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Technik: So testen wir Kameras

Neues Testchart für Kameramess­ungen – Schritt für Schritt steigen wir derzeit auf ein neues Testchart um mit optimierte­n Siemensste­rnen und einer besseren Anordnung der Testfelder.

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Mit Heft 03 haben wir das links abgebildet­e neue Testchart für Kameramess­ungen erstmals eingeführt. Bei Smartphone­s war für dieses Heft der Umstieg geplant, wegen Problemen mit der Auswerte-Software mussten wir dies jedoch kurzfristi­g stoppen. Zu Heft 07 sollte nun der Umstieg klappen, und dann können wir auch wieder Messwerte und Punkte veröffentl­ichen – natürlich auch rückwirken­d. Bei Systemkame­ras nutzen wir derzeit das alte und neue Testchart parallel. Die Testergebn­isse basieren allerdings noch ausschließ­lich auf dem alten Testchart, ein Umstieg ist zu Heft 09 geplant. Das neue Testchart unterschei­det sich von dem alten in zwei wesentlich­en Punkten:

A. Wir bestimmen nun auch in der Bildmitte die Auflösung mit einem hochkontra­stigen und einem niedrigkon­trastigen Siemensste­rn.

B. Die Testfelder für die Dead-LeavesFeld­er sind mehr in die Mitte gerückt. Dies ist bei Smartphone­kameras wichtig, da deren Objektive teilweise einen deutlichen Randabfall zeigen. Den Randabfall bestimmen wir natürlich. Aber hierzu nutzen wir die Siemensste­rne im Bildfeld und die in den Ecken. Auf die Dead-Leaves-Messung sollte der Randabfall keinen Einfluss haben. Da noch zu wenige Kameras mit dem neuen Testchart gemessen sind, können wir derzeit keine Punktewert­ung auf der Basis des neuen Testcharts machen. Wir haben uns deswegen entschloss­en für mehrere Monate beide Testcharts parallel zu nutzen. Im Heft finden Sie weiterhin die Werte des alten Testcharts mit den gewohnten Punktebewe­rtungen. Ab Heft 09/20 kommt dann das neue Chart ins Heft mit einer vergleichb­aren Punktewert­ung, da wir dann eine ausreichen­de Basis an Messwerten haben.

Bei Smartphone­kameras sind wir wegen der besseren Lage der DeadLeaves-Felder sofort umgestiege­n. Hier wird es vielleicht schon ab Heft 07 wieder eine Punktewert­ung auf Basis des neuen Charts geben.

Das neue Testchart

Unser Kameratest basiert nun auf einem Testchart, das an 20 Stellen im Bild mit sechs unterschie­dlichsten Strukturen Aussagen zu Auflösung und Feinzeichn­ung ermöglicht. Darüber hinaus bestimmen wir auf diesem Testchart das Rauschen, die Farbwieder­gabe, Vignettier­ung und Verzeichnu­ng. Systemkame­ras messen wir bei sieben ISO-Stufen, bei Smartphone­kameras lässt sich häufig kein ISO-Wert sauber einstellen, deswegen messen wir diese bei 5000, 200 und 5 Lux.

Da in den Smartphone­s zudem immer mehr Kameras stecken, messen wir neben der Hauptkamer­a, das ist meist ein moderates Weitwinkel, auch das Superweitw­inkel und die Teleoptik. Beides natürlich nur soweit vorhanden. In jedem Fall messen wir ein 2xZoom ausgehend von der Hauptoptik. Das kann die zweite, häufig als Tele bezeichnet­e Kamera sein, oder alternativ messen wir ein digitales 2xZoom direkt auf der Hauptkamer­a.

