Nokia 7.2
Neben Topmodellen finden sich auch im mittleren Preissegment zunehmend Smartphones mit guten Fotofunktionen. Das Nokia 7.2 mit zwei Kameras – eine davon mit 48 Megapixeln – gehört dazu.
Nokia ist ein in Europa immer noch angesehener Markenname, allerdings mit geringer Marktpräsenz. Das will HMD Global, das Unternehmen hinter dem Namen Nokia, ändern und baut dazu sein Angebot systematisch aus. Im Portfolio sind Topmodelle wie das 9 PureView mit fünf Kameras, aber auch konventionellere und somit günstigere Smartphones wie das Nokia 7.2 mit zwei Kameras. Die Hauptkamera mit einem Weitwinkelobjektiv hat einen 48-Megapixel-Sensor. Hinzu kommen eine Superweitwinkelkamera und ein ToF-Modul. Für 280 Euro erhält man die 64-GB-Version (4 GB RAM), in der 128-GB-Version und mit 6 GB RAM steigt der Preis auf rund 350 Euro. Das Nokia 7.2 verwendet noch Android 9.0 als Betriebssystem.
Die Diagonale des mit Corning Gorilla Glass geschützten IPS-Displays misst 6,3 Zoll und hat 2280 x 1080 Pixel Auflösung. Der interne Speicher lässt sich per microSD-Karte erweitern. Filmen kann das Nokia mit 4K und 30 B/s. Als Hauptrechner dient der Qualcomm Snapdragon 660 CPU. Der Akku ist mit 3500 mAh ausgrüstet – das Gerät muss also täglich an die Steckdose.
Die Kameras
Vorne hat Nokia für Selfieaufnahmen und Videotelefonie eine 20-MegapixelKamera mit einem f2/3,47-mm-Objektiv eingebaut. Auf der Rückseite sitzen drei Kameras: Zwei sind für Bilder zuständig, die dritte für die Erfassung von Tiefeninformationen. Alle drei Objektive stammen von Zeiss und sind ohne optische Bildstabilisierung verbaut. Die Kombination der zwei Fotokameras ist etwas ungewöhnlich: Nokia stellt der Hauptkamera mit einer Brennweite von ca. 27 mm (KB) ein Ultraweitwinkel mit 13 mm (KB) zur Seite.
In der Hauptkamera steckt ein 0,5 Zoll großer Sensor mit 48 Megapixeln. Sein Quad-Pixel-Design ermöglicht für eine höhere Empfindlichkeit den Wechsel zwischen der maximalen Auflösung von 48 MP auf 12 MP mit je vier als Block ausgelesenen Pixeln – diese 2 x 2-Cluster verrechnet die Kameraelektronik zu je einem Bildpunkt. RAWs nimmt die Hauptkamera immer mit 12 MP auf. Die Optik mit einer physikalischen Brenweite von 4,73 mm bietet f1,8 als größte Blendenöffnung und stellt mit Phasen-AF scharf.
Das Ultraweitwinkelmodul hat eine f2,2/1,66-mm-Optik mit Fixfokus. Der
Sensor löst 8 Megapixel (2448 x 3264 Pixel) auf. Auch diese Kamera kann RAWs aufnehmen.
Die Foto-App
Die App zeigt den typischen Aufbau mit mittigem Sucherbild sowie zwei Leisten oben und unten, in denen die „Funktionstasten“untergebracht sind. Oben sind Zugriffe auf Einstellungen, P-I-P-Optionen, Blitz und Timer. Unten sind Auslöser, Modi, Galerie und der Selfie-Button zu finden. In den Sucher blendet das Gerät verschiedene Informationen und das Icon zum Wechseln zwischen den beiden Kameras ein. Die Icons sind relativ klein, und der Rahmen für die Gesichtserkennung ist so dünn, das er selbst bei wenig Licht schlecht sichtbar ist. Zwischen den angebotenen Foto- und Videoprogrammen, darunter Pro, Foto, Porträt und Nacht, wechselt man mit einem horizontalen Streichen über das Display. Im Pro-Modus hat der Nutzer allein auf die Hauptkamera Zugriff. RAWs kann man sowohl im Pro- als auch im Foto-Modus aufnehmen. Zu jeder RAW-Datei speichert die Kamera immer auch ein JPEG. JPEG-Bilder liefern beide Modi mit Auflösungen zwischen 7 und 48 Megapixel – die maximale Auflösung ist im Sucherfenster sichtbar. Auch das aktivierte RAW-Format wird durch ein Symbol kenntlich gemacht. Im Foto-Modus lassen sich Fokus und Belichtungskorrektur wählen.
Im Pro-Modus hat der Fotograf Kontrolle über Weißabgleich, ISOEmpfindlichkeit, Zeit, Belichtungskorrektur und Fokus. Man kann die Aufnahmen rein manuell belichten oder auf ISO/Zeit-Shift zurückgreifen.
Scharfstellung
Der Porträt- und der Nacht-Modus nehmen ausschließlich JPEGs in 12-Megapixel-Auflösung auf und arbeiten dazu mit der Hauptkamera. Im Nacht-Modus schießt das Nokia 7.2
mehrere Fotos, aus denen es ein Bild zusammensetzt.
Nur die Hauptkamera kann automatisch fokussieren. Das macht das Nokia gefühlt etwas langsamer als die TopSmartphones. Auch fällt beim Fokussieren per Touch-Bedienung beinahe jedesmal ein kurzes Pumpen auf. Die Gesichtserkennung ist permanent aktiv – sofern man nicht per Hand in die Fokussierung eingreift. Leider ist der Markierungsrahmen sehr dünn und schlecht sichtbar. Außerdem folgt der
Rahmen der erkannten Person nur sehr langsam, wenn sie sich bewegt. Gerade bei schlechten Lichtverhältnissen hat uns die Scharfstellung öfter nicht zufriedengestellt.
Bildqualität Hauptkamera
Das Weitwinkelkamera fotografiert RAWs ausschließlich mit einer Auflösung von 12 Megapixeln. Die NokiaRAWs sind tendenziell zu hell belichtet und haben blasse Farben. Das erste Manko ist schnell behoben, das zweite erfordert etwas mehr Aufwand. Dafür ist das Rauschen niedrig und die Auflösung gut – sowohl bei heller als auch bei schlechter Beleuchtung. Unter schlechten Lichtbedingungen rauschen die RAWs weniger als die aus dem iPhone 11 Pro – sie verlieren im direkten Vergleich aber bei der Auflösung.
Die RAWs der Hauptkamera können also überzeugen und locker mit anderen 12-MP-Modulen konkurrieren; sie übertreffen diese teilweise sogar. Die JPEGs werden mit 48 oder 12 Megapixeln geliefert. Die höhere Auflösung bringt bei gutem Licht ein paar mehr Details – allerdings nicht bei jedem Motiv. Außerdem sind die 48-MPJPEGs noch aggressiver abgestimmt als es die 12-MP-JPEGs ohnehin schon sind. Wo 12-MP-Fotos in Ermangelung von Auflösung Strukturen weich wischen, neigen die 48-MP-Aufnahmen zur überschärften und mit Artefakten angereicherten Abbildungen. Darauf erkennt man zwar stellenweise mehr Strukturen, doch diese sind dann verfremdet wiedergegeben. Bei weniger Licht bauen die Fotos mit 48 MP qualitativ stärker ab. Grundsätzlich belässt Nokia bei den JPEGs mehr Rauschen im Bild. Die Abstimmung ist im Fotound im Pro-Modus sehr ähnlich.
Weitwinkelkamera
Auch die Ultraweitwinkelkamera liefert RAW-Daten, und wer das Ultraweitwinkel nutzt, sollte RAW wählen. RAWs wie JPEGs haben jeweils 8 MP. Die RAWs zeigen wiederum eine Tendenz zur Überbelichtung und blassen Farben, lösen aber deutlich besser auf. Die JPEG-Signalverarbeitung der Superweitwinkelkamera wirkt wie ein Weichzeichner. Neben den UltraweitwinkelJPEGs aus dem iPhone 11 Pro wirken die Nokia-JPEGs deutlich unterlegen, die RAWs können aber mithalten: Sie sind blasser und verrauschter, haben aber etwas mehr Auflösung und kommen auch an die RAWs aus der NokiaHauptkamera heran – sofern die Motive gleich groß abgebildet werden.