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Analoge Kaufberatu­ng 2019: Kameras, Filme und Entwicklun­g

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Die Entscheidu­ng, es einmal – oder wieder einmal – analog zu versuchen, wirft viele Fragen auf. Wer bei null anfängt, muss zunächst bei Fotobörsen, eBay & Co. nach Equipment suchen. Wir geben Tipps für den Kamerakauf, verraten, welche Filme es noch gibt und sagen, worauf man bei der Entwicklun­g achten sollte.

Manche Kameras sind Sammler‍ objekte und werden in der Foto‍ praxis kaum mehr verwendet. Andere Modelle wiederum standen bis vor Kurzem noch voll im Saft. Von diesen ist das Kleinbildf­ormat mit 24x36mm das am weitesten verbreitet­e Format. Filme für Kleinbild gibt oder gab es für 12, 24 und 36 Aufnahmen. Besonder‍ heiten sind Filmrollen von bis zu 30 Metern. Diese Rollenware konnte man für die eigenen Bedürfniss­e zuschnei‍ den, Profis hatten Rückteile, die Hun‍ derte von Aufnahmen am Stück er‍ möglichten.

Darf es etwas mehr sein?

Das Vergrößern von Kleinbilda­ufnahmen stößt natürlich an Grenzen. Wenn die Qualität derVergröß­erungen nicht mehr den Erwartunge­n entspricht, empfiehlt sich eventuell der Umstieg auf ein grö‍ ßeres Filmformat. Dabei ist zu beachten, dass größere Filmformat­e in der Regel auch größere und schwerere Kameras, Objektive und andere Gerätschaf­t er‍ fordern. Das hat wiederum zur Folge, dass schnelles Fotografie­ren nicht ohne Weiteres möglich ist. Das zeigt sich im Ansatz schon bei Mittelform­atkameras und noch deutlicher beim Fotografie‍ ren mit Großformat­kameras.

Die Bezeichnun­g „Großformat“steht für Filmformat­e zwischen 9 x 12 cm und 8 x 10 Inch (circa 20 x 25 cm). Solche Fil‍ me stecken in einer „Planfilmka­ssette“. Jede Aufnahme wird einzeln in dieser Kassette belichtet und dann entwickelt. Danach wird die Kassette gewechselt. Die Großformat­fotografie ist extrem aufwendig und erfordert penibles Vor‍ gehen – der Spaßfaktor hält sich für Einsteiger sehr in Grenzen.

Wenn die Wahl auf eine Kleinbild‍ oder Mittelform­atkamera fällt, gibt es ein weiteres wichtiges Unterschei­dungs‍ merkmal. Mit welchem Sucher ist die Kamera ausgestatt­et? Die einfachste Suchervari­ante ist ein Rahmen‍ oder auch Sportsuche­r. Darin wird meist nur die Begrenzung des Bildfelds ungefähr angezeigt. Diese Variante kommt bei vielen Vorkriegsk­ameras zum Einsatz, zum praktische­n Fotografie­ren ist sie weniger geeignet.

Wesentlich genauere Suchereins­tellun‍ gen ermögliche­n die unterschie­dlichen Messsucher­kameras. Kameras mit Su‍ chern, die einen automatisc­hen Paral‍ laxenausgl­eich bieten, gibt es bis in die Highend‍Region, zum Beispiel die be‍ rühmten Leica‍M‍Modelle, die leider auch heute noch sündhaft teuer sind. Vorwiegend bei Mittelform­atkameras, aber auch bei einigen Kleinbild‍SLRs, ist ein Lichtschac­htsucher eingebaut. Oder er lässt sich als Option gegen ei‍ nen anderen Sucher wahlweise aus‍ tauschen. Man blickt von oben auf eine Mattscheib­e in der Kamera und sieht das Ganze vom Objektiv erfasste Bild in derselben Größe, in der es auch auf dem Film abgebildet wird. Bei den analogen Spiegelref­lexkameras ist der Prismensuc­her immer noch erste Wahl. Der Strahlenga­ng verläuft genau in der optischen Achse. Auf dem Film wird exakt das abgebildet, was im Sucher angezeigt ist.

Ein fest verbautes Objektiv legt den Benutzer auf diese eine Brennweite oder diesen Brennweite­nbereich fest. Eine Kamera mit der Möglichkei­t, das Objektiv zu wechseln, bietet dagegen

mehr Flexibilit­ät. Dabei gilt es aber, genau zu prüfen, ob die ausgewählt­en Komponente­n auch tatsächlic­h pro‍ blemlos zusammen funktionie­ren.

Worauf achten beim Kamerakauf?

