Einfach und superspannend: Selbst entwickeln in Schwarzweiß
Die Schwarzweißfotografie hat auch bei Photoshop & Co. ihren Reiz: Der Verzicht auf einen Teil der Informationen schärft die Sinne für das Wesentliche. Und in der analogen Schwarzweißfotografie nimmt das eigene Labor fast den gleichen Stellenwert ein wie die eigene Kamera: Es geht nicht ohne.
Wenn Sie mit Fotopapier arbeiten, erleben Sie den Zusammenhang zwischen Licht und Bild in seiner elementarsten Form: Das Fotopapier ist extrem lichtempfindlich und muss bis zum Ende des Verarbeitens immer in absoluter Dunkelheit bleiben. Nur bei der Belichtung selbst darf Licht darauf fallen; dann entsteht ein bis zur Entwicklung unsichtbares Bild an den Stellen, die belichtet wurden.
Verarbeitet wird das Papier in Schalen, man benötigt jeweils eine für
• den Entwickler, eine alkalische Flüssigkeit, die aus belichteten Silbersalzkristallen metallisches schwarzes Silber macht. Je mehr Licht, desto schwärzer
• das Stoppbad, das die Entwicklungsreaktion stoppt, in der Regel 3,5-prozentiger Essig- oder Zitronensäure
• den Fixierer, der das entwickelte Silberbild stabilisiert, indem er nicht entwickeltes Silbersalz aus dem Papier entfernt
Für ein eigenes Labor brauchen Sie weder anzubauen noch Ihre gute Stube zu räumen. Platz ist in der kleinsten Hütte, und die Minimalanforderungen an den Raum sind wahrlich bescheiden:
• freie Stellfläche
• vollständig zu verdunkeln
• Stromanschluss
• trocken und nicht zu staubig Neben diesen Grundvoraussetzungen, ohne die nichts geht, sind von Vorteil:
• Heizung
• Belüftung
• Wasseranschluss
Favorit ist oft das Badezimmer, wo fließendes Wasser zur Verfügung steht, Boden und Wände gekachelt und damit leicht zu reinigen sind. Ein glatter Kunststoffboden ist genauso gut, Holz oder Teppich machen nur Ärger.
Der Raum muss sich vollständig verdunkeln lassen. Zwei Quadratmeter freie Stellfläche für den Vergrößerer, Schalen und diversen Kleinkram brauchen Sie in diesem Raum. Das muss kein fester Tisch sein, eine beschichtete Spanplatte, die Sie zuschneiden lassen und einfach über Ihre Badewanne legen, ist genauso gut. Auf einer normal großen Badewanne finden Vergrößerer und Schalen bequem Platz.
Was braucht es an Equipment? Be ginnen wir mit der Filmentwicklung: Hauptdarsteller ist eine lichtdichte Entwicklungsdose, die von vielen Herstellern angeboten wird. Ein guter Kauf ist der UniTank 1520 von Jobo. Der fasst entweder einen Rollfilm 120 oder zwei Kleinbildfilme. Messzylinder in den Größen 100 und 500 Milliliter erleichtern das Ansetzen der Lösungen als da wären: Entwickler, Stoppbad und Fixierer.
Der Vergrößerer bringt kleine Negative groß raus. Wie gut und wie komfortabel er das kann, hängt von der Konstruk tion und der Ausstattung ab. Zwei Formate spielen bei der Wahl des Vergrößerers eine entscheidende Rolle:
• Das Negativformat: Als Kleinbild fotograf haben Sie’s am einfachsten. Alle gängigen Vergrößerer sind für die 24 x 36 Millimeter großen Negative ge-
rüstet. Wenn Sie in das analoge Mittelformat einsteigen wollen, müssen Sie darauf achten, dass der Vergrößerer mithalten kann. Entscheidend ist das Maximalformat: In einem 6 x 7-Vergrößerer können Sie ohne Probleme auch 6x6- oder Kleinbildnegative vergrößern, umgekehrt geht das nicht.
• Das maximale Papierformat: Wenn Sie selbst vergrößern, werden Sie schnell den Spaß am großen Bild entdecken. Achten Sie deshalb darauf, dass Formate bis mindestens 30 x 40 Zentimeter auf dem Grundbrett des Vergrößerers möglich sind.
Interessante Geräte von Durst, Dunco oder Kaiser kann man für kleines Geld gebraucht erwerben. Die Vergrößerer wurden üblicherweise ohne Objektiv geliefert, gebrauchte dagegen oft im Bundle. Anders als bei Aufnahmen, für die Sie in unterschiedlichen Situationen verschiedene Brennweiten brauchen, kommen Sie beim Vergrößern mit einer Normalbrennweite pro Filmformat aus: 40 oder 50 Millimeter für Kleinbild-, 80 bis 90 Millimeter für Mittelformatnegative. Dank universellen M39-Schraubgewindes passt jedes Objektiv an jeden Vergrößerer.
Mit einem Satz Multigrade-Filtern machen Sie Ihren Vergrößerer für die Verarbeitung von Kontrastwandelpapier fit – dem Multitool unter den Fotopapieren. Wenn der Vergrößerer eine Filterschublade hat, brauchen Sie ungerahmte Filterfolien, für Vergrößerer ohne Schublade müssen Sie gerahmte Filter samt Halterung anschaffen, die dann unter dem Objektiv montiert werden. Ein feiner Luxus sind Variocontrast-(VC)-Köpfe. Mit einem einzigen Dreh am Einstellrad können Sie den gewünschten Papierkontrast einstellen – und das stufenlos. Eine lohnende Anschaffung.
Eine Schaltuhr steuert die Belichtung sekundengenau, ein preiswertes Einsteigermodell reicht völlig aus. Eine spezielle Leuchte bringt Licht in Ihr Labor, das tatsächlich keine „Dunkelkammer“ist.
Entwickelt wird in Schalen: Drei Schalen à 24 x 30 Zentimeter für Entwickler, Stoppbad und Fixierer – am besten farblich sortiert – genügen für den Anfang. Wollen Sie später auf größere Formate umsteigen, rüsten Sie einfach entsprechende Schalen nach. Zwei Laborzangen bewegen das Papier durch die Bäder, eine für den Weg vom Entwickler ins Stoppbad, eine weitere für den Übergang vom Stopper in den Fixierer und so weiter. Auch wässern können Sie in der Schale. Und Ihre Bilder trocknen schneller, wenn Sie die Wasserreste mit einem weichen Schwamm oder einem Abstreifer entfernen.
Die meisten im Labor verwendeten Geräte sind mechanischer Natur, man sieht Ihnen an, ob sie noch anständig funktionieren oder nicht. Vorsichtig sollten Sie bei Laborleuchten sein. Sie bringen von Haus aus eine Art Verfallsdatum mit. Denn erstens bleichen die Schutzfilter aus, zweitens waren Sicherheitsleuchten früher trübe Funzeln und drittens auf die Papiere von damals abgestimmt – die hatten völlig andere Eigenschaften als die heutigen Produkte. Eine brandneue Leuchte (etwa von Kaiser) kostet rund 35 Euro. Das ist ohne Frage gut investiertes Geld. Dann steht dem handgemachten Bild nichts mehr im Weg.