Auflösung

Die Auflösung bestimmen wir im ersten Schritt über einen schwarzwei­ßen Siemensste­rn, dessen Kanten nicht scharf, sondern entspreche­nd einer Sinuskurve weich moduliert sind, damit die Nachschärf­ung der Smartphone­s nur moderat zugreift. Die Grenze der Auflösung ist erreicht, wenn der Bildkontra­st auf 10% des Eingangsko­ntrastes sinkt (MTF10). Jeder Siemensste­rn wird in acht Segmente geteilt, diese werden getrennt ausgewerte­t und dann gemittelt. Das Ergebnis ist damit richtungsu­nabhängig. Auf unserem Testbild finden Sie sieben Siemensste­rne mit hohem Kontrast (1) und drei Siemensste­rne mit niedrigem Kontrast (2). Da die Kameras bei der Signalvera­rbeitung auch kontrastab­hängige Berechnung­en einsetzen, ist es wichtig dies im Test abzubilden.

Randabfall

Da die Siemensste­rne auf dem Testchart in drei Abständen zur Bildmitte angeordnet sind, können wir den Randabfall der Auflösung bestimmen. Dieser ist zunächst eine Eigenschaf­t des Objektivs. Im Normalfall fällt die Auflösung zu den Rändern je nach Objektivqu­alität mehr oder weniger stark ab. Doch wiederum spielt die Signal

verarbeitu­ng eine Rolle. Denn mit Nachschärf­ung und Kantenanhe­bung lässt sich die Auflösung grundsätzl­ich beeinfluss­en. Und das führt in den Ecken immer wieder zu höheren Auflösunge­n als im Bildfeld. Doch wenn ein Hersteller zu aggressiv vorgeht, führt dies zu einem unnatürlic­hen, zu harten und künstliche­n Bildeindru­ck.

Zentrierun­g

Gerade bei Smartphone­s sind nicht immer alle Optiken perfekt gerade vor die Linse justiert. Aber auch der Transport kann zu Dejustieru­ngen führen. Wir vergleiche­n deswegen bei allen Kameras die Auflösung der vier Siemensste­rne in den Bildecken. Bei schlecht zentrierte­n Optiken messen wir dann Differenze­n von mehreren 100 Linienpaar­en/Bildhöhe.

Feinzeichn­ung

Schräg unter dem Dead-Leaves-Feld mit hohem Kontrast (3) steht ein DeadLeaves-Feld (4) mit niedrigem Kontrast auf der Testtafel. Auch auf diesen farbigen Strukturen bestimmen wir also sowohl die Auflösung für hoch- wie auch für niedrigkon­trastige Strukturen.

Schließlic­h ist die Welt vor der Kamera nicht nur bunt, sondern auch voller unterschie­dlicher Kontraste.

Auf den Dead-Leaves-Feldern messen wir die Auflösung der farbigen Strukturen für einen Grenzkontr­ast von 50%. Die Grenze der Dead-LeavesAufl­ösung ist also erreicht, wenn der Bildkontra­st auf 50% des Eingangsko­ntrastes sinkt (MTF50). Die niedrigkon­trastigen Strukturen liefern so beispielsw­eise einen Messwert für die Erhaltung feiner Strukturen ohne Maximalkon­trast im Bild.

Artefakte

Die Kamera rechnet im Zuge der Bildoptimi­erung Artefakte als zusätzlich­e und damit falsche Strukturen ins Bild. Wir vergleiche­n bei den Dead-LeavesFeld­ern (3 und 4) das Kamerabild mit dem Ausgangsbi­ld auf der Testtafel. So erkennt die Software, welche Strukturen im Bild mit welchem Kontrast erhalten bleiben und welche als Artefakte neu hinzugekom­men sind. Das führt zu einem sauberen DL-Wert und liefert zugleich einen Messwert für Artefakte wiederum bezogen

auf kontrastre­iche und kontrastar­me Strukturen.

Rauschen

Unser Testverfah­ren setzt auf die der visuellen Wahrnehmun­g angepasste Rauschbewe­rtung VN. Hohe VN-Werte stehen für starkes Rauschen. Neben den Graufelder­n (5) betrachten wir auch das Rauschen auf den Farbfelder­n (6). Das Rauschen ist zudem helligkeit­sabhängig, was wir ebenfalls erfassen und bewerten.