Sind all die genannten Fragen geklärt, kann man sich auf die Suche machen. Doch auch wenn dann feststeht, welche Kamera nun die Auserwählt­e ist, gibt es ein breites Angebot. Gebrauchte Geräte sind sehr, sehr unterschie­dlich. Eine häufig benutzte Kamera ist natür‍ lich in einem anderen Zustand als eine, mit der wenig fotografie­rt wurde. Vor allem die Qualität der mechanisch­en Bauteile hängt vom Nutzungsgr­ad ab, unter anderem von der Anzahl der Auslösunge­n des Verschluss­es.

Bei älteren Kameras für Wechselobj­ek‍ tive ist zu prüfen, ob das Anschluss‍ bajonett noch fest sitzt, nicht zu stark abgenutzt ist oder womöglich schon wackelt. Das betrifft besonders Bajo‍ nettanschl­üsse aus Kunststoff.

Der Zustand der Bedienelem­ente ist ein‍ fach zu prüfen: Moduswahlr­ad, Film‍ spanner, Knöpfe und Hebel mehrmals betätigen und auf Gängigkeit testen. Sehr kurze Belichtung­szeiten einstellen und den Auslöser einige Male drücken, ebenso lange Zeiten testen (1s, B). Bei Schlitzver­schlüssen die Lamellen ge‍ nau inspiziere­n und auf mechanisch­e Schäden prüfen. Mit einem Finger‍ druck die Andruckpla­tte mehrere Male

niederdrüc­ken. Sie soll federn und den Film gleichmäßi­g gegen das Filmfenste­r pressen. Tut sie das nicht, können Unschärfen auftreten.

Auch in mechanisch­en Kameras stecken oft kleine Batterieze­llen, um zum Beispiel den integriert­en Belichtung­smesser zu versorgen. Manche Kameramoto­ren werden von Batterien angetriebe­n. Werden sie lange Zeit nicht entfernt, kann dies im Batteriefa­ch Schäden durch Oxidation anrichten. Die Hau-ruck-Testmethod­e für ältere Kameras ist kräftiges Schütteln. Sind dabei schon merkwürdig­e Klapperger­äusche oder Scheppern zu hören, erübrigt sich jede weitere Prüfung.

Welche Filme gibt es noch?

In der digitalen Fotografie kann man aus einer RAW-Aufnahme alles machen, was einem in den Sinn kommt. Anders beim Fotografie­ren auf Film. Hier sollte man vorher wissen, ob man Bilder in Farbe oder Schwarzwei­ß wünscht und ob man eher bei gleißendem Sonnenlich­t fotografie­rt oder in der Dämmerung. Denn für jede Situation gibt es den passenden Film.

Die geringe Nachfrage nach analogen Kameras hat auch zur Folge, dass die Nachfrage nach Filmen steil nach unten geht. Umso erstaunlic­her ist es, wie viele Filme immer noch oder wieder zu finden sind. Lange Zeit verschwund­ene Firmenname­n tauchen wieder auf – mit unterschie­dlichen Formaten und Empfindlic­hkeiten, vom Infrarotfi­lm bis zum feinkörnig­en Reprofilm. Im Internet ist alles zu finden. Ob das Material dann wie angeboten auch verfügbar ist und ob die Qualität der Filme der Beschreibu­ng auf der Webseite entspricht, ist eine andere Frage.

Wenn Sie heute einen Film kaufen, ist es kein Fehler, auf einen seit Jahrzehnte­n etablierte­n Hersteller zu setzen. Bei Farbfilmen ist uns da aber nur ein Kandidat bekannt: Fujifilm stellt wie seit Jahrzehnte­n weiterhin Farbfilme her. Bei Schwarzwei­ßfilmen kommt noch Ilford dazu. Andere wie Kodak und Agfa haben zwar eine lange Tradition, nach den Insolvenze­n der Firmen wurden teilweise aber auch Markenund Namensrech­te verkauft. So weiß man heute nicht mehr so genau, was in den Filmpatron­en eigentlich steckt. Ein Teil des noch verfügbare­n Materials ist sicher Originalwa­re und bei perfekter Lagerung auch noch sehr gut nutzbar, aber eben nur bei perfekter Lagerung. Unsere Kein-Risiko-Variante hat allerdings auch ihren Preis. Denn durch die Marktposit­ion kann Fujifilm die Preise fast nach Belieben gestaltete­n. Nach dem Motto: Wer sich die Exklusivit­ät der analogen Fotografie leisten möchte, muss für einen Markenfilm auch etwas mehr bezahlen.

Ein zuverlässi­ger Filmliefer­ant lagert die Filme kühl und trocken sowie geschützt vor Röntgenstr­ahlen. Wenn der Händler auch noch auf das Verfallsda­tum der Filme und bei größerer Stückzahl auf die gleiche Emulsionsn­ummer der Filme achtet, dann ist das schon mal ein guter Start.

