Fujifilm X-Pro3
Was kann die Neue besser als ihre Vorgängerin, die X-Pro2?
Mit der X-Pro1 hat Fujifilm die Erfolgsgeschichte der X-Serie 2012 so richtig angeschoben. In der X-Pro3 arbeiten nun 26 statt der damals üblichen 16 Megapixel, und auch vieles andere vom Autofokus bis zur Videofunktion wurde optimiert. Geblieben ist als absolutes Alleinstellungsmerkmal der – natürlich ebenfalls überarbeitete – Hybridsucher mit einem wahlweise digitalen oder optischen Sucherbild. Im kompakten Gehäuse ohne SLRKnubbel arbeitet nun der aus der X-T3 bekannte BSI-Sensor X-Trans CMOS 4 im APS-C-Format mit 26 statt bisher 24 Megapixeln. Die Signalverarbeitung übernimmt der X-Prozessor 4 mit vier CPUs. Die müssen auch ran beim verbesserten Autofokus ab -6EV, den diversen, teils neuen Multi-Shot-Funktionen, dem optimierten OLED-Sucher und der neuen Filmsimulation „Classic Neg“. Videos filmt die X-Pro3 jetzt bis zu 4K mit maximal 30 Vollbildern/s. Die schwarz lackierte Fujifilm X-Pro3 kostet knapp 1900 Euro. Für den Body in den Varianten „Dura“in Schwarz oder Silber mit der vom Uhrenhersteller Citizen entwickelten Oberflächenhärtung Duratect veranschlagt Fujifilm knapp 2100 Euro.
Body, Ausstattung, Bedienung
Die Gehäuseabmessungen und das Gewicht sind gegenüber der X-Pro2 praktisch unverändert. Im Inneren des mit über 70 Dichtungen staub- und spritzwasserfesten, robusten Gehäuses mit Top- und Bodenkappe aus Titan steckt ein Kern aus Magnesiumlegierung. Um Unterschiede zur X-Pro2 zu finden, muss man vorn vorne und oben zweimal hinschauen. Das Bedienkonzept ist mit Einstellrädern und Tasten im Wesentlichen unverändert. Wer andere X-Kameras kennt, kennt auch die X-Pro3. Trotz der Funktionsvielfalt zählt die X-Pro3 bei der Menügestaltung zu den übersichtlicheren Kameras. Änderungen gebenüber der X-Pro2 zeigen sich vor allem auf der Rückseite. Die Vier-Richtungswippe ist verschwunden. Stattdessen kommt die X-Pro3 mit einem figelinschen (wie man in Hamburg
sagt), also einem recht filigranen, Joystick daher, der die meisten Aufgaben der Wippe übernimmt. Gerade der Autofokus lässt sich damit deutlich schneller und genauer positionieren. Und wo bei den Fujifilm-Kameras bislang der LCD-Monitor war, sieht man bei der X-Pro3 eine schwarze Klappe mit einem integrierten LCD-Feld. Das arbeitet mit 176x176 Pixeln im Briefmarkenformat und zeigt wahlweise symbolisch die gewählte Filmsimulation oder aber die wichtigsten Aufnahmeparameter an, beides allerdings nicht besonders hell. Die Klappe selbst lässt sich an einer kleinen Griffnase links oben herunterklappen, und dann wird der LCD-Monitor sichtbar. Es handelt sich um einen Touchscreen wie bei der X-T3, und er erlaubt Touch-AF bis hin zur Auslösung. Außerdem kann der Fotograf vier Wischbewegungen als Quasi-Funktionstasten definieren. Im konfigurierbaren Quick-Menü mit 4, 8, 12 oder 16 Funktionsfeldern lässt sich mit Touch-Bedienung arbeiten, im Hauptmenü dagegen nur mit Joystick und Rädern. Bei der Wiedergabe ist das Blättern in den gespeicherten Bildern oder das Hineinzoomen möglich, beim Filmen ist die Touchscreen-Steuerung verfügbar, um störende Bedienungsgeräusche zu vermeiden. In der X-Pro3 entsprechen beide SDKarten-Steckplätze dem UHS-II-Standard. Für die Fernbedienung und die Bildübertragung zwischen Kamera und Smartphone stehen WLAN und Bluetooth 4.2. bereit. Weggefallen sind die bisher eingebauten USB- und HDMIBuchsen. Stattdessen bietet die X-Pro3 einen schnellen (5 GB/s) USB -3.1-Anschluss des Typs C. Über ihn kann auch der Akku in der Kamera geladen werden. Unverständlich ist, dass Fujifilm in dieser Preisklasse kein separates Ladegerät
beilegt. Einen Blitz hat die X-Pro auch in Version 3 nicht.
