Mit Periskop
Das Huawei P30 Pro zieht die Aufmerksamkeit mit gleich zwei Innovationen auf sich: Das Tele reicht bis 125 mm, und die Hauptkamera nutzt einen BayerSensor mit den Farben Rot, Gelb und Blau. Wir testen, wie sich das neue Topmodell in der Praxis bewährt.
Huawei tritt bei der Vorstellung des P30 Pro gewohnt selbstsicher auf. Kein Wunder, schließlich steckt in dem Topmodell hochwertige und zum Teil innovative Hardware: drei Kameras, ein Sensor mit 40MP, 125mm als längste Brennweite und eine neue Filterfarbe auf dem Hauptsensor für höhere Empfindlichkeit. Das P30 Pro ist etwas länger als das P20 Pro, denn das OLED-Display ist jetzt mit 2340 x1080 Pixeln bestückt und hat eine Diagonale von 6,47 Zoll. Auffällige Farben und glatte Oberflächen gehören bei Huawei zum Konzept - eine rauere Oberfläche würde die Sicherheit bei der täglichen Handhabung erhöhen.
Als Schaltzentrale dient der Kirin980-Prozessor mit 8 GB RAM. Das P30 Pro wird mit 128 (ab 630 Euro) oder mit 256 GB (ab 800 Euro) ausgeliefert. Der interne Speicher lässt sich per Nanocard erweitern. Das Gehäuse ist staub- und spritzwasserdicht nach IP68-Standard. Der Akku mit 4200mAh ist genauso groß wie im Mate 20 Pro, als Betriebssystem arbeitet im P30 Pro Android 9.
Kameraausstattung
Huawei stattet das P30 Pro mit drei Leica-Kameras aus. Alle drei Module können im RAW-Format aufnehmen. Die Hauptoptik setzt weiterhin auf einen 1/1,7 Zoll großen Sensor mit einer Auflösung von 40 MP und einem speziellen Farbfilterlayout mit Clustern aus 2 x 2-Pixeln für jede Farbe. Der Pixelpitch beträgt 1,01 µm. Neu ist die Zusammensetzung des Farbfilters: Das P30 Pro arbeitet mit
Rot, Gelb und Blau statt mit Rot, Grün und Blau, die in Sensoren mit konventionellen Bayer-Filtern im Einsatz sind. Die neue Farbkombination soll die Lichtempfindlichkeit des Sensors erhöhen. Mit f1,6/5,56 mm (27 mm KB) hat die Optik zudem eine größere Blendenöffnung als das P20 Pro und ist bildstabilisiert.
Im zweiten Modul, der Ultraweitwinkelkamera mit f2,2/2,34 mm (16mmKB) steckt ein 20-MegapixelSensor mit konventioneller Farbbelegung. Dieses Modul kommt ohne Bildstabilisator aus.
Die dritte Einheit enthält wiederum eine Besonderheit – eine Optik mit f3,4/14,46 mm, also mit satten 125mm (KB)! Dieses Tele ist wegen der Gerätetiefe liegend im Gehäuse eingebaut. Das Licht wird über ein Prisma umgelenkt, und das Objektiv ist mit einem Bildstabilisator ausgestattet. Der Sensor ist 1/4-Zoll groß und löst mit 8 Megapixeln auf. Neben den drei Fotokameras findet sich auf der Rückseite des P30 Pro ein ToF-Sensor. Als Frontkamera dient ein 32-MP-Modul mit 2/3,36 mm (17,8 mm (KB)) .
Der Autofokus
Das P30 Pro fokussiert mit Phasenmessung und Laser-AF. Im Pro-Modus hat der Fotograf die Wahl zwischen AF-C, AF-S und MF. Eine Trennung der Messpunkte für Fokus und Belichtung ist sowohl im Pro- als auch im Foto-Modus möglich. Gesichter werden schnell erkannt – allerdings markiert das P30 Pro immer nur eine Person. Unbelebte Objekte wie Autos lassen sich nicht verfolgen, Gesichter hingegen schon. Die Geschwindigkeit der Fokussierung unterscheidet sich von Modul zu
Modul. Bei der Telekamera fielen uns hin und wieder recht lange AF-Zeiten auf. Dafür gibt es zwei Gründe: Generell ist es schwieriger, mit einer längeren Brennweite scharfzustellen, und dauert darum länger. In manchen Situationen wählt die App die Kamera (Fotomodus) selbstständig und wechselt dann oft ohne Vorwarnung von der Tele- zur Hauptkamera – z. B. bei zu kurzen Aufnahmeabständen oder in Situationen, in denen das Licht schwach ist. Das Umschalten kostet dann wieder Zeit, und die digitalen 10-fach-Zooms fokussieren ohnehin langsamer. Die AF-Präzision der Teleaufnahmen ist zudem kleiner als bei der Hauptoptik.
Die Huawei-Foto-App
Auch wenn das Icon für die KameraApp neu ist, sind ihr Aufbau und die Funktionalität weitestgehend mit der Bedienung des P20 Pro und des Mate 20 Pro vergleichbar.
Die App bietet sehr viele Aufnahmeprogramme. Die wesentlichen sind Pro-, Foto, Porträt, Blende, Nacht, HDR, Monochrom und Video. Sehr schön: Die App merkt sich, in welchem Modus und mit welchen Einstellungen (bis auf die Zoomstufe) zuletzt fotografiert wurde und ruft sie beim nächsten Start wieder auf. Erfahrenen Fotografen empfehlen wir den Pro-Modus, der viele Einstellmöglichkeiten bereithält und die Bilder im DNG-Format speichert.