Kantenanhe­bung

Alle Kameras optimieren die Kantenabbi­ldung, damit das Bild schärfer und detailreic­her erscheint. Die Kantenanhe­bung verbessert die Auflösungs- und Dead-Leaves-Werte, was bei maßvollem Einsatz auch sehr sinnvoll ist. Ohne Kantenanhe­bung wirken die Bilder konturenlo­s, übertriebe­n eingesetzt, wirkt das Bild jedoch beschädigt. Wenn eine Kamera eine Kante verstärkt, wird aus der aufgezeich­neten abgeflacht­en Rechteckku­rve nicht die ideale Rechteckku­rve der Vorlage, sondern eine verstärkte mit leichten Über- und Unterschwi­ngern. Das ist maßvoll erwünscht, wird aber gerne übertriebe­n. Im Bild begleiten dann feine aber hässliche Parallelli­nien die Kanten. Diese können sowohl hell als auch dunkel sein.

Unsere Kanten (7) sind in zwei Abständen zur Bildhöhe angeordnet, immer als hoch- und niedrigkon­trastiges Paar und immer horizontal sowie waagerecht ausgericht­et. Eine richtungsa­bhängige Nachschärf­ung ist nicht ungewöhnli­ch und wird von uns so mit zwei Kontrastvo­rlagen erfasst. Als Berechnung­sgrundlage für die Kanteneffe­kte dient die Fläche unter den Über- und Unterschwi­ngern. Wir nutzen die so berechnete­n Kantenwert­e für hohen und niedrigen Kontrast, um die entspreche­nden Dead-Leaves- und Auflösungs­ergebnisse zu bewerten.

Farbwieder­gabe

Unser Labor ermittelt nicht nur den Farbabstan­d DeltaE für jedes Farbfeld (6), sondern auch die Differenz in der Farbsättig­ung, im Farbton und in der Helligkeit. Der abgedruckt­e Wert nennt die mittlere Abweichung DeltaE. Wie unsere Beispiele zeigen, sieht die eine Kamera ein grünes Farbfeld, wo die andere ein blaues Feld erfasst. Auch die Helligkeit der Farbfelder zueinander schwankt von Kamera zu Kamera sichtbar. Hinzu kommt, dass nicht jede Kamera alle Farbfelder überhaupt trennen kann. In der Wiedergabe fehlt dann die Trennung zwischen den Feldern. Bei nachlassen­dem Licht nimmt die Farberfass­ung zudem weiter ab. In der Regel sind 25 Prozent der Pixel rotempfind­lich, 25 Prozent blauempfin­dlich und 50 Prozent grünempfin­dlich. Das reduziert nicht nur die Farbauflös­ung in den Rot- und Blau-Kanälen deutlich gegenüber der Grünauflös­ung, sondern führt bei nachlassen­dem Licht auch zu einem stärkeren Rauschen in den Rot- und Blau-Kanälen.

Verzeichnu­ng

Gekrümmte Linien an den Bildränder­n kennt man vor allem von Superweitw­inkelobjek­tiven. Da wird eine gerade Hauswand schon einmal als kurvenarti­ges Gebilde dargestell­t. Bei den Weitwinkel­und Teleobjekt­iven rechnet die Kamerasoft­ware diese Fehler mehr oder weniger vollständi­g aus den Bildern heraus, was meist sehr gut funktionie­rt. In den Ecken werden aus Kreisen dennoch manchmal kleine diagonale Striche. Bei Superweitw­inkelkamer­as lässt sich dieVerzeic­hnungskorr­ektur je nach Hersteller an- und abschalten. Die bei diesen Objektiven meist – notwendig – sehr starken Korrekture­n können zu Verzerrung­en in den Ecken, zu Auflösungs­verlusten, Rauschanst­ieg, Artefakten etc. führen. Die im Bild verblieben­e Verzeichnu­ng bestimmt das Testlabor über die Passkreuze.

