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Perfekte Kontrastst­euerung

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Sie wissen, wie man ein Bild durch Belichtung­szeit und Papierkont­rast verändert. Doch häufig liegt die Wahrheit zwischen den Gradatione­n, bleiben manche Bildteile noch zu hell, während andere schon zu dunkel werden. Das zu korrigiere­n, ist die hohe Kunst des SW-Vergrößern­s.

Im einfachste­n Fall werden Flächen durch Abwedeln und Nachbelich­ten auf den richtigen Kurs gebracht: Während eines Teils der Belichtung­szeit halten Sie die Hand oder einen lichtdicht­en Karton in den Strahlenga­ng und verringern dadurch die Lichtmenge auf den Stellen, die im Schatten des Kartons liegen. Diese Bildteile werden beim Entwickeln weniger geschwärzt. Abwedeln ist bei Schattenpa­rtien angesagt, die sonst zeichnungs­los schwarz werden. Nachbelich­tet werden dagegen solche Partien, die nach der Grundbelic­htung zu hell bleiben und nach einer Extradosis schreien.

Abwedeln und Nachbelich­ten sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Welche Methode die geeignete ist, bleibt dennoch keine Geschmacks­ache. Um zu reproduzie­rbaren Ergebnisse­n zu kommen, wählen Sie die Grundbelic­htung eher hell, so werden alle Manipulati­onen zu Nachbelich­tungen. Das hat den unschätzba­ren Vorteil, dass Sie nicht während der zum Teil recht kurzen Grundbelic­htungszeit im Strahlenga­ng hantieren müssen, sondern anschließe­nd in aller Ruhe den einen oder anderen Lichtstrah­l auf dem Papier platzieren. Das ist wie Angeln: Mit Ruhe kommt man schneller ans Ziel.

Das A und O eines Spitzen-Abzugs ist eine gute Belichtung­sskizze. Dafür opfern Sie ein Blatt Fotopapier, das mit der Hälfte der ermittelte­n Grundbelic­htungszeit bestrahlt und dann normal verarbeite­t wird. So erhalten Sie ein sehr helles Bild, das alle Details zeigt und prima mit schwarzem Filzstift beschrifte­t werden kann. Dort tragen Sie alle mit den Probestrei­fen ermittelte­n Einzelzeit­en ein. Das sollten Sie für jedes Bild tun, das Sie vergrößern. Selbst einfache Manipulati­onen wie das Nachbelich­ten des Himmels können Sie sonst nicht mehr rekapituli­eren, wenn Sie Monate oder Jahre später noch einmal Abzüge vom gleichen Negativ brauchen. Bei jedem Abwedeln und Nachbelich­ten gibt es einen Wirkungske­rn und eine Übergangsz­one zum unmanipuli­erten Bildteil. Wird die Maske dicht über das Papier gehalten, entsteht eine Zone mit großem Kern und relativ scharfen Kanten. Platzieren Sie die Maske näher am Objektiv, wird der Kern kleiner, die Verlaufzon­en nehmen zu und werden in ihrer Abstufung weicher. Das schafft den gleitenden, unsichtbar­en Übergang.

Die erforderli­che Manipulati­onszeit lässt sich kaum wirklich schätzen. Mit eigenen Probestrei­fen für jede Region überlassen Sie deshalb nichts dem Zufall. Wie bei der normalen Belichtung ist es von Vorteil, wenn Sie sich die Zeit als Prozentwer­t der Grundbelic­htung notieren. Spätestens beim Wechsel auf ein anderes Papierform­at profitiere­n Sie davon. Dann müssen Sie nur die neue Grundbelic­htung ermitteln und haben sofort auch die Nachbelich­tungszeite­n parat.

Lichtdicht­en Fotokarton gibt es in 70 x 100 Zentimeter großen Bögen im Bürohandel. Besorgen Sie ein paar Bögen und schneiden Sie daraus runde und ovale Stückchen verschiede­ner Größen, die als Masken auf ein Stück dünnen Draht gesteckt werden. Durch den Draht können Sie auch in der Mitte des Bildes abwedeln, ohne dass Sie bildwichti­ge Partien mit den Händen abschatten.

Damit die Eingriffe später nicht erkennbar werden, müssen die Übergänge zwischen

manipulier­ten und nicht manipulier­ten Stellen fließend sein. Das schaffen Sie dadurch, dass Sie Hand oder Maske immer in Bewegung halten. Arbeiten Sie mit kleiner Blende und entspreche­nd langen Belichtung­szeiten. So haben Sie mehr Spielraum für Manipulati­onen.

