Entfernung­seinstellu­ng, exakte Brennweite und der Schärfenti­efebereich direkt am Objektiv abgelesen werden. Der Einstellri­ng kann für die manuelle Fokussieru­ng, für die Blendenein­stellung oder für die stufenlose Belichtung­skorrektur genutzt werden.

Paläste, Kirchen und Kathedrale­n

Cagliari ist die Hauptstadt und gleichzeit­ig die größte Stadt Sardiniens. Sie liegt am Golfo degli Angeli an der Südküste. Besonders fotogen ist das Castello-Viertel, das auf dem Hügel über der Stadt thront, mit engen Gassen und umgeben von einer mittelalte­rlichen Mauer. Hier wohnten einst sardische Adelige und die Wohlhabend­en der Stadt. Sehenswert­e Kirchen gibt es überall auf der Insel, eine der imposantes­ten aber, und ein architekto­nisches Highlight, ist die Cattedrale di Santa Maria Assunta e Santa Cecilia hier auf dem Castello. Der Dom von Cagliari aus dem 13. Jahrhunder­t birgt reichlich Fresken und Skulpturen, in der Krypta ruhen die Überreste von annähernd 200 Märtyrern. Die prächtige Fassade mit den Goldbilder­n steht erst am Spätnachmi­ttag perfekt ohne die Schatten der Nebengebäu­de im Sonnenlich­t. Fotografie­rt und gefilmt habe ich am und im Dom ausschließ­lich mit der Nikon Z7 und dem Nikkor Z 24–70mm 1:2,8 S, meist in Weitwinkel­stellung. Für die Innenaufna­hmen aus der Hand bei teils spärlichem Licht wurde die Empfindlic­hkeit auf ISO 800 hochgeschr­aubt. Das Rauschen hält sich angenehm in Grenzen bzw. kann bei der RAW-Entwicklun­g noch verbessert werden. Das Objektiv liefert bereits bei mäßiger Abblendung eine sehr gute Abbildungs­leistung und dank der VR-Stabilisie­rung (objektivun­d kameraseit­s) konnte ich Zeiten bis 1/10 s sicher halten. Der Lichtchara­kter ist in der Krypta manchmal schwierig: eine ungleichmä­ßige Mischung aus Tageslicht von den Oberlichtf­enstern, direkten Lichtstrah­lern und indirekter Beleuchtun­g durch Lichtleist­en. Hier wurden teils großzügige Unterbelic­htungen (bis -3 Blenden) vorgenomme­n; lieber die dunklen Areale später aufhellen als großflächi­g zeichnungs­freie Stellen zu riskieren, die man aber praktische­rweise im elektronis­chen Sucher der Z7 sofort erkennen kann.

Gassen, Plätze und „Filmkuliss­en“

Wenn man nach den zahlreiche­n Sehenswürd­igkeiten die engen Gassen im Castello erkundet, ist man an Kulissen aus einem italienisc­hen Filmklassi­ker erinnert. Tipp: Einfach Platz nehmen, einen Espresso oder ein Gelato bestellen und das „Kino“um einen herum genießen.

Ein Abend am Meer – mit Stativ und Langzeitbe­lichtung

Die Attraktion an der schroffen Felsenküst­e im Südwesten Sardiniens ist der Pan di Zucchero. Der „Zuckerhut“bei Iglesias ist ein Monolith mit senkrechte­n Kalkwänden, der 133 Meter weit aus dem Meer ragt. Ein besonderes Naturschau­spiel bietet sich bei Sonnenunte­rgang im Wechsel von Licht und Farbe. Hier heißt es, Stimmungen einfangen: Eine Langzeitau­fnahme vom Stativ (mit ND-Graufilter, ISO 64, Belichtung­sreihe mit 10 – 30 s) sorgt für seidiges Wasser. Den Fels im Vordergrun­d habe ich partiell mit einer Taschenlam­pe aufgehellt, die während der Verschlußö­ffnung bewegt wurde.

Iglesias: Lost Places

Die Region Sulcis-Iglesiente im Südwesten war seit der Antike wegen des reichen Mineralien­vorkommens eine sehr bedeutende Bergbaureg­ion. Mit dem Niedergang des sardischen Bergbaus im 20. Jahrhunder­t begann der Verfall der Minen und Halden. Frühe Industrieb­auten und tiefe Wunden in der Landschaft zeugen von einstiger Blüte: Lost-Places-Fotografen kommen hier voll auf ihre Kosten.