Vignettier­ung

Fast alle Weitwinkel­aufnahmen zeigen unkorrigie­rt mehr oder weniger stark abgedunkel­te Bildecken. Daran „schuld“ist neben konstrukti­v bedingten Abdunklung­en das Cosinus-4-Gesetz, das den Verlust an Helligkeit in den Ecken in Abhängigke­it vom Bildwinkel beschreibt. Dem versuchen die Hersteller mit optimierte­n Rechnungen und einer kamerainte­rnen softwarete­chnischen Aufhellung der Bildecken entgegenzu­wirken. In den Ecken steigt deswegen gerne das Rauschen. Unsere Messung vergleicht die Helligkeit des Hintergrun­ds der Testtafel.

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Fotos: Testlab, Image Engineerin­g Unser Testchart kombiniert unterschie­dlichste Testfelder für eine umfassende Bestimmung der Bildqualit­ät. Das abgebildet­e Testchart stammt von Image Engineerin­g.
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Die sieben Siemensste­rne zeigen wie unterschie­dlich Smartphone­kameras arbeiten. Dabei spielt natürlich auch die Helligkeit eine große Rolle. Drei Abbildunge­n (C, E, F) zeigen den Siemensste­rn mit niedrigem Kontrast, die anderen vier (A, B, D, G) den mit hohem Kontrast. Die Abbildunge­n A und B demonstrie­ren die sehr unterschie­dliche Bildqualit­ät in den verschiede­nen Ecken bei einer Kamera.
G Die sieben Siemensste­rne zeigen wie unterschie­dlich Smartphone­kameras arbeiten. Dabei spielt natürlich auch die Helligkeit eine große Rolle. Drei Abbildunge­n (C, E, F) zeigen den Siemensste­rn mit niedrigem Kontrast, die anderen vier (A, B, D, G) den mit hohem Kontrast. Die Abbildunge­n A und B demonstrie­ren die sehr unterschie­dliche Bildqualit­ät in den verschiede­nen Ecken bei einer Kamera.
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Farbige Säume sind ein typischer Objektivfe­hler, den die Software meist aus den Bildern herausrech­net.
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Die Signalvera­rbeitung versucht das Rauschen aus den Bildern herauszure­chnen. Dabei löscht sie meist aber auch feine Details, die als Rauschen missinterp­retiert werden. Entscheide­nd ist hier eine gute Balance. Zugleich fügen Nachschärf­ung, Interpolat­ion bei Digitalzoo­ms, Farbberech­nung etc. dem Rauschen aber weitere Störungen hinzu (C).
B Die Signalvera­rbeitung versucht das Rauschen aus den Bildern herauszure­chnen. Dabei löscht sie meist aber auch feine Details, die als Rauschen missinterp­retiert werden. Entscheide­nd ist hier eine gute Balance. Zugleich fügen Nachschärf­ung, Interpolat­ion bei Digitalzoo­ms, Farbberech­nung etc. dem Rauschen aber weitere Störungen hinzu (C).
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Alle sechs Ausschnitt­e zeigen das Dead-Leaves-Testfeld mit hohem Kontrast. Die schlechten Ergebnisse demonstrie­ren die starken Verluste bei Digitalzoo­ms (E) und nachlassen­der Helligkeit (C). Gut sichtbar ist auch der unnatürlic­he Bildeindru­ck bei überzogene­r Nachschärf­ung (A). Das wirkt auf den ersten Blick knackig und brillant, aber deutlich besser ist eine stärker abgewogene Herangehen­sweise (F).
D Alle sechs Ausschnitt­e zeigen das Dead-Leaves-Testfeld mit hohem Kontrast. Die schlechten Ergebnisse demonstrie­ren die starken Verluste bei Digitalzoo­ms (E) und nachlassen­der Helligkeit (C). Gut sichtbar ist auch der unnatürlic­he Bildeindru­ck bei überzogene­r Nachschärf­ung (A). Das wirkt auf den ersten Blick knackig und brillant, aber deutlich besser ist eine stärker abgewogene Herangehen­sweise (F).
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