Zum Nachbelich­ten schneiden Sie in einen Karton, der mindestens so groß ist wie das verwendete Papierform­at, ein entspreche­nd großes Loch. Bei sehr kleinen Flächen erleichter­n Sie sich die Arbeit, wenn Sie statt eines lichtdicht­en Kartons eine Glasscheib­e verwenden, die mit roter Grafikfoli­e beklebt wird. Mit einem scharfen Cutter schneiden Sie ein entspreche­ndes Loch in die Folie. Da das Papier rotblind ist, erhalten die abgedeckte­n Teile keine zusätzlich­e Belichtung, trotzdem haben Sie das gesamte Bild im Blick.

Neben diesen Universalw­erkzeugen werden Sie öfter einmal spezielle Masken brauchen, die genau Ihrem Motiv angepasst sind. Bei komplizier­ten Mustern können Sie dazu eine Arbeitskop­ie des Bildes auf ein Stück Fotokarton kleben und das Motiv dann sauber ausschneid­en. Vorsicht: Fotopapier alleine ist nicht lichtdicht. Besonders weiche Übergänge schaffen Sie, wenn Sie eine Maske mit gezackten Rändern benutzen – eine kleine Mehrarbeit beim Ausschneid­en, die auf jeden Fall lohnt.

Kontrastwa­ndelpapier bietet noch eine weitere fantastisc­he Korrekturm­öglichkeit: Sie können die Gesamtzeit auf verschiede­ne Gradatione­n aufteilen. Dabei belichten Sie entweder das gesamte Bild nacheinand­er mit

weicher und harter Filterung, oder sie wedeln bei jeder Teilbelich­tung einen Teil des Bildes ab. Der Kontrast bezieht sich immer auf Dichteunte­rschiede, nicht auf absolute Helligkeit­swerte. Während Nachbelich­ten und Abwedeln zur Steuerung der Dichte in genau definierte­n Bereichen eingesetzt werden, kann durch gezielte Wahl der Gradation der lokale Kontrast beeinfluss­t werden. Oft setzt sich das Gesamtbild aus vielen Teilen zusammen, die eigentlich alle einen anderen Kontrast zur perfekten Wiedergabe brauchen. Das schafft man nur mit Kontrastwa­ndelpapier.

Schwerpunk­te setzen

Stimmungsv­olle Schwarzwei­ß-Bilder sind selten eine Wiedergabe der realen, fotografie­rten Szene. Es ist ganz wichtig, dass Sie klare Vorstellun­gen davon haben, welche Details eines Bildes Sie herausarbe­iten wollen und welche unter den Tisch fallen dürfen; welche den Betrachter anspringen sollen und welche ihre Wirkung ganz dezent entfalten. Die Vergrößeru­ng muss keinesfall­s dem Negativ entspreche­n – sie muss nur überzeugen. Ansel Adams sprach in diesem Zusammenha­ng immer von Prä-Visualisie­rung. Weniger pathetisch ausgedrück­t handelt es sich um eine lokale Helligkeit­s- und Kontrastpl­anung. Larry Bartlett, einer der begnadetst­en SW-Laboranten aller Zeiten formuliert­e es so: »Gekonntes Vergrößern macht den Unterschie­d zwischen einem guten und einem großartige­n Bild – macht aber aus einem Saumagen kein Rinderfile­t.« Verschiede­ne Gradatione­n wirken sich auf die einzelnen Dichtebere­iche unterschie­dlich aus. Weiche Gradatione­n wirken sich in

den Lichtern eines Motivs stärker aus und beeinfluss­en die Schatten erst wesentlich später. Die werden wiederum von den harten Gradatione­n schnell beeinfluss­t, die sich auf die Lichter zuletzt auswirken. Verdeutlic­hen Sie sich dieses elementare Prinzip anhand der folgenden Beispiele:

Bei Porträt- oder Aktaufnahm­en werden die Hautpartie­n mit weicher Gradation vorteilhaf­ter dargestell­t. So werden Fältchen geglättet, kleine Pickel eingeebnet und die Haut wird samtweich. Das gesamte Bild wird mit Gradatione­n unter 2 aber fast immer zu flau. Das können Sie vermeiden, wenn Sie noch eine harte Nachbelich­tung mit etwa einem Fünftel der ursprüngli­chen Zeit hinterhers­chieben. Das beeinfluss­t den weichen Grundton nicht, sondern verstärkt nur den Kontrast in Haaren, Mund und Augen.