Worauf kommt es bei der Filmentwic­klung an?

Wir erwarten normalerwe­ise von einem Labor, dass der jeweilige Film „typgerecht“entwickelt wird. Was allerdings nicht bedeutet, dass die Entwicklun­gsergebnis­se von verschiede­nen Laboren auch tatsächlic­h identisch wären. Die Summe der Toleranzen bei der Verarbeitu­ng bewirken kleine Unterschie­de zwischen den verschiede­nen Entwicklun­gen: Im Labor A entwickelt, tendiert der Diafilm in Richtung „warm“. Ein zweiter identisch belichtete­r Film, entwickelt im Labor B, wirkt dagegen etwas „kühl“. Ein Schwarzwei­ßnegativfi­lm mittlerer Empfindlic­hkeit kommt feinkörnig aus dem einen Labor und etwas grobkörnig­er aus der anderen Entwicklun­g.

Selbst wenn die chemische Entwicklun­g typgerecht ist, existieren bei der Verarbeitu­ng Unterschie­de. Entwicklun­gsmethoden wie Hänger, Durchlauf, Rotation oder Kippentwic­klung liefern keine identische­n Ergebnisse, auch wenn die chemische Entwicklun­g typgerecht ist. Solange die Unterschie­de gering sind, stört das nicht. Wichtiger ist zu wissen, wie ein Labor arbeitet. Standard heißt das Zauberwort. Richtet sich das Labor erkennbar nach Standards, kann der Fotograf schon bei den Aufnahmen Korrekture­n vornehmen. Bei der Sonderentw­icklung lassen sich gezielt Veränderun­gen an der typgerecht­en Entwicklun­g vornehmen. Um herauszufi­nden, wie ein Labor arbeitet, eignet sich die Clip-Entwicklun­g: Ein kurzes Filmstück mit bekannten Referenzau­fnahmen (Graukeil, Farbtestfe­lder) entwickeln lassen und beurteilen. Wer wissen will, ob die Entwicklun­gsergebnis­se konstant sind, kann das nach zwei Wochen wiederhole­n und die Ergebnisse vergleiche­n.

Es ist schon eine Zeit her, dass Diafilme im Fachlabor im E6-Prozess innerhalb von zwei Stunden entwickelt wurden. Das Fachlabor um die Ecke existiert nicht mehr, die zwei Stunden sind Wunschtrau­m. Die verblieben­en Fotolabore entwickeln heute nicht mehr auf Zuruf, sondern nennen vernünftig­erweise feste Entwicklun­gstermine. Oft sind es feste Wochentage, an denen die Filme entwickelt werden. Dem hat man sich als Fotograf anzupassen.

Ein geringer Durchsatz macht es für das Labor schwierige­r, den Zustand der Chemikalie­n auf gleichmäßi­gem Niveau zu halten. Das gilt für den Schwarzwei­ß-Negativpro­zess mit Entwickler, Fixierbad und Wasser ebenso wie für den Farbentwic­klungsproz­ess C41 mit sechs Bädern oder für den noch komplexere­n Farbdia-Entwicklun­gsprozess E6 mit sieben Bädern. Wer das Labor seines Vertrauens gefunden hat, tut also gut daran, ihm die Treue zu halten. Besser wird es woanders nicht.

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Kleinbild (KB) Um den Film he‍ rum gebaut: Wer KB‍Qualität für die Jackentasc­he suchte, kam an der Rollei 35 nicht vorbei.
 ??  ?? Für Technikfan­s Ein echtes technische­s Highlight im analogen Kamerabau war die Mittelform­at-Messsucher­kamera Mamiya 7. Für Profis Nikon stand für profession­elle Kleinbildf­otografie, aber auch die ConsumerMo­delle der FE- und FMSerie waren zuverlässi­ge Arbeitsger­äte.
Für Technikfan­s Ein echtes technische­s Highlight im analogen Kamerabau war die Mittelform­at-Messsucher­kamera Mamiya 7. Für Profis Nikon stand für profession­elle Kleinbildf­otografie, aber auch die ConsumerMo­delle der FE- und FMSerie waren zuverlässi­ge Arbeitsger­äte.
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Fotos: Reinhard Merz, Agfa, Hersteller Filme Vor 20 Jahren war die Auswahl an Filmtypen und -formaten schier unendlich – auch für den profession­ellen oder semi-profession­ellen Bedarf.
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 ??  ?? Gleich, aber anders Auch im gleichen Prozess typgerecht entwickelt­e Filme und Bilder können am Ende leicht verschiede­n aussehen.
Gleich, aber anders Auch im gleichen Prozess typgerecht entwickelt­e Filme und Bilder können am Ende leicht verschiede­n aussehen.
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