Huawei Mate30 Pro
Großes Display, lange Laufzeiten und gleich zwei Kameras mit 40-MP-Auflösung: Technisch ist das Huawei Mate 30 Pro ein Topgerät, aber es fehlt der Google App Store. Als erstes Huawei-Modell ist es mit einem speziellen 40-MB-Sensor für 4K-Videos und Ultraw
Smartphone mit 40-MB-Sensor für Ultraweitwinkelfotos und 4K-Videos
Seit Mitte Dezember 2019 ist das Huawei Mate 30 Pro offiziell in Deutschland erhältlich. Der Verkaufsstart verspätete sich wegen der USamerikanischen Sanktionen, die die Zusammenarbeit mit Google und anderen US-Herstellern einschränken oder gar komplett untersagen. Der Einführungspreis war bei 1100 Euro (256 GB) angesetzt und liegt im Moment bei knapp 900 Euro – das ist für ein Gerät dieser Ausstattungsklasse fast schon günstig. Denn die Hardware ist ausgezeichnet: ein aktueller Kirin 990 Smartphone-Prozessor, ein stark zu den Rändern gebogenes OLED-Display mit 6,53 Zoll und 2400 x 1176 Pixeln, 256 GB Speicher und 4500-mAh-Akku. Das Fehlen von App Store und viel genutzter Google-Apps wie Maps (läuft nur im Browser), aber auch der Bezahlmöglichkeiten, führt zu bedauerlichen Einschränkungen. Das Microsoft-OfficePaket ist dagegen verfügbar.
Kameraausstattung
Huawei stattet das Mate 30 Pro mit vier Kameras auf der Rückseite aus, darunter mit zwei 40-Megapixel-Modulen. Die Hauptkamera mit dem 1,6/5,56-mm-Objektiv (27 mm KB) nutzt wie im P30 Pro einen 1/1,7-ZollSensor mit circa 1,01 µm großen Pixeln. Der Sensor arbeitet mit der neuen Farbfilterlösung mit Rot, Gelb und Blau sowie einer 2x2-Cluster-Anordnung (Quad-Binning). Dabei sitzen immer vier Pixel gleicher Farbe in einem Quadrat zusammen. Die Hauptkamera steht deswegen standardmäßig auf 10 Megapixeln und liest im Normalfall die vier gleichen Pixel gemeinsam aus, um die Empfindlichkeit zu erhöhen. Bei gutem Licht ist ein Wechsel auf die 40-MP-Auflösung sinnvoll, um die Detailzeichnung im Bild zu optimieren.
Auch die Superweitwinkel- und zugleich Cine-Kamera hat einen 40-Megapixel-Sensor mit Quad-Pixel-Design und einer Diagonale von 1/1,54 Zoll. Volle Auflösung gibt es im Fotomodus nur für JPEGs, sonst setzt das Mate auch hier auf Quad-Binning und empfielt 10-MP-Aufnahmen. Dieses Modul hat ein Objektiv mit Blende 1,8 und 4,4 mm Brennweite (18 mm KB). Es filmt in 4K, nimmt aber auch Zeitlupen mit bis zu 7680 B/s auf – dann jedoch mit auf HD reduzierter Auflösung. Die Telekamera mit 2,4/7,48-mm-Optik (80 mm KB) fotografiert mit 8 Megapixeln. Und schließlich kommt noch eine 3D-ToF-Kamera für die Erfassung von Tiefeninformationen hinzu, die zum Beispiel für die Berechnung von Hintergrundunschärfe verwendet werden. Eine weitere 3D-ToF-Kamera ist vorne neben dem Selfie-Modul (32 MP, 2/26 mm KB) angebracht.
Die beiden 40-MP-Kameras und das Tele stellen mit Phasen-AF scharf. Mit optischem Bildstabilisator arbeiten das Tele und die 27-mm-Hauptkamera.
Die Kamera-App
Das Grundkonzept und das Aussehen der Huawei-Kamera-App werden kontinuierlich weiterentwickelt, und um neue Details ergänzt. Auch die App für das Mate 30 Pro bietet eine Fülle von Aufnahmemodi für Foto und Video. Die wichtigsten sind Blende, Nacht, Porträt, Foto, Video, Pro und
Monochrom. Fotografen empfehlen wir den Pro-Modus mit zahlreichen Einstellmöglichkeiten und RAW-Format. Ist RAW aktiviert, so kann der Fotograf zwischen den einzelnen Kameramodulen wechseln und jeweils RAW + JPEG-Paare aufnehmen. Die Weitwinkelkamera liefert 40 MP, das Superweitwinkelmodul 10MP und die Teleeinheit 8MP. Bei den parallel zu RAWs aufgenommenen JPEGs lässt sich die Auflösung reduzieren. Beim aktiven RAW sind keine Zwischenzoomstufen möglich.
Ist im Pro-Modus nur JPEG aktiv und die Auflösung der Hauptkamera auf 40 MP gestellt, so blendet das Gerät die Zoomleiste am rechten Bildschirmrand zunächst aus. Zoomt man dennoch, reduziert das Mate die Auflösung auf 10 MP und erlaubt stufenlos 30-faches Zoomen vom Superweitwinkel (0,6x) – ab dreifach dann rein digital.
Im normalen Modus zoomt das Mate ab 3-facher Zoomstufe mit der Telekamera bei viel Licht und mit der Hauptkamera bei wenig Licht sowie bei zu kurzem Abstand zum Motiv.Von 1-fach bis 3-fach kommt die Weitwinkelkamera zum Einsatz, von 0,6 bis 1,0 das Superweitwinkelmodul. Alle Stufen zwischen 0,6x, 1x und 3x sowie alles ab 3x rechnet das Mate digital aus gecropten Aufnahmen auf 10 MP hoch. Im Pro-Modus blendet das Gerät im Motivfenster eine Leiste mit Zugriffen auf Belichtungsmessung, ISO, Zeit, Belichtungskorrektur, AF-Modus und Weißabgleich ein. Wer mag, kann die Belichtung manuell steuern oder den ISO/Zeit-Shift wählen.
