Sony RX0 II
Sony RX0II: Früher hatten Geheimagenten winzige Minox-Kameras in der Tasche, um unauffällig vertrauliche Dokumente abzulichten. Der Spion von heute nutzt das Smartphone – oder greift zur Sony RX0 II. Sie bietet hohe Bildqualität auf kleinstem Raum.
Das nennen wir wirklich mini: Ein Würfelchen, nur 59x35x40,5mm groß und inklusive Akku und Speicherkarte gerade einmal 130 Gramm schwer. Das ist die Größe eines Kleinbildfilms samt Verpackung, falls Ihnen das noch etwas sagt. Die Sony RX0II verschwindet so ganz locker in der Hand, wenn man sie vor neugierigen Blicken verstecken möchte. Das kennen Sie schon von der Action-Cam des Nachbarn, meinen Sie? Dann sollten Sie doch auch mal die Fotos von beiden vergleichen.
Denn während in Action-Cams in der Regel 1/2,3-Zoll-Bonsai-Sensoren ihren Dienst verrichten, steckt in der RX0 II ein 1-Zoll-Sensor, wie er auch in Sonys Kompaktklassiker RX100 zum Einsatz kommt.
Rund 750 Euro kostet die Kamera und wird mit einem Handgriff ausgeliefert. Der fehlte allerdings bei unserem Testgerät, sodass wir im folgenden Testbericht nicht weiter darauf eingehen werden. Ungewöhnlich für eine Action-Cam sind die Anschlüsse für Profi-Videozubehör wie Steuergriff und externes Mikrofon.
Klein in den Abmessungen
Das Kameragehäuse besteht aus Duraluminium, ist bis zu 10 m Tiefe wasserfest und staubgeschützt sowie stoßfest (bis zu einer Fallhöhe von 2 m) und bruchsicher (Belastung knapp 2000 N). Die Kameraoberseite und die beiden Seitenflächen haben eine Rippenstruktur, ähnlich einem Kühlkörper. Das sieht nicht nur gut aus, sondern führt auch die von der Elektronik zwangsläufig produzierte Wärme besser ab – viel Oberfläche hilft viel. Insgesamt hat der Winzling zehn Bedienelemente. Zwei von ihnen sind Schieber: einer für das Akkufach an der rechten Kameraseite und einer für das Fach mit den Steckanschlüssen und der Speicherkarte. Es befindet sich, eher ungewohnt, an der linken hinteren Seite, neben dem Display.
Auf der Oberseite sind die 9 mm große runde Ein/Aus-Taste und rechts daneben die 11mm große runde Auslösertaste platziert. Beide Bedienelemente sind durch einen umlaufenden Rand gegen unbeabsichtigtes Auslösen geschützt – ein kleines bisschen zumindest.
An der Kamerarückseite befindet sich rechts das klappbare Display und links das bereits beschriebene Fach für die Steckanschlüsse und die Speicherkarte. Die sechs Bedientasten mit einer Größe von je 2 x 5 mm sind im 8 mm breiten Displayrahmen untergebracht und werden beim Verschwenken des Displays mitbewegt. Die Tasten und deren Kennzeichnung sind – wie könnte es bei dieser geringen Baugröße auch anders sein – sehr klein und nur mit spitzen Fingern zu treffen. Für die Bedienung mit Handschuhen also absolut ungeeignet.
Groß in der Praxis
Das Objektiv ist ein Zeiss Tessar mit Fixblende f4,0 und einer Brennweite von 7,9 mm. Das entspricht 24 mm KB, also einem schon deutlich ausgeprägten Weitwinkel. Das schenkt eine Menge Freiheit in geschlossenen Räumen und engen Altstadtgassen, man muss vielen Motiven aber schon ziemlich nahe auf den Pelz rücken, um sie halbwegs formatfüllend abzubilden. Die Schärfentiefe ist gut, der Fokusbereich beginnt bei 20 cm. Beim
Vorgängermodell RX0 kam man nur bis auf 50 cm ran, hier hat Sony also einen der wichtigsten Kritikpunkte aus dem Weg geräumt.
Kleine Kamera heißt aber nicht kleines Menü. Die Bedienoberfläche der RX0 II steht den Menüs der größeren SonyKameras nicht nach. Als Einstellmodi finden sich Intelligente Automatik, Überlegene Automatik, P Programmautomatik, M Manuelle Belichtung, MR Speicherabruf, i Film, P Film, M Film, HFR Programmautomatik und HFR Manuelle Belichtung. Je nach Auswahl gestaltet sich das Menü für Aufnahme oder Wiedergabe. Vier Tasten sind Richtungstasten für links-rechts und raufrunter, mit diesen werden einzelne Menüpunkte angesteuert und dann eingestellt. Um die Einstellungen flott zu erledigen, steht ein Fn-Menü zur Verfügung. Damit sind schnelle Zugriffe auf relevante Menüpositionen möglich. Das 1,5 Zoll (3,8 cm) große TFT-LC-Display hat eine Auflösung von 76 800 RGBBildpunkten. Die Abbildung ist gut, soweit man dies bei so einer geringen Displaygröße überhaupt beurteilen kann. Die dargestellten Schriften und
Symbole sind schon grenzwertig klein und das angezeigte Histogramm im Live-View (3 x 6 mm) doch eher ein Gimmick als ein nützliches Werkzeug. Die Displayhelligkeit ist in ±2 Stufen regulierbar.
Aber das ist natürlich alles dem Miniformat geschuldet. Ansonsten ist das Display um 180° nach oben und um 90° nach unten schwenkbar, außerdem ca. 3 cm in Längsrichtung ausklappbar. Diese Beweglichkeit ist hilfreich für Selfies, findet der Hersteller. Allerdings muss man das etwas einschränken: Auch bei relativ geringer Aufnahmeentfernung ist es schwierig, auf dem winzigen Display überhaupt etwas zu erkennen.
