ColorFoto/fotocommunity

„... ohne Worte Geschichte­n erzählen.“

- Redaktion: Sabine Schneider

Was willst Du mit Deinen Bildern ausdrücken?

Mit vielen meiner Aufnahmen möchte ich Menschen zum Lächeln bringen. Oft gepaart mit etwas Selbstiron­ie. Ich greife aber auch Themen auf, die mich gerade beschäftig­en und versuche, sie mit einfachste­n Mitteln darzustell­en. Daraus entstehen oft Bilder, die den Betrachter zum Nachdenken anregen sollen. Bei anderen Aufnahmen wiederum versuche ich, Emotionen darzustell­en. Manchmal wirkt es wie eine Therapie, etwas zu sagen, ohne reden zu müssen.

Ich habe zudem festgestel­lt, dass man mit nur einem Bild auch eine Geschichte erzählen kann und dem Betrachter die Möglichkei­t gibt, sich eine eigene Geschichte zu erdenken. Mich interessie­rt es dann, was der Betrachter in die Aufnahme interpreti­ert. Am Ende entstehen in meinem Kopf viele kleine, neue Geschichte­n, die mich inspiriere­n.

Besonders gerne präsentier­st Du Dich in Selbstport­räts. Wie entstand die Idee?

Die Idee entstand aus dem Wunsch, Porträts zu fotografie­ren. Ich habe schon immer gerne Porträts angeschaut, egal, ob Fotografie­n oder Gemälde. Der Mensch kann so interessan­t sein. Gerade ein Gesicht hat so viele Muskeln, die nötig sind, um Emotionen auszudrück­en – und je länger man sich damit beschäftig­t, umso interessan­ter wird es. Da ich immer alleine fotografie­re und noch nie mit einem Model gearbeitet habe, ergab es sich, dass ich Selbstport­räts aufnahm. Menschen, verschiede­ne Mimiken, Gegenständ­e im Bild können ohne Worte Geschichte­n erzählen. Mal komisch, mal traurig, mal zum Nachdenken.

Was begeistert Dich an Selbstport­räts?

Es mag narzisstis­ch klingen, wenn ich sage, dass eines meiner Lieblingsm­otive ich selbst bin, weil es mir auch Spaß macht, vor der Kamera zu stehen. Da kann man alles sein. Entweder bin ich da ich selbst oder spiele eine Rolle wie ein Schauspiel­er. Ein weiterer Grund: Ich bin gehorsam, widersprec­he mir nicht, wenn ich mir als „Model“sage, was ich als „Fotograf“möchte. So herrscht immer Harmonie zwischen mir als Fotograf und mir als Model. Ein weiteres Lieblingsm­otiv ist die Straße in der Stadt, da es interessan­t ist zu sehen, wie sich Menschen „in freier Wildbahn“verhalten. Leider wird die Straßenfot­ografie immer schwierige­r, und all die Regeln nehmen den Spaß.

Du arbeitest mit wenig Licht und möglichst einfachen Mitteln.

Bei meinen Fotos mit stark reduzierte­m Licht fasziniere­n mich die Ergebnisse. Mit wenigen Mitteln und schwachem Licht ist es möglich, das Wesentlich­e zu betonen. Gerade bei Porträts kann man harte oder auch weiche Konturen erzielen. Objekte oder Menschen verschmelz­en mit dem Hintergrun­d. Durch ganz leichtes Drehen der Lichtquell­e lässt sich das Erscheinun­gsbild völlig verändern.

Und Du bevorzugst düstere Farben und traurige Gesichter. Warum so trist?

Es gibt viele Motive, die von ihren Farben leben und ihre Wirkung verlieren, wenn man die Farben entzieht. Anderersei­ts leben wir in einer Zeit der Reizüberfl­utung durch Farben, Lärm und Gerüche. Für mich ist dies häufig zu viel, und so „flüchte“ich in Tristesse. Weiteren Einfluss auf die Idee nehmen auch alte Schwarzwei­ßfilme, besonders im Stil des „Film Noir“. Im Tristen findet sich oft mehr Ausdruck. Das ist allerdings mein persönlich­es Empfinden. Viele verbinden die Farben Grau, Schwarz und wenig Licht mit Tristheit und Traurigkei­t.Vielleicht ist es mein Wunsch, mit dem Tristen auch etwas Lebendiges darzustell­en. Trist ist es wahrschein­lich auch, dass ich auf Selbstport­räts nie lächle. Fotografie­ren ist Spaß für mich, aber es bringt mich während der Aufnahmen nicht zum Lachen. Ein künstliche­s Lachen empfinde ich als unehrlich und ist etwas, das ich nicht mag.

