2 FILME ENTWICKELN
Beim Fotografieren entsteht im Film ein unsichtbares Bild. Der Entwickler macht dieses Phantombild sichtbar, belichtete Stellen werden schwarz – je mehr Licht, desto schwärzer. Das anschließende Fixieren und Wässern dient dazu, das negative Silberbild im Film zu stabilisieren.
An Chemikalien brauchen Sie einen Filmentwickler, einen Fixierer und ein Netzmittel. Filmentwickler gibt es wie Sand am Meer, mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften. Besonders bequem in Ansatz und Handhabung: Flüssige Feinkorn-Ausgleichsentwickler wie Ultrafin Plus von Tetenal. Zum Fixieren nehmen Sie einen Schnellfixierer, zum Beispiel Tetenal Superfix. Ein Netzmittelbad verhindert Wasserränder auf dem Film; ein Liter Konzentrat reicht in der Regel für ein ganzes Laborantenleben.
Beim Entwickeln gehen Sie vor wie ein guter Koch: Bevor Sie anfangen, lesen Sie zuerst das Rezept vom Anfang bis zum Schluss, damit Sie nicht mittendrin feststellen, dass Sie ein paar wichtige Zutaten vergessen haben. Das Rezept finden Sie auf den Datenblättern, die Film und Entwickler beiliegen. Bei manchen Filmen sind die Verarbeitungsvorschriften auf die Innenseite der Filmpackung gedruckt. Schauen Sie also dort nach, wenn Sie vergeblich nach dem Datenblatt fahnden. Dieses Blatt, im Fachjargon respektlos Waschzettel genannt, überschwemmt Sie mit einer Fülle unterschiedlicher Entwicklungszeiten. Wählen Sie im Zweifelsfall 20 °C als Temperatur, Ein-Minuten-Kipprhythmus (was das ist, erfahren Sie sofort) als Bewegungsvariante und die niedrigste, angegebene Entwicklerverdünnung (also zum Beispiel 1 + 4 statt 1 + 8). Achten Sie darauf, dass Ihre Entwicklungszeit zwischen 4 und 15 Minuten liegt. Kürzere Zeiten produzieren schwankende Ergebnisse, weil sich dabei schon Unregelmäßigkeiten beim Ein- und Ausfüllen der Chemikalien bemerkbar machen. Längere Zeiten sind einfach nervtötend.
SW-Filme werden genauso belichtet wie Farbfilme. Wenn Sie die Kameraautomatik für sich arbeiten lassen, geben Sie eine Belichtungskorrektur von einer halben Blende Plus ein. SW-Filme kommen mit einer knappen Überbelichtung besser zurecht, als mit zuwenig Licht (mehr über das richtige Belichten von SW-Filmen lesen Sie ab Seite 66). Achten Sie beim Zurückspulen darauf, dass der Filmanfang nicht in der Patrone verschwindet. Das spart Ihnen später im Dunkel Ihres Labors so einiges Gefummel.
Chemikalien mischen
Nachdem Sie den Film aus der Kamera geholt haben, setzen Sie Entwickler und Fixierbad an – bei Flüssigkonzentraten die gerade benötigte Menge, bei Pulvern gleich einen Liter. Rühren Sie langsam und vorsichtig, um nicht unnötig viel Luft in die Lösung zu quirlen. Nicht benötigter Entwickler wird in einer luftdichten Glasflasche dunkel gelagert, so bleibt er ein paar Wochen frisch. Notieren Sie das Datum auf der Flasche.
Kontrollieren Sie die Temperatur des Entwicklers. Er sollte 20 °C haben und darf auf keinen Fall kälter als 18 °C sein. Sie temperieren die Bäder, indem Sie die befüllten Gefäße solange in einen Eimer mit warmem oder kaltem Wasser stellen, bis die gewünschte Temperatur erreicht ist. Weicht die Temperatur des Entwicklers von 20 °C ab, müssen Sie das über die Entwicklungszeit kompensieren: Pro Grad weniger müssen Sie die Zeit um zehn Prozent verlängern, pro Grad mehr um zehn Prozent verkürzen.
Film einspulen
Das Einspulen des Films ist die kritische Phase beim Entwickeln, denn Sie müssen bei absoluter Dunkelheit arbeiten. Auch die Sicherheitsleuchte bleibt ausgeschaltet! Üben Sie deshalb solange mit einem Ausschussfilm im Hellen, bis jeder Handgriff sitzt. Fangen Sie mit Kleinbildfilmen an, sie sind leich
ter zu handhaben als Rollfilme und denken Sie vor allem immer daran: Negative sind unersetzliche Originale.