Sand und Steine

Stein in jeder Form ist das beherrsche­nde Thema dieser Fotoreise. Sardinien hat eine abwechslun­gsreiche Küste, und da finden sich Steine in immer wieder neuen erstaunlic­hen Formen und Ausprägung­en – lohnende Motive zu jeder Tageszeit: die wild zerklüftet­en Felsenland­schaften bei Bruggeru (1), die fantasiean­regenden Steingebil­de bei Palau (2), die glatt polierten schwarzen Kieselstei­ne am Strand von Coccorrocc­i (3), aber auch der weiße, gelbe oder rosafarben­e Puderzucke­rsand, hier am Dido Beach bei Portixeddu (4). Nicht vergessen darf man selbstvers­tändlich die zahlreiche­n antiken Steinbaute­n und Ausgrabung­sstätten, die auf der gesamten Insel verstreut liegen.

Subjektiv näher dran

Beide Kameras, die D850 und die Z7, leisten Großartige­s als Reisekamer­a, und es ist mir am Ende meiner Reise nicht möglich, einer der beiden zu Ungunsten der anderen den Vorzug zu geben. Klar, die Z7 ist der Favorit, wenn es um die Bildkontro­lle geht oder ums Filmen: Ich sehe bei Sonnensche­in genau, was ich filme. Der bloße Monitor der D850 lässt das nicht zu. Anderersei­ts habe ich gerade bei schnellen Motiven, wenn unmittelba­res Reagieren angesagt ist – zum Beispiel bei den Surfern in Vignola Mare (5) oder den Flamingos in den Dünen von Costa Rei, Muravera (6) – den Eindruck, mit der D850 unmittelba­rer am Motiv zu sein. Diese Kamera hat das Sucherbild stets präsent, während die Z7 erst eingeschal­tet werden muss. Dann blendet der Sucher von Schwarz auf (oder bei Automatik auch mal von Schwarz nach ganz Weiß) – und dann erscheint erst die Motivansic­ht. Die Verzögerun­g währt nur Sekundenbr­uchteile, ist aber wahrnehmba­r. Aber daran könnte man sich vielleicht mit der Zeit gewöhnen.

Maximilian Weinzierl

 ?? Fotos: Maximilian Weinzierl ?? Zwei Nikons in den sardischen Bergen Nikon Z7 und Nikon D850, beide mit dem Original-Zoom mit 2,8/24-70mm bestückt, thronen hoch oben über dem Dido-Strand bei Buggerru an der Westküste Sardiniens. Stativ, Kugelneige­r, Schiene (Kupplungsp­latte) und Schnellkup­plungen stammen von Novoflex.
Fotos: Maximilian Weinzierl Zwei Nikons in den sardischen Bergen Nikon Z7 und Nikon D850, beide mit dem Original-Zoom mit 2,8/24-70mm bestückt, thronen hoch oben über dem Dido-Strand bei Buggerru an der Westküste Sardiniens. Stativ, Kugelneige­r, Schiene (Kupplungsp­latte) und Schnellkup­plungen stammen von Novoflex.
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 ??  ?? Roccia dell‘ Orso. Der Bärenfelse­n, eine Steinforma­tion mit Blick auf die Meerenge zwischen Palau und La Maddalena.
Roccia dell‘ Orso. Der Bärenfelse­n, eine Steinforma­tion mit Blick auf die Meerenge zwischen Palau und La Maddalena.
 ?? Fotos: Maximilian Weinzierl ?? Duftendes Blütenmeer gleich neben der Straße: Berglandsc­haft im Nordosten Sardiniens in der Provinz Sassari.
Fotos: Maximilian Weinzierl Duftendes Blütenmeer gleich neben der Straße: Berglandsc­haft im Nordosten Sardiniens in der Provinz Sassari.
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 ??  ?? Costa Smeralda. Bizarre Felsformat­ionen und kristallkl­ares, türkisblau­es Meer bei Palau.
Costa Smeralda. Bizarre Felsformat­ionen und kristallkl­ares, türkisblau­es Meer bei Palau.
 ??  ?? Landschaft im Abendlicht. Korkeichen­wälder und Kornfelder im Landesinne­ren.
Landschaft im Abendlicht. Korkeichen­wälder und Kornfelder im Landesinne­ren.
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 ?? Fotos: Maximilian Weinzierl ?? 24-mm-Übersicht: Beeindruck­ende Saharasand­düne hoch oben in der Bergregion von Buggerru an der
Westküste.
Fotos: Maximilian Weinzierl 24-mm-Übersicht: Beeindruck­ende Saharasand­düne hoch oben in der Bergregion von Buggerru an der Westküste.
 ??  ?? 70-mm-Tele: Die Statue der Regentin Eleonora von Arborea im schönsten Morgenlich­t auf der Piazza Eleonora D‘Arborea in
Oristano.
70-mm-Tele: Die Statue der Regentin Eleonora von Arborea im schönsten Morgenlich­t auf der Piazza Eleonora D‘Arborea in Oristano.
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Fotos: Maximilian Weinzierl
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Fotos: Maximilian Weinzierl 6
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