Wie kommst Du zu Deinen Bildideen?

Zu meinen Ideen komme ich auf verschiede­nen Wegen. Oft im Schlaf. Dann wache ich auf, habe einen Einfall und mache mir eine kleine Notiz. Durch Musik kommen mir auch häufig Ideen. Entweder durch Titel oder Textzeilen. Wenn mich Musik berührt, spüre ich sie und mache mir Gedanken. So entstanden schon viele Aufnahmen. Meist jedoch entsteht alles sehr spontan – beim Fotografie­ren auf der Straße genauso wie bei Porträts. Der Moment macht das Bild. Wenn mir etwas auf der Straße ins Auge fällt, halte ich es im Bild fest. Bei den Porträts ist es nicht anders. Wenn ich in meine Fotoecke gehe, sehe ich meist etwas, egal, ob es ein Schirm ist, ein Buch oder eine leere Milchflasc­he. Die Idee kommt beim Betrachten und wird dann auch umgehend umgesetzt. Oft entwickeln sich durch diese Versuche weitere Ideen, und natürlich inspiriere­n mich auch Arbeiten anderer Fotografen oder Maler. Aber ebenso beim Bummeln oder Einkaufen kommen Ideen, wenn man etwas Skurriles sieht oder etwas ganz Normales wie zum Beispiel die Dose Tomatensup­pe auf einem meiner Fotos.

Nennst Du uns Deine fotografis­chen Vorbilder?

Mich begeistert die Fotografie von „Man Ray“. Die Kreativitä­t, die experiment­ellen Wege, die er

gegangen ist. Sehr interessan­t ist für mich auch Lisette Model. Ihre Arbeiten entspreche­n nicht dem Mainstream, und das gefällt mir. „Nicht fotografis­ch“begeistert mich auch die Arbeit von René Magritte, da dieser ebenfalls eigene Wege ging.

Wie bereitest Du ein Shooting vor?

Ich bin ein Bauchmensc­h und bereite sehr wenig vor. Ich mag es spontan, und wenn ich versuche, eine Idee umzusetzen, improvisie­re ich auch sehr viel. Es gibt bei mir ja kein aufwendige­s Haarstylin­g oder Make-up. Nur ganz selten, wenn ich eine bestimmte Szene darstellen möchte, muss ich ein wenig vorbereite­n. Allerdings verwende ich dann das, was gerade zur Hand ist. Aus einem Bügelbrett wird schnell eine Theke oder Ähnliches.

Welche Teile Deiner Ausrüstung sind unentbehrl­ich?

Ohne meine Straßenaus­rüstung in Form einer Canon EOS M6 mit Standard Objektiv 15-45 mm verlasse ich das Haus nicht. Für meine Indoor-Fotos nutze ich seit einigen Jahren meine Nikon D7100, die fast immer in meiner Fotoecke auf dem Stativ auf ihren Einsatz wartet. Dort findet sich dann auch ein einsatzber­eiter Studioblit­z. Mein „Immer-drauf“-Objektiv ist seit einiger Zeit eine 35-Millimeter-Festbrennw­eite von Nikon. Zur weiteren Ausrüstung gehört eine schwarze Stoffbahn, die ich meist als Hintergrun­d nutze. Alternativ verwende ich Trittschal­l-Dämmplatte­n, auf die ich verschiede­ne Tapeten geklebt habe.

Verrätst Du uns Deine Aufnahmete­chnik?

Zum Auslösen nutze ich einen einfachen Fernauslös­er von Nikon, zur Blitzauslö­sung ein Set von „Yongnuo“. Alles sehr einfach, aber es erfüllt meine Zwecke. Im Laufe der Zeit hat man ein Gefühl entwickelt, wo man stehen muss, um vom Autofokus anvisiert zu werden. Es hat sich eine gewisse Routine eingeschli­chen, wie auch bei jedem Landschaft­s- oder Architektu­r-Fotografen. Die Grundeinst­ellungen sind meist sehr ähnlich: Es wird sich in Position gebracht, ausgelöst, ein kurzer Kontrollbl­ick auf das Display und dann entschiede­n, ob es so geht oder ob der Blitz ein wenig anders eingestell­t werden muss.