Legen Sie alle Gegenstände, die Sie im Dunkeln brauchen, in der richtigen Reihenfolge zurecht: Schere, Film, Filmspirale, Achsrohr, Entwicklungsdose, Deckel. Eine Jobo-Dose vom Typ 1520 fasst zwei Kleinbild-Filme oder einen Rollfilm. Stellen Sie die Spirale aufs Filmformat ein, Jobo-Spiralen haben zwei Rastpunkte, passend für Kleinbild- und Rollfilme. Sie ziehen den Film etwa zehn Zentimeter aus der Patrone, schneiden die Lasche ab und runden die Ecken mit der Schere, damit er beim Einspulen nirgendwo hängen bleibt. Den Filmanfang fädeln Sie noch im Hellen in die Spirale ein, dann heißt es Licht aus. Ist die Filmlasche beim Zurückspulen ganz verschwunden, knacken Sie die Patrone im Dunkeln mit einem Flaschenöffner und entnehmen den Film.
Das Einspulen geht am sichersten, wenn Ober- und Unterteil der Spirale in jeweils einer Hand liegen und der Film zu Ihnen zeigt. Wenn Sie die linke Hälfte immer festhalten, können Sie die rechte zwischen zwei Anschlagpunkten hin- und herbewegen. Vorwärts nehmen Sie den Film mit, zurück drehen Sie nur die Spirale. Mit etwa dreißig dieser Schwipp-Schwapp-Bewegungen versenken Sie einen kompletten Film.
Wenn’s unterwegs mal hakt, ist das kein Grund zur Panik. Die Spiralen haben an Oberund Unterseite kleine Absenkungen, in denen Sie den Film fühlen können. Schieben Sie ihn kurz hoch und runter, das hilft meistens. Sonst spulen Sie ihn in die Patrone zurück und gehen im Hellen auf Fehlersuche. Wenn Sie immer darauf achten, dass die Spulen trocken und die Filmecken rund sind, haben Sie kaum Ärger.
Mitunter geht das Einspulen leichter von der Hand, wenn Sie die Spule mit der linken Hand oben und unten halten und den Film mit der rechten einfach hineinschieben. Probieren Sie mit dem Ausschussfilm, welche Technik Ihnen mehr liegt.
Ist der Film aufgespult, wird am Patronenmaul abgeschnitten. Dann stecken Sie die Spule auf das Achsrohr, verpacken beides in der Dose und verschließen die Dose mit dem Deckel. Wenn Sie nur einen Kleinbildfilm entwickeln, müssen Sie den freien Platz mit einer Leerspirale füllen, sonst rutscht der Film am Achsrohr hoch und runter. Die Jobo-Dose hat einen schwarzen Deckel und eine orangefarbene Stülpkappe. Sobald der schwarze Deckel auf der Dose sitzt, schalten Sie das Raumlicht an. Versichern Sie sich aber vorher, dass der Klemmring fest schließt.
Bei Rollfilmen ist das Einspulen etwas fummliger. Der Film steckt nicht in einer Patrone, sondern ist auf eine Papierlage geklebt. Passen Sie auf, dass Sie tatsächlich den Film einspulen und nicht das Papier. Opfern Sie am besten einen unbelichteten Film zum Üben.
Entwicklung
Jetzt füllen Sie den temperierten Entwickler ein, setzen die Stülpkappe auf die Dose und starten dann erst den Timer. Sie klopfen die Dose einmal fest auf den Tisch – das löst Luftblasen, die am Film haften – und greifen Sie mit einer Hand unten, mit einer oben. Kippen Sie 30 Sekunden: Deckel nach oben, Deckel nach unten, Deckel nach oben, Deckel nach unten – und das langsam, gleichmäßig und ohne jede Hektik.
Dann stellen Sie die Dose hin. Die restliche Zeit kippen Sie zu jeder vollen Minute dreimal, dazwischen ruht die Dose – der erwähnte Ein-Minuten-Kipprhythmus. Es ist unwesentlich, ob Sie langsam oder schnell kippen. Tun Sie es immer in der gleichen Art und Weise, dann kommen Sie zu reproduzierbaren Ergebnissen.
