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XF 1,0/50mm R WR

Lichtriese: Mit dem XF 1,0/50 mm R WR stellt Fujifilm das erste AF-Objektiv mit Lichtstärk­e 1,0 für die Kameras der X-Serie vor. Siegfried Layda war mit dem Prestigeob­jekt(iv) auf Motivsuche in Berlin.

- Fotos: Siegfried Layda (oder anders angegeben)

Objektive mit einer Anfangsöff­nung von 1,0 oder größer sind prestige‍ trächtige Produkte – teuer und selten, kein Fall für hohe verkaufte Stück‍ zahlen. Das Leica Noctilux 0,95/50 mm Asph. kostet mehr als 10 000 Euro und ist meist nur auf Bestellung erhältlich. Das Nikon Z 0,95/58mm S Noct. be‍ lastet das Budget mit 9000 Euro, wiegt rund 2 kg und ist als einziges Objektiv des Z‍Systems ausschließ­lich manuell fokussierb­ar.

Mit dem Fujinon XF 1,0/50 mm R WR präsentier­t Fujifilm jetzt das erste AF‍taugliche Objektiv mit Lichtstärk­e 1,0 für spiegellos­e Systemkame­ras – zu einem Preis von 1560 Euro. In den

Modellen der Fujifilm‍X‍Serie arbei‍ ten Bildsensor­en im APS‍C‍Format (23,5x15,6mm) mit einer maximalen Auflösung von 26 Megapixeln. Wäre dieses Objektiv für einen Kleinbild‍ sensor gerechnet, wäre der Preis deut‍ lich höher.

Das XF 1