Sucher und Monitor
Wie in der X-Pro2 hat der LCD-Monitor eine Diagonale von 3 Zoll und eine Auflösung von 540 000 RGB-Pixeln. Die X-T3 bietet nur 346 666 RGB-Bildpunkte. Der LCD-Monitor lässt sich nur aufgeklappt einsetzen. Das ist gewöhnungsbedürftig und auf Dauer lästig, besonders wenn man die TouchscreenFunktionen nutzen will. Er lässt sich um maximal 180° nach unten klappen und hat eine Rastung bei 90°, sodass man ihn quasi wie einen Lichtschachtsucher aus analogen Zeiten benutzen kann. Wie bisher kann der Fotograf bei der X-Pro zwischen optischem und elektronischem Sucherbild wechseln. Das optische kennt kein Flackern und verbraucht kaum Strom, das digitale macht Dinge wie Weißabgleich, Helligkeit oder Schärfeebene sichtbar. Das OLED-Display des Hybridsuchers bietet jetzt eine um 60 Prozent höhere Auflösung von 1,23 Megapixeln und eine Wiedergabe von 97% des sRGBFarbraums in einem sehr kontrastreichen und gut zu überblickenden Bild. Auch die Suchervergrößerung steigt von 0,59x auf 0,66x. Eine höhere Bildwiederholrate lässt das Flackern etwa bei LED-Beleuchtung verschwinden. Im optischen Sucher mit 0,52-facher Vergrößerung zeigen Leuchtrahmen beim Zoomen das Bildfeld stufenlos an. Auf Wunsch hilft die Einblendung des EVF-Sucherbildes in der unteren rechten Ecke bei der Fokuskontrolle. Das stört nicht weiter, da dort ohnehin einige größere Objektive ins optische
Sucherbild ragen. Der „Sportsucher“Modus mit 1,25-Cropfaktor und auf 4992 x 3328 Pixel reduzierter Auflösung für bis zu 30B/s funktioniert nur mit dem mechanischen Verschluss.
Autofokus und Belichtung
Der neue Sensor beschert der X-Pro3 das Hybrid-AF-System mit Phasenund Kontrast-AF der X-T3. Der AF arbeitet im Mehrfeld-Modus wahlweise mit 117 oder 425 AF-Feldern und einer Bildfeldabdeckung von 91 % der Sensorbreite und 94,5 % seiner Höhe. Der Lowlight-AF funktioniert bis zu -6EV. Ob mit Phasen- oder Kontrast-AF gearbeitet wird, entscheidet die X-Pro3 automatisch. Neben der automatischen AF-Messpunktwahl und einem Spot-AF mit variabler Größe stehen AF-Messzonen mit Gruppen von 9, 25 oder 49 Feldern zur Wahl. Für AF-S bietet die X-Pro3 noch die Option „Weit“, für AF-C „Verfolgung“. Beides ist für Motive gedacht, die sich durch einen größeren Bereich im Bild bewegen. Die Gesichtserkennung mit Augen-AF erlaubt auf Wunsch die Fokuspriorität auf das rechte oder das linke Auge. Eine Pre-AF-Option sorgt durch permanente Vorfokussierung für die schnellstmögliche Aufnahmebereitschaft. Mit einer Auslöseverzögerung inklusive AF-Zeit von 0,4/0,4 s bei 300/30 Lux war die X-Pro3 im Labor ebenso schnell wie die X-T3, die X-Pro2 agierte mit 0,34/0,39 s noch einen Tick schneller. Der mechanische Verschluss bietet Belichtungszeiten von 1/8000 bis 30s; die elektronische Variante arbeitet völlig lautlos bis zu 1/32 000 s. Beide Verschlussarten können einzeln oder kombiniert genutzt werden. Wie schon die X-T3 beherrscht auch die X-Pro3 mit elektronischem Verschluss maximal 20 B/s, mit mechanischem Verschluss sind es 11 B/s. Die elektronische