Der Autofokus ist ein Kontrast-AF: Er arbeitet schnell und zuverlässig, Augenund Gesichtserkennung sind möglich. Für besondere Anforderungen ist der Fokus auch manuell einzustellen. Allerdings sollte man diese Funktion mit einem verbundenen Smartphone oder Tablet nutzen. Denn die am Kameradisplay angezeigte Entfernungsskala ist zu klein, eine vernünftige manuelle Scharfstellung am Minidisplay schlicht nicht möglich – auch die Lupenfunktion kann da nicht viel ausrichten. Die kürzeste Verschlusszeit beträgt 1/32 000 s. Da sich die Blende nicht verstellen lässt, wird die Belichtung über den ISO-Wert und die Verschlusszeit reguliert.
Eine „Funktion“wollen wir der Vollständigkeit halber noch erwähnen: Bei bestimmten Aufnahmeeinstellungen ist in Grenzen auch das „Zoomen“möglich: Smart-Zoom, Klarbildzoom und Digitalzoom heißen die Funktionen dann, aber es muss jedem klar sein: Hier werden für den angepassten Bildausschnitt keine Linsen im Objektiv verschoben, sondern die Kamera beschneidet das Bild und rechnet es wieder hoch – und das reduziert die Bildqualität sichtbar.
Aber die Videofunktion kann sich sehen lassen: Filme zeichnet die RX0 II in Ultra-HD mit 30 B/s auf und erfasst dabei etwa das 1,7-fache an erforderlichen Daten. Das soll Moiré-Effekte sowie Bildfehler reduzieren und gleichzeitig die Schärfe verbessern. Und damit die Videos bei der Aufnahme nicht verwackeln, hat Sony noch
einen elektronischen Bildstabilisator in die kleine Kamera integriert.
Größer in der Fernbedienung
Neue Kameras lassen sich bequem per App bedienen, und da macht auch die Sony RX0 II keine Ausnahme. Und wo das eingebaute Display aufgrund seiner Größe nur eingeschränkt brauchbar ist, ist die Bedienung aus der Ferne besonders sinnvoll – nie war die drahtlose Koppelung wertvoller als hier. Sony bietet dazu die Gratis-App „Imaging Edge Mobile“zum Download an, verfügbar für iOS und Android.
Wichtige Einstellungen können dann am großen Display viel bequemer ausgeführt werden. In der Anzeige erscheinen ein Live-View in angenehmer Größe und die verschiedenen Bedienelemente. Alle für die Aufnahme relevanten Einstellungen lassen sich übersichtlich per Touch-Bedienung wählen, dann wird ausgelöst. Sony belässt es nicht bei einer Kamera, die auf diese Art und Weise ferngesteuert werden kann. Mit der aktuellen Version Imaging Edge Mobile 7.1 können bis zu fünf Kameras bedient werden, mit Version 7.2, die für den Sommer erwartet wird, sollen es sogar bis zu 50 sein.
Bildqualität
Der entscheidende Unterschied zu herkömmlichen Action-Cams ist der Bildsensor. In der Sony RX0 II steckt ein 1 Zoll großer Exmor-RS-CMOS-Bildsensor (Sensorgröße 8,8 x 13,2 mm) mit 15,3 Megapixeln. Der ist gut viermal größer als die Versionen, die in vergleichbaren Geräten zum Einsatz kommen, deren Sensordiagonale von 1/2,3 Zoll einer Fläche von 4,6x6,2mm entspricht. Sony verspricht zudem „natürlichere Hauttöne“und meint damit den optional zuschaltbaren Soft Skin Effect, der kleine Makel und Falten bei Porträts einfach wegrechnet. Wer gerne unplugged fotografiert, kann alle Gimmicks abschalten und im RAW-Format (Sony ARW 2.3) belichten.
Die Kombination aus überarbeitetem Sensor und Prozessor (Bionz X) liefert tatsächlich flotte Bildverarbeitung und überzeugende Bildqualität bei ISO 100. Die werkseitigen Einstellungen sind dabei sehr ausgewogen, bis ISO1600 kann man da schon einmal riskieren – auch wenn man die Bilder nicht nur auf dem Smartphone anschauen möchte.
Fazit
Sony hatte mit der RX0 eine maßgeschneiderte Action-Cam für Fotografen angekündigt – und liefert mit der RX0 II auch eine maßgeschneiderte ActionCam für Fotografen ab. Die positiven Punkte der RX0 wurden beibehalten und moderat weiterentwickelt, die Kritikpunkte weitgehend aus der Welt geschafft. Ein großer Sprung. Allerdings haben in den zwei Jahren seit Erscheinen der RX0 auch die Ka
meramodule der Smartphones große Fortschritte gemacht, sodass die Unterschiede zwischen Kamera und Smartphone immer kleiner werden. Das macht es auch schwierig, den Nutzwert der RX0 II richtig einzuschätzen. Denn wenn ich beste Bildqualität will, nehme ich nach wie vor die (spiegellose) Systemkamera mit. Für den Fall der Fälle unterwegs reicht die Leistung des Smartphones. Dazwischen ist der Platz eng geworden. Doch die RX0 II ist eben nicht nur klein, sondern auch deutlich robuster als Systemkamera und Smartphone. Also ist sie vielleicht beim nächsten großen Abenteuer dabei, das ich Smartphone und Systemkamera nicht zumuten möchte. Das könnte der nächste Urlaub mit den Enkelkindern am Strand sein, denn mit der RX0II darf jeder los – ob groß oder klein …