15 Sekunden bevor die Entwicklungszeit um ist, nehmen Sie die Stülpkappe (nicht den Deckel) ab und leeren den Entwickler in eine Vorratsflasche. Dann lassen Sie die Dose zweimal mit Wasser volllaufen, kippen das Wasser in den Ausguss und füllen den Fixierer ein. Ein paarmal kippen, dann ruht die Dose für den Rest der Zeit.
Mit fünf Minuten Fixage liegen Sie bei frischem Fixierer immer auf der sicheren Seite. Um ganz sicher zu gehen, können Sie die unentwickelte Filmlasche, die Sie zum Einspulen abgeschnitten haben, zwischen Deckel und Stülpkappe mit in die Dose packen. Sie muss nach dem Fixieren glasklar sein; nur bei Tmax-Filmen von Kodak oder den Deltas von Ilford bleibt ein violetter Schleier zurück. Ist der Film noch milchig, müssen Sie länger fixieren. Anschließend kippen Sie den Fixierer in eine Vorratsflasche.
Zum Wässern schließen Sie eine Schnellwaschhilfe, wie Jobos Cascade, an Wasserhahn und Dose an. Halten Sie die Öffnung am Stutzen zu, um den Wasserdurchlauf zu regulieren. Öffnen Sie den Wasserhahn so weit, dass der Pegel in der Cascade zwischen den roten Eichstrichen steht. Wenn Sie ohne fließendes Wasser auskommen müssen, leeren Sie die Dose fünf Minten lang alle 30 Sekunden aus und füllen frisches Wasser ein. Nach fünf Minuten öffnen Sie die Dose und entnehmen die Spirale. Der nasse Film ist empfindlich gegen Kratzer, seien Sie also vorsichtig. Am besten, Sie öffnen die Spule, bevor Sie den Film entnehmen. Während des Wässerns setzen Sie das Netzmittelbad an und füllen es in eine Schale. Es sorgt dafür, dass beim Trocknen keine Wasser- oder Kalkflecken auf den Negativen entstehen. Packen Sie den Film an beiden Enden, ziehen ihn durch die Schale mit dem Netzmittelbad und entfernen dann die Flüssigkeitsreste.
Nehmen Sie keine Filmabstreifer, denn an deren Gummilippen setzen sich schnell Staubteilchen fest, die hässliche Kratzer hinterlassen. Stattdessen klemmen Sie den Film zwischen Zeige- und Mittelfinger der linken Hand und ziehen ihn mit der rechten langsam durch. Drücken Sie nur so fest gegen den Film, dass die Tropfen abperlen.
Trocknen
Zum Trocknen wird der Film an einem staubfreien Ort, etwa eine Duschkabine, zwischen zwei Filmklammern aufgehängt; die untere Klammer sollte schwerer sein. In 30 bis 60 Minuten ist der Film trocken. Wenn Sie es eilig haben, können Sie den Film in einer Trockenhilfe wie Drysonal von Tetenal baden, dann ist er in wenigen Minuten trocken. Trocknen Sie Filme nie mit dem Fön, denn so backen Sie Staub in der Schicht fest.
Den trockenen Film schneiden Sie in Streifen zu je sechs Aufnahmen und verstauen ihn in einer Archivhülle. Gewöhnen Sie sich an, Ih-
re Negative sorgfältig zu archivieren und nicht in einer alten Schuhkiste zu sammeln. Das hat nichts mit Zwanghaftigkeit zu tun, sondern schont die Negative und erleichtert Ihnen das Auffinden einzelner Bilder. Negative gehören in Negativhüllen, die es sowohl für Kleinbild- als auch für Rollfilme gibt. Eine Hülle im DIN-A4-Format schluckt einen ganzen Kleinbildfilm mit 36 Aufnahmen, als Archiv dient ein stabiler Leitz-Ordner. Drei verschiedene Hüllen-Typen sind im Handel erhältlich: ▫ Matte Hüllen aus Pergamin, die Negative atmen lassen. Sie reißen aber auch schnell ein und welche Negative darin stecken, lässt sich von außen nicht erkennen.
▫ Klarsichthüllen aus Acetat oder Polyetylen erlauben Kontaktkopien, ohne die Streifen heraus zu nehmen. Nachteil: Im Film enthaltene Feuchtigkeit wird eingesperrt.
▫ Kombihüllen, hinten matt und vorne klar, in denen die Motive gut sichtbar sind und die trotzdem Feuchtigkeitsreste entweichen lassen.