Hasselblad X1D II 50C
D ie Hasselblad X1D II 50C steht als spiegellose Systemkamera mit Mittelformatsensor in direkter Konkurrenz zu Fujifilms GFX-Modellen 50S und 50R. Sensorgröße (43,8 x 32,9 mm) und Auflösung (circa 51 MP) sind fast identisch. Sucher und Display wurden seit der ersten Generation der X1D verbessert, das Bedienkonzept optimiert und ein GPS-Modul integriert. JPEGs kann sie jetzt in voller Auflösung ausgeben. Erhältlich ist die Kamera für knapp 6000 Euro – die erste Generation kostete bei der Markteinführung (2016) 9400 Euro. Ziel dieser Preispolitik ist, das Modell auch für anspruchsvolle Hobbyfotografen attraktiv zu machen. So grenzt sich die X1D II 50C auch von Hasselblads hochpreisigem H-System ab. Dessen modular aufgebaute SLRKameras können mit verschiedenen Digitalrückteilen (50 oder 100 MP, auch in Multishot-Variante) bestückt werden. Oder wie in alten Zeiten mit einem Rollfilmmagazin.
Zu den XCD-Objektiven für die X1D II 50C gehören neun Festbrennweiten zwischen 21 und 135mm und ein kompaktes Zoom (3,5-4,5/35-75mm), alle ohne optischen Bildstabilisator. Zuletzt hat Hasselblad das nach eigener Aussage „weltweit leichteste digitale Autofokus-Mittelformatobjektiv“auf den Markt gebracht: Das XCD 4/45P wiegt 320g und hat eine Länge von 47mm. Ein rundes Dutzend an HC/HCDObjektiven kann mittels XH-Adapter an der X1D II 50C verwendet werden.
Gehäuse & Ausstattung
Von vorne könnte man die Hasselblad aufgrund ihrer Geradlinigkeit für eine Sucherkamera halten. Allerdings sitzt der Sucher mittig über der optischen Achse und wurde nicht an den linken Gehäuserand verlagert wie bei einer Fujifilm GFX 50R. Der Handgriff verbreitert das Gehäuse nach vorne und hinten und schafft damit eine komfortable Grifffläche. Das Gehäuse ist gegen Staub und Spritzwasser abgedichtet, das verwendete Material – Aluminium mit „Dark Grey“-Finish – wirkt zugleich edel und robust. Mit 766g ist die X1D II 50C ähnlich leicht wie die Fujifilm GFX 50R (775 g).
Unter einer Abdeckung oberhalb des Anschluss-Terminals befinden sich zwei UHS-II-kompatible SD-Kartenslots, für den Datentransfer steht eine schnelle USB-3.0-Schnittstelle bereit, und für die Drahtloskommunikation ist WLAN an Bord. Eine HDI-Buchse gibt es nicht, Miniklinkenbuchsen für Kopfhörer und externes Mikrofon dagegen schon. Als Stromquelle dient ein Lithium-Ionen-Akku mit 3400mAh, der mittels USB-Netzteil in der Kamera geladen werden kann. Ein als Zubehör erhältlicher Akkulade-Hub erlaubt das gleichzeitige Laden von zwei Akkus außerhalb der Kamera.
Sucher & Monitor
Der OLED-Sucher der X1D II 50C hat eine Auflösung von 1 230 000 RGBPixeln, das liegt auf dem Niveau der Fujifilm GFX 50R. Bei der Sucherbildvergrößerung ist die Hasselblad etwas im Vorteil (0,87-fach gegen 0,85-fach). Leider lässt sich eine Tendenz zu Moiréund Flimmereffekten konstatieren, und bei geringer Umgebungshelligkeit wirkt das Sucherbild grieselig.
Der TFT-Monitor mit einer Diagonale von 3,6 Zoll deckt die gesamte Fläche unterhalb des Suchereinblicks ab, während es die Konkurrenz im besten Fall auf 3,2 Zoll bringt. Die Auflösung bleibt mit 786 432 RGB-Pixeln dagegen im üblichen Rahmen. Verstellbar ist der Monitor nicht, die Touch-Funktionalität dafür umfassend ausgebaut
Autofokus & Aufnahme
Zum automatischen Fokussieren nutzt die X1D II 50C einen Sensor-KontrastAF mit Einzelfeldmessung im Modus „Einzelbild“(AF-S). Kontinuierlicher Autofokus (AF-C), AF-Feld-Automatik und AF-Tracking fehlen. 117 AF-Punkte sind aktiv, wenn die kleinste von drei Messfeldgrößen eingestellt ist (mittel/ groß: 63/35 Messpunkte). Beim Verschieben eines AF-Punkts dient der TFT-Monitor als Touchpad – auch beim Blick durch den Sucher. Alternativ lassen sich AF-Punkte horizontal und vertikal mit den beiden Einstellrädern wählen. Trotzdem wünscht man sich einen AF-Joystick.