Pro-Modus
Im Pro-Modus kann man Belichtungsmessmethode, ISO-Empfindlichkeit, Belichtungszeit, Belichtungskorrektur, AF-Modus (AF-S, AF-C,
MF) und Weißabgleich einstellen. Zudem werden Symbole für Unterbelichtung sowie RAW eingeblendet. Wer mag, kann die Belichtung also manuell steuern oder den ISO/ZeitShift wählen.
Ist RAW aktiv, so kann der Nutzer die passende Kamera über das ZoomIcon auswählen: „Weit“steht für Ultraweitwinkel (16 mm), „1x“für die Hauptkamera (27mm) und „5x“für die Telebrennweite. Die Auflösung kann herabgesetzt werden – davon ausgenommen sind jedoch RAWs. Sie werden immer mit der maximalen Auflösung aufgenommen.
Wenn RAW nicht aktiviert und die Auflösung auf 40MP eingestellt ist, kann man nur noch mit der Hauptkamera fotografieren und nicht mehr digital zoomen. Ohne RAW und ohne 40-MP-Auflösung stehen Zoomstufen bis 50-fach zur Verfügung, wobei ab 5-fach das Digitalzoom zu arbeiten beginnt. Aber Vorsicht: Solange als Bildformat nur JPEG ausgewählt ist, entscheidet das P30 Pro selbst, welche Kamera wirklich aktiv ist. Für Fotos aus kurzer Distanz oder bei Dunkelheit nimmt es dann gerne die 27-mm-Kamera.
Wir empfehlen darum, im Pro-Modus mit aktiviertem DNG zu fotografieren, auch wenn Sie nur die JPEGs nutzen. So können Sie selber bestimmen, welche Kamera arbeitet, und erhalten von jeder Kamera JPEGs mit maximaler Auflösung. In allen anderen Konfigurationen müssen Sie die Auflösung der Hauptkamera manuell auf 40MP einstellen und zum Zoomen wieder reduzieren.
Im Fotomodus lassen sich Belichtungskorrektur und die Messpunkte für Schärfe und Belichtung anpassen. Den Rest erledigt die Automatik.
Bildqualität
Hauptkamera (RAW und JPEG)
Mit der neuen Farbbelegung verspricht Huawei eine höhere Lichtausbeute. Dazu kommt eine lichtstärkere Optik mit f1,6 statt f1,8 wie beim P20 Pro. Im Vergleich zum P20 Pro sehen wir ein Plus. So ist bei gutem Licht die Abbildungsleistung des P30 Pro höher, der Sprung allerdings nicht gewaltig. Dazu kommt ein Problem mit Rottönen: Mit den neuen Farbfiltern stellte das von uns genutzte Lightroom in den DNGs Rot teils verfälscht dar. Während die interne JPEG-Verarbeitung die Farben im Griff hat, muss man DNGs händisch korrigieren. Ein Update sollte das Problem aber lösen. Bei schwachem Licht baut das P30 Pro natürlich ab, schneidet dennoch besser ab als der Vorgänger und das Pixel 3XL mit seiner effizienten Signalverarbeitung. Insgesamt liefert die Hauptoptik die derzeit besten DNGs aller von uns getesteten Smartphones.
Die JPEGs der Hauptkamera sind im Pro-Modus gut abgestimmt: Die Signalverarbeitung ist sauber dosiert und wandelt auch die Farben gut um. Tele (RAW und JPEG) Mit 125 mm bietet die Telekamera des P30 Pro die längste Brennweite unter den Smartphones. Der „Zoom“-Faktor ist beachtlich. Leider gehen damit aber auch einige Herausforderungen einher. Zum einen ist das die geringe Lichtstärke von nur f3,4. Trotz des Bildstabilisators wirken vergleichsweise viele Aufnahmen leicht verwischt. Mit abnehmendem Licht sinkt die Abbildungsleistung, während das Rauschen weiter steigt. Wenn alle Faktoren stimmen und vor allem genug Licht vorhanden ist, trumpft das Tele richtig auf. Die Optik holt Motive nah ran und kann so Details abbilden, die selbst die Hauptoptik wegen des größeren Bildwinkels nicht einfängt. Positiv ist auch die JPEG-Verarbeitung zu erwähnen: Die üblichen Optimierungen fallen zurückhaltend aus, und der Bildeindruck ist gut.
Leider liefert das Tele einen weiteren Bug, den Huawei hoffentlich bald per Update beseitigt: Nur in seltenen Ausnahmen, aber mit zwei verschiedenen Modellen, erhielten wir deutlich überbelichtete Teleaufnahmen. Dieser Fehler tritt nur in Verbindung mit RAW auf. Dagegen hilft nur die Belichtungskorrektur oder ein Neustart der App.
Ultraweitwinkel (RAW und JPEG) Wie beim Mate 20 Pro ist das Ultraweitwinkel des P30 Pro den beiden anderen Modulen qualitativ unterlegen. Doch die Abbildung ist generell besser als beim Mate 20 Pro. Die DNGs bilden Details noch gut ab, wenn das Licht bei der Aufnahme gestimmt hat. Doch auch sie kämpfen bereits mit sichtbarem Rauschen. JPEGs lösen dieses Problem durch großflächiges Weichzeichnen. Leider ähneln die Aufnahmen dann aber teilweise impressionistischen Werken. Mit nachlassendem Licht baut das 16-mm-Modul relativ schnell ab. Nachtmodus
Im Nachtmodus errechnet das Huawei aus einer Bildserie eine beeindruckend helle und detailreiche Aufnahme. Das mag teils unnatürlich wirken, hat aber die Wirkung eines Nachtsichtgeräts. Auch hier haben wir wieder unseren bisherigen Favoriten, das Pixel 3 XL, zum Vergleich herangezogen: Erneut setzte sich das Huawei an die Spitze.