Wie bearbeites­t Du nach?

Grundsätzl­ich nehme meine Fotos als JPEG auf und nicht als RAW. Mit RAW-Dateien habe ich es vor einiger Zeit probiert, jedoch gefielen mir die Endergebni­sse überhaupt nicht. Für meine Bildbearbe­itung setze ich ausschließ­lich die „Nik Collection“ein. Zum Umwandeln in Schwarzwei­ß verwende ich „Silver Efex Pro“. Meist reicht es, den Kontrast ein wenig zu verändern oder Struktur hinzuzufüg­en. Ich versuche aber grundsätzl­ich, meine Fotos so wenig wie möglich zu bearbeiten. Vereinzelt setze ich auch kleine Farbakzent­e durch Farbselekt­ion. Meine Aufnahmen werden auch nicht zugeschnit­ten, ich muss sie schon nehmen wie sie sind. Möchte ich gern etwas Farbe im Bild behalten, passe ich Kontras oder Sättigung entweder mit Vivez an oder – wenn es etwas verspielte­r sein soll – mit Color Efex Pro.

 ??  ?? ..und dann kam andy Warhol Wer kennt sie nicht, „Campbell´s Tomato Soup“, in Szene gesetzt von andy Warhol. mich hat lange diese Einfachhei­t fasziniert: da kommt ein andy Warhol, und eine ganz normale Tomatensup­pe ist in aller munde. durch Zufall entdeckte ich vor einigen Jahren diese dose in einem Supermarkt­regal. Ich wollte sie nicht einfach nur ablichten, und beim Betrachten dachte ich: „...und dann kam andy Warhol“. Es war eine ganz spontane aufnahme. (nikon d7100, Brennweite 35mm, ISo 200, Blende 7,1, 1/250s, dörr Studioblit­z, Fernauslös­er, Software: Silver Efex Pro, location: zu hause unter dem dach)
..und dann kam andy Warhol Wer kennt sie nicht, „Campbell´s Tomato Soup“, in Szene gesetzt von andy Warhol. mich hat lange diese Einfachhei­t fasziniert: da kommt ein andy Warhol, und eine ganz normale Tomatensup­pe ist in aller munde. durch Zufall entdeckte ich vor einigen Jahren diese dose in einem Supermarkt­regal. Ich wollte sie nicht einfach nur ablichten, und beim Betrachten dachte ich: „...und dann kam andy Warhol“. Es war eine ganz spontane aufnahme. (nikon d7100, Brennweite 35mm, ISo 200, Blende 7,1, 1/250s, dörr Studioblit­z, Fernauslös­er, Software: Silver Efex Pro, location: zu hause unter dem dach)
 ??  ?? VErBoTEnE FrüChTE Womit fing alles an... und weshalb wurden Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben? diese Worte im hinterkopf, einen apfel vor mir – da lag es nahe, die verbotene Frucht ins rechte licht zu rücken. meine Intention war es, die Idee minimalist­isch darzustell­en. der Griff nach der verbotenen Frucht, mehr sollte es nicht sein. (nikon d7100, Brennweite 35mm, ISo 200, Blende 6,3, 1/50s, dörr Studioblit­z, Fernauslös­er, Software: Viveza (nik Collection), nur minimal den kontrast verändert, location: zu hause unter dem dach)
VErBoTEnE FrüChTE Womit fing alles an... und weshalb wurden Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben? diese Worte im hinterkopf, einen apfel vor mir – da lag es nahe, die verbotene Frucht ins rechte licht zu rücken. meine Intention war es, die Idee minimalist­isch darzustell­en. der Griff nach der verbotenen Frucht, mehr sollte es nicht sein. (nikon d7100, Brennweite 35mm, ISo 200, Blende 6,3, 1/50s, dörr Studioblit­z, Fernauslös­er, Software: Viveza (nik Collection), nur minimal den kontrast verändert, location: zu hause unter dem dach)

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