Der Kontrast-AF arbeitet ziemlich genau, aber langsam. Die Auslöseverzögerung samt AF-Zeit lag im Labor bei 1,0/1,0 s (300/30 Lux). Die Fujifilm GFX 50R ist flotter (0,4/0,5s), die GFX 100 legt noch einen Zahn zu (0,30/0,30 s). Auch die Einschaltverzögerung ist mit 7,4 s zu lang. Bildserien sind mit 2,6 B/s und 28/13 Bildern (JPEG/RAW) in Folge möglich. Manuelles Fokussieren unterstützt die Kamera durch eine Bildschirmlupe und Peaking.
Der Verschluss sitzt nicht in der Kamera vor dem Sensor, sondern als Zentralverschluss im Objektiv. Die kürzeste Zeit mit XCD-Objektiven ist 1/2000s, für HC/HCD-Objektive sind 1/800 oder 1/2000 s angegeben. Blitzgeräte lassen sich mit allen Verschlusszeiten synchronisieren. Der elektronische Verschluss erlaubt Kurzzeiten bis 1/10 000 s bei limitierter ISO-Einstellung (maximal ISO 3200). Lange Verschlusszeiten sind mit automatischer Steuerung bis zu 68 Minuten möglich, B- und T-Einstellung für manuell gesteuerte Langzeitbelichtungen ebenfalls vorhanden. Die Belichtungsmessung beschränkt sich auf mittenbetonte Ganzfeldmessung, ergänzt durch zwei Spot-Varianten. „Spot Mitte“bezieht sich auf das Bildzentrum und erfasst etwa 25 Prozent der Bildfläche, während „Spot“den Messbereich auf 2,5 Prozent reduziert. Die Belichtungsprogramme wählt man per Modusrad, das sich durch leichten
Druck im Gehäuse versenken lässt. Neben den Standardprogrammen (Auto, P, A, S, M) gibt es drei Nutzerprofile (C1-C3) und den Videomodus. Letzterer war beim Testmodell noch inaktiv und soll erst durch ein Upgrade des Betriebssystems implementiert werden.
Bedienkonzept
Von zwei Einstellrädern und einigen Tasten für Direktzugriffe einmal abgesehen, ist das Bedienkonzept vorwiegend auf Touch-Navigation ausgerichtet. Vier ergänzende Tasten rechts vom Display haben teils festgelegte, teils wechselnde Aufgaben. Drückt man die Menü-Taste (Zeilen-Symbol), zeigt sich rechts am Bildschirm ein überschaubares Hauptmenü mit drei Rubriken: Aufnahme, Video und Einstellungen. Links davon finden sich Icons, die auf Funktionen wie Belichtung, Fokus, Blitz, GPS, Qualität oder Speicher verweisen. Neun solcher Icons können zugleich angezeigt werden; 14 stehen zur Wahl. Icons lassen sich beliebig löschen und durch andere ersetzen. Ein vertikaler Wisch (Swipe) über den Bildschirm schaltet zwischen Hauptmenü und Info-Bildschirm um. Dieser zeigt alle wichtigen Aufnahmeeinstellungen, die sich auch in heller Umgebung gut ablesen lassen. Tippt man auf ein Funktionsfeld, öffnet sich die Auswahl der vorhandenen Optionen. Alles in allem ist die Kamera sehr einfach zu bedienen, einige Funktionen werden wohl im Zuge von SoftwareUpgrades noch dazukommen.
Bildqualität
Die X1D II 50C arbeitet mit extrem zurückhaltender interner Bildverarbeitung, erreicht aber die brillante Auflösung von 3131 LP/BH bei ISO 100 und verliert bis ISO1600 nur 235LP/BH. Bei ISO3200 (2670LP/BH) und 6400 (2483LP/BH) ist der Rückgang größer, während z.B. die Fujifilm 50R auf dem Niveau um 2900 LP/BH bleibt. Doch Hasselblad schärft fast gar nicht nach, die Fujifilm dagegen intensiv. Auch das Anheben des Farbkontrasts spart sich die Kamera, was zu relativ niedrigen DL-Werten führt: 1592/1270 LP/BH bei ISO 100. Um bestmögliche Bildqualität aus dem Sensor zu holen, empfehlen wir bei der X1D II 50C den RAW-Modus. Hasselblad bietet für die RAW-Konvertierung kostenlos die hauseigene Software Phocus an. Die Verbindung zur Kamera lässt sich kabelgebunden über USB 3.0 oder drahtlos per WiFi herstellen.