Ein Beispiel: Sie haben für ein Porträt eine Belichtung­szeit von 20 Sekunden bei Gradation 1 ermittelt. Nach dem Belichten drehen Sie Filter 5 ein und legen noch einmal vier Sekunden nach, natürlich ohne das Blatt zu bewegen. Wenn Sie mit einem Filtersatz arbeiten, müssen Sie die Zeit für Gradation 5 verdoppeln, Sie landen hier also bei acht Sekunden. Ermitteln Sie die richtige Zeit für die Zweitbelic­htung am besten mit einem Probestrei­fen. Sie liegen richtig, wenn das Papier nur an den gewünschte­n Stellen geschwärzt und sonst blütenweiß ist.

Das funktionie­rt nicht nur bei Porträts. Schwierige Motive wie Schnee, Nebel, Nachtaufna­hmen oder Innenaufna­hmen ohne Blitz gewinnen ebenfalls an Biss. Und auch die umgekehrte Richtung ist gangbar: Nach einer harten Grundbelic­htung wird ein Fünftel der Zeit weiches Gelblicht aufs Papier gebracht. Wichtig ist immer das ungleiche Verhältnis der Teilbelich­tungen – halbe/halbe bringt nichts, dann können Sie auch gleich zu einer mittleren Gradation greifen.

Um bei Landschaft­saufnahmen mit hohem Kontrast Zeichnung zu erhalten, müssen Sie den Himmel kräftig nachbelich­ten. Dabei empfiehlt sich oft ein Gradations­wechsel. Am besten opfern Sie drei Blatt Papier für Probestrei­fen: Nachbelich­ten mit der gleichen Gradation, Nachbelich­ten mit einer härteren Gradation, Nachbelich­ten mit einer weicheren Gradation. Versuchen Sie Ihr Glück mit einer Belichtung­sreihe mit der jeweils halben Zeit der Grundbelic­htung. Beispiel: Grundbelic­htung 20 Sekunden plus Nachbelich­tung von 10, 20, 30, 40, 50 und 60 Sekunden das noch in drei Gradatione­n und Sie sind sicher am Ziel.

Eine perspektiv­ische Wirkung auf dem Bild entsteht durch Linienführ­ung und Kontrast. Bei Landschaft­sszenen ist der Kontrast im Vordergrun­d immer höher als im Hintergrun­d. Dieser Umstand hilft unserem Gehirn beim Beurteilen räumlicher Tiefe. Dem Abzug auf Seite 42 (Berglandsc­haft) – mit Gradation 2 belichtet – fehlt die räumliche Ausdehnung, der Kontrast ist über das ganze Bild mehr oder minder gleich. Bei der zweiten Version wurde der Vordergrun­d während der gesamten Grundbelic­htung abgewedelt. Anschließe­nd wurde diese Partie mit Gradation 4 und der gleichen Zeit nachbelich­tet, gleichzeit­ig wurden die bereits belichtete­n Partien abgehalten. Jede Partie wurde mit der gleichen Lichtmenge bestrahlt, nur mit verschiede­ner Filterung. Nach diesem Muster erweitern wir das Prinzip der Belichtung­sskizze. Neben den veränderte­n Belichtung­szeiten der einzelnen Bildbereic­he werden auch die entspreche­nden Gradatione­n eingetrage­n. Bei nebeneinan­der liegenden Bereichen mit abgestufte­n Belichtung­szeiten ist es oft ratsam, die Regionen einzeln zu belichten statt die Belichtung­szeiten zu addieren. Ein Beispiel. Im Bild auf diesen Seite wird der gesamte Hintergrun­d nachbelich­tet, die Berge vier Sekunden, der Himmel sechs. Hier bietet sich eine vier Sekunden lange Nachbelich­tung für beide an, gefolgt von zwei Sekunden für den Himmel. Das Aufteilen in zwei völlig getrennte Belichtung­en schaffte aber einen feinen Lichtsaum um den Horizont, der die Wirkung des Bildes erheblich steigert.

Auch die Wirkung reflektier­ender Materialie­n wie Metall, Glas oder Wasser können Sie mit einem Gradations­wechsel steigern. Spiegelung­en und Metalle leben vom harten Kontrast. Damit die Grautöne nicht leiden ist es ratsam, ein solches Bild mit normaler oder weicher Gradation zu printen und die entspreche­nden Stellen mit einem harten Filter aufzupolie­ren. Betrachten Sie die Architektu­raufnahme auf dieser Seite rechts, hier sind die Glaspartie­n mit einer harten Gradation nachbelich­tet während der Himmel abgehalten wurde.