Im Fotomodus reduzieren sich die Kontrollmöglichkeiten auf Fokus- sowie Belichtungsposition, Belichtungskorrektur und Zoomeinstellung. Das Zusammenspiel zwischen Auflösung,
Kameraeinheit und Zoomen funktioniert wie im Pro-Modus ohne RAW. Einzig bei der Superweitwinkelkamera gibt es nun die Möglichkeit, die JPEGs auch mit 40 MP aufzunehmen.
Autofokus
Das Mate 30 Pro kombiniert für die Scharfstellung Phasen- und Kontrast-AF. Gesichter haben immer Vorrang, es sei denn, man greift aktiv ein und bestimmt den Fokuspunkt per Touch. Gesichter werden schnell erkannt, mit einem weißen Rahmen markiert und getrackt. Die Verfolgung macht einen guten Eindruck, allerdings kommt die Schärfenachführung manchmal nicht so schnell nach, vor allem bei der Teleeinheit: Obwohl der Rahmen korrekt sitzt, braucht die Optik noch einen Moment zum Fokussieren. Zudem hat das Mate 30 Pro eine spürbare Auslöseverzögerung – das sollte man beim Aufnehmen von
bewegten Objekten bedenken. Sonst konzentriert das Smartphone sich auf Motive in der Bildmitte und im Vordergrund. Per Touch kann man immer den Fokus auf die gewünschte Position legen. Das AF-Tempo ist insgesamt gut, wobei die Weitwinkel- und die Superweitwinkelkamera etwas flotter arbeiten. Leblose Objekte wie Autos können nicht verfolgt werden. Dafür lassen sich AF- und AE-Messbereich im Pro- und im Fotomodus trennen.
Bildqualität Superweitwinkel
Alle RAWs aus der Superweitwinkelkamera haben eine Auflösung von 10 MP, JPEGs entweder 10 oder 40 MP (Fotomodus). Huawei empfielt, die maximale Auflösung auf 10 MP zu beschränken, und das ist auch sinnvoll. Den Vorteil von mehr Pixeln sieht man den Bildern nur in der 100%-Ansicht an – und selbst dann nicht bei jedem Motiv. Generell ist die JPEG-Verarbeitung ok: Schärfe, Farben und Kontraste werden angehoben, aber nicht übertrieben. Die Detailzeichnung ist in RAWs aber sichtbar besser; die JPEG-„Optimierungen“reduzieren mit dem Rauschen auch die Auflösung feiner Details. Feines Rauschen ist auch RAWs anzusehen, die bei hellem Licht aufgenommen wurden – störend ist es aber nicht. Vor allem bei kurzen Entfernungen kann das Modul überzeugen. Mit wachsender Distanz hat es, wie die Hauptkamera, teils Schwierigkeiten mit bestimmten regelmäßigen Strukturen. Auch der Wechsel zu RAW hilft in solchen Situationen nicht immer. Unterm Strich hat das Mate 30 aber ein gutes Superweitwinkel, das trotz Schwächen zu den momentan besten Lösungen auf dem Markt zählt.
Bildqualität Weitwinkel
Der Blick auf die Leistung des 40MPModuls der Hauptkamera zeigt, wie schnell die Entwicklung im Smartphonebereich voranschreitet.Vor einem Jahr stand die 40-MP-Kamera des
Huawei ganz oben auf dem Treppchen. Die Kamera macht im Mate jetzt immer noch gute Bilder, besonders bei viel Licht und kürzeren Entfernungen. Dann kommen die vielen Pixel am besten zu Geltung – vor allem, wenn RAW als Bildformat gewählt wird, dann ist die Feinzeichnung besser.
Doch nun hat Huawei mit Samsungs 108-MP-Modul starke Konkurrenz, die auch auf Pixel-Binning setzt. So holt das Xiaomi Mi Note 10 mit seinen 27- MPBildern mehr Details aus Motiven heraus – bei gutem und schlechtem Licht. Allerdings rauschen die Xiaomi-Fotos stärker. Die aktuelle 12-MP-Konkurrenz kann das Mate 30 Pro bei gutem Licht gut in Schach halten, mit steigenden ISO-Stufen schwindet sein Vorsprung. Mit den JPEGs der Hauptkamera macht Huawei einen guten Job: Die Signalverarbeitung arbeitet sauber dosiert und wandelt auch die Farben gut um.
Bildqualität Tele
Bei gleichem Aufnahmeabstand und kurzer Distanz kommt diese Kamera nicht in die Nähe der Abbildungsqualität des Weitwinkelmoduls. Schon die RAWs haben ein niedrigeres Detailniveau und rauschen zudem auch bei niedrigerer ISO-Empfindlichkeit sichtbar. Die JPEG-Verarbeitung kann das Rauschen effektiv herausrechnen, reduziert dabei aber die Zeichnung sichtlich. Mit steigender ISO-Emfindlichkeit verschlechtert sich die Performance. Bei gutem Licht und weit entfernten Motiven holt das Tele oft detailreichere Fotos heraus. Hier schwächelt die Weitwinkel-Kamera, weil deren spezieller Sensor nicht immer mit den regelmäßigen Mustern klarkommt.
Fazit
Das Mate 30 Pro ist, technisch gesehen, ein sehr gutes Gerät. Seine Foto-Performance liegt auf hohem Niveau. Doch wegen des fehlenden App Stores wird es hierzulande nur wenige Nutzer begeistern. Schade.