Variante ermöglicht im Sport-Modus mit einer Auflösung von 16 Megapixeln sogar Serien mit 30 B/s. Bei der Belichtungsmessung stehen die Modi Mehrfeld, Mitte, Spot und Integral zur Wahl. Die „Drive“-Taste neben dem Suchereinblick bringt zehn Funktionen zum Vorschein, darunter sieben Bracketing-Varianten und viele digitale Filtereffekte sowie – das ist neu – „HDR“. Im HDR-Modus macht die X-Pro3 mit jedem Auslösen drei Aufnahmen mit unterschiedlichen Belichtungen und
kombiniert sie zu einem einzigen Bild, allerdings mit minimalem Beschnitt an den Rändern. Vier Mehrfachbelichtungs-Modi erlauben unterschiedlich gewichtete Kombinationen von bis zu neun Einzelbildern. Neu im Belichtungs-Menü sind die Optionen „Farbe Chromeffekt“und „Farbe Chrom FX Blau“. Fujifilm verspricht stärker gesättigte und tiefere Farbtöne. Der Effekt fällt aber deutlich schwächer aus als zum Beispiel die Unterschiede zwischen den diversen Filmsimulationen. In den Modi „SW“und „Acros“kann die MonochromTönung individuell variiert werden, zum Beispiel hin zu einem kühleren, wärmeren oder auch grünlicheren Grundton. Die Einstellung „Klarheit“, ergänzend zu Farbe, Schärfe und Rauschen, beeinflusst Texturen und Konturen des Motivs, ähnlich wie die gleichnamigen Regler in Bildbearbeitungsprogrammen. Die Lichter-/Schattenkorrektur ist jetzt in einer Tonwertkurven-Einstellung grafisch zusammengefasst. So muss man nicht immer wieder neu darüber nachdenken, ob etwa +2 für die Schatten diese nun tiefer schwarz oder in der Abstufung differenzierter macht. Ein deutlicher Fortschritt der X-Pro3 gegenüber dem Vorgängermodell ist die 4K-Videofunktion, auch wenn der X-Pro3 manche Videofeatures der X-T3 fehlen, darunter 400 Mbit/s und 10-BitAufnahme.
Bildqualität
Von der X-T3 unterscheidet sich die X-Pro3 erwartbar wenig, aber auch das 24-MP-Modell X-Pro2 kann trotz 2 MP weniger weiter mithalten. Die X-Pro3 liefert maximal 2231LP/BH, die X-T3 2246LP/BH, doch die 2104LP/BH der X-Pro2 sind kein Grund, die Kamera aufs Altenteil zu schicken. Bei den Dead-Leaves-Werten z.B. bei ISO 400 liegen die 1165 LP/BH der X-Pro2 über den Werten der X-Pro3 (1041LP/BH) und der X-T3 (1067 LP/BH) – in Summe also ein Topergebnis. Bei steigender ISO-Empfindlichkeit sinken die DeadLeaves-Werte jedoch: Bei ISO 800 sind es noch 997LP/BH, bei ISO1600 850 LP/BH und nur noch 600 LP/BH bei ISO 3200. Das Rauschen beginnt bei X-Pro3 und X-T3 mit ihrem BSI-Sensor mit einem VN-Wert von 1,1, der von der X-Pro2 mit 0,9 noch getoppt wird. Bis ISO 3200 bleibt das Rauschen mit Werten unter 2 bei allen Dreien sehr moderat. Typisch für Fujifilm ist die ausgeprägte Kantenaufsteilung der X-Pro3, vor allem bei niedrigen ISO-Werten und höherem Kontrast. Andererseits zeigen sich bei den höheren Empfindlichkeiten über ISO3200 in kontrastarmen Bereichen die kräftigsten Artefakte. Die gerade bei niedrigen ISO-Stufen recht aggressive Signalverarbeitung macht bei kritischen Motiven wie Porträts einen Wechsel zum RAW-Format sinnvoll – ein Test folgt im nächsten Heft.
Horst Gottfried