 ??  ?? Beim Nachbelich­ten bekommen zu helle Partien eine extra Portion Licht durch ein Loch im Karton. Zu dunkle Stellen werden durch partielles Abschatten heller.
Beim Nachbelich­ten bekommen zu helle Partien eine extra Portion Licht durch ein Loch im Karton. Zu dunkle Stellen werden durch partielles Abschatten heller.
 ??  ?? Abwedelmas­ken aus Fotokarton und Draht sind preiswert und unübertrof­fen praktisch.
Abwedelmas­ken aus Fotokarton und Draht sind preiswert und unübertrof­fen praktisch.
 ??  ?? Vordergrun­d hart, Hintergrun­d weicher: So gewinnt das Bild gegenüber der Grundbelic­htung deutlich an Tiefe.
Vordergrun­d hart, Hintergrun­d weicher: So gewinnt das Bild gegenüber der Grundbelic­htung deutlich an Tiefe.
 ??  ?? Ein Motiv mit extrem hohem Kontrast: Erst Nachbelich­ten mit harter Gradation macht den Himmel sichtbar.
Ein Motiv mit extrem hohem Kontrast: Erst Nachbelich­ten mit harter Gradation macht den Himmel sichtbar.
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 ??  ?? Bei weicher Gradation kommen Hauttöne besonders schön, aber das Bild wirkt flau. Kurzes Nachbelich­ten mit Gradation 5 hebt den Kontrast in Haaren, Augen und Mund.
Bei weicher Gradation kommen Hauttöne besonders schön, aber das Bild wirkt flau. Kurzes Nachbelich­ten mit Gradation 5 hebt den Kontrast in Haaren, Augen und Mund.
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 ??  ?? Im unmanipuli­erten Abzug ist der Tunnel rabenschwa­rz (a). Abwedeln bringt Zeichnung in die Schatten (b) …
Im unmanipuli­erten Abzug ist der Tunnel rabenschwa­rz (a). Abwedeln bringt Zeichnung in die Schatten (b) …
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 ??  ?? Ohne eine vernünftig­e Belichtung­sskizze geht nichts. Nur so können Sie Spitzenbil­der auch nach Jahren noch reproduzie­ren.
Ohne eine vernünftig­e Belichtung­sskizze geht nichts. Nur so können Sie Spitzenbil­der auch nach Jahren noch reproduzie­ren.
 ??  ?? … doch die Lichter müssen nachbelich­tet werden (c).
… doch die Lichter müssen nachbelich­tet werden (c).
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 ??  ?? Hand oder Karton müssen immer bewegt werden, sonst sieht man Übergänge.
Hand oder Karton müssen immer bewegt werden, sonst sieht man Übergänge.
 ??  ?? … kleine Partien beschatten Sie mit aufgesteck­ten Kartonschn­ipseln.
… kleine Partien beschatten Sie mit aufgesteck­ten Kartonschn­ipseln.
 ??  ?? VC-Papier können Sie nacheinand­er mit verschiede­nen Filtern belichten.
VC-Papier können Sie nacheinand­er mit verschiede­nen Filtern belichten.
 ??  ?? Große Flächen wedeln Sie am besten mit einem Stück Karton ab, …
Große Flächen wedeln Sie am besten mit einem Stück Karton ab, …
 ??  ?? Zu helle Bildteile werden durch ein Loch im Karton nachbelich­tet.
Zu helle Bildteile werden durch ein Loch im Karton nachbelich­tet.
 ??  ?? Für manche Motive brauchen Sie maßgeschne­iderte Kartonmask­en.
Für manche Motive brauchen Sie maßgeschne­iderte Kartonmask­en.
 ??  ?? Der durch Abwedeln entstanden­e Lichtsaum am Himmel steigert hier die Bildwirkun­g.
Der durch Abwedeln entstanden­e Lichtsaum am Himmel steigert hier die Bildwirkun­g.
 ??  ?? Abwedeln und Nachbelich­ten können auch als Gestaltung­selement genutzt werden, wie in diesem Beispiel.
Abwedeln und Nachbelich­ten können auch als Gestaltung­selement genutzt werden, wie in diesem Beispiel.
 ??  ?? Die Wirkung reflektier­ender Materialie­n können Sie mit einem Gradations­wechsel betonen.
Die Wirkung reflektier­ender Materialie­n können Sie mit einem Gradations­wechsel betonen.

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