Spezial: Mittelformatsysteme
Fujifilm, Hasselblad, Leica, Pentax und Phase One im Vergleich
Das „Mittelformat“ist ein weiter Begriff: Spiegellose Systemkameras mit 44 x 33 mm und 50-Megapixelsensor gibt es heute bereits ab 4500 Euro, während man für Profisysteme mit noch größerem Sensor (53,4 x 40 mm) einen mittleren fünfstelligen Betrag investieren muss. Wir zeigen Ihnen, worin sich die Kamerasysteme von Fujifilm, Hasselblad, Leica, Pentax und Phase One unterscheiden.
D as Mittelformat ist zurück im Amateurmarkt. Bereits in analogen Zeiten waren Fotoamateure die wich tigsten Käufer von Mittelformatkame ras. Doch mit dem Einzug der Digital technik kletterten die Preise in fünf stellige Höhen, und das Mittelformat wurde zum Profithema. Jetzt sinken die Preise einiger Mittelformatkameras wieder auf vierstellige Summen: Mittler weile kostet die günstigste Eintrittskar te in ein Mittelformatsystem 4500 Euro – dafür bekommt man eine spiegellose Fujifilm GFX 50R mit 50Megapixel Sensor. Objektive mit GFBajonett sind ab 1600 Euro erhältlich. Zentrales Ziel dieser Preispolitik ist es, Mittelformat kameras für anspruchsvolle Amateure wieder attraktiv zu machen. Dies gilt für Fujifilm, Hasselblad und Pentax, während bei Leica und Phase One die Preise – noch – oben bleiben.
Was heißt Mittelformat?
Zu Analogzeiten definierte man das Mittelformat anders als heute: Der StandardRollfilm 120/220 ermöglichte eine Bildhöhe von 60 mm und ließ sich in der Breite variabel belichten. Je nach Kameratyp entstanden dabei Negative oder Dias mit einer Breite zwischen 45, 60, 70 oder 90 mm. Mit Panorama kameras waren Sonderformate wie z.B. 60 x 120 mm oder 60 x 170 mm möglich. Das Fotografieren mit einer analogen Mittelformatkamera war ein wenig wie Angeln: beschaulich und ent schleunigt. Man musste sich genau überlegen, wann es sich lohnte, auf den Auslöser zu drücken: Maximal 16 Bilder im Format 4,5x6cm passen auf einen Rollfilm 120, bei 6x9Kame ras muss man sich gar mit der Hälfte an Aufnahmen begnügen.
Derlei Beschränkungen kennt man als Digitalfotograf nicht mehr. Beim Sensorformat allerdings backen wir kleinere Brötchen: Rund 44 x 33 mm misst die Diagonale des Bildsensors der Mittelformatmodelle von Fujifilm, Hasselblad und Pentax, die ohne Ob jektiv zwischen 4500 und 6000 Euro kosten. Ein wenig aus der Reihe tanzt die Leica S3 mit einem 45 x 30 mm großen Sensor und einem vom Kleinbildformat gewohnten Seitenver hältnis (3:2). Bei den anderen Kameras muss man das Bild in der Höhe etwas beschneiden, wenn man Fotos in Kleinbildproportionen erhalten will.
Einen noch größeren Bildsensor (53,4 x 40 mm) bieten die MittelformatBoliden von Hasselblad (H6D-100C) oder Phase One (XF-System) mit 100 oder 150 Megapixeln. Hier kombiniert man die eigentliche Kamera inklusive Wechselobjektiv mit unterschiedlichen Digitalrückteilen. Je nach Variante werden dafür fünfstellige Beträge ab etwa 30000 Euro fällig. Damit liegen diese Kameras außerhalb der Reichweite fast aller Amateure. Es handelt sich um Werkzeuge für Werbeprofis, die ein Höchstmaß an Detail- und Farbtreue anstreben. Auch die Modularität und Ausbaufähigkeit dieser Kamerasysteme ist für die angesprochene Klientel ein wichtiges Argument.
Eine Fujifilm GFX 100 mit 100-Megapixel-Sensor für 11000 Euro mutet da fast schon wie ein Schnäppchen an. Für etwa 6000 Euro bekommt man eine Hasselblad X1D II 50C oder Pentax 645Z. Die Fujifilm GFX 50S kostet rund 5500 Euro, die GFX 50R nochmal 1000 Euro weniger. Alle drei haben Bildsensoren der 50-Megapixel-Klasse an Bord, die eine rund 70 Prozent größere Fläche bieten als Kleinbildsensoren. Die geringere Pixelpackungsdichte verspricht geringes Rauschen und mehr Dynamik zur Bewältigung hoher Motivkontraste, gepaart mit hoher Auflösung.
Eine Frage der Größe
Die alte Gleichung – Mittelformat gleich Kamerabolide – gilt bei Modellen unter 10 000 Euro nur noch für die Pentax 645Z, die als SLR-Kamera mit voluminösem Spiegelkasten konstruiert ist. Bei den Konkurrenzmodellen von Fujifilm und Hasselblad dagegen hat man es mit spiegellosen Systemkameras zu tun, die deutlich kompakter gebaut sind. Zugegeben: Eine Kleinbildkamera aus der A7-Reihe von Sony ist deutlich kleiner. Wenn man aber ein Kleinbildkaliber wie die Panasonic S1 zum Vergleich heranzieht oder eine Profi-SLR wie die Nikon D5, fällt der
Größenunterschied zu den Mittelformatmodellen moderat aus. Allerdings sind vergleichbare Objektive beim Mittelformat deutlich größer und schwerer, vor allem, wenn es sich um Zooms handelt. Für den Brennweitenvergleich mit dem Kleinbildformat wirkt bei den Kameras mit 44x33mm großem Sensor der Crop-Faktor 0,8. Das heißt: Ein 50-mm-Objektiv hat am Mittelformatgehäuse den vergrößerten Bildwinkel eines 40-mm-Objektivs. Größe beweisen Mittelformatmodelle nicht nur bei den Sensoren, sondern auch bei den Bilddateien und den damit verbundenen Datenmengen. Ein RAW der Fujifilm GFX 50R hat um die 115MB, rund 105MB sind es bei der Hasselblad X1D II 50C. Ein JPEG bringt es auf 20 bis 30MB. Noch wesentlich speicherhungriger – auf der SD-Karte wie auf der PC-Festplatte – zeigt sich die Fujifilm GFX 100 mit ihren 200-Megabyte-RAWs. Dafür wird man aber auch mit extrem großen Bildern von knapp einem Meter Breite und 74 cm bei 300dpi belohnt – damit können Sie Zimmerwände tapezieren.
Noch wichtiger ist freilich der Spielraum für Bildausschnitte, der sogar den Zukauf mancher Telebrennweite oder eines Makroobjektivs obsolet machen kann. Die 50-Megapixel-Sensoren der anderen Mittelformatmodelle von Fujifilm, Hasselblad und Pentax bringen immer noch Bilddateien von etwa 70 x 52 cm bei 300 dpi hervor. Tipp: Bei der Beurteilung des Bilds in 100-Prozent-Darstellung am PC-Monitor sollte man sich vergegenwärtigen, welche Bildgrößen man vor sich hat. In voller Größe werden Sie die Bilder aber selten benötigen. Mit einer 50-Prozent-Darstellung erhalten Sie deshalb meist einen realistischeren Eindruck von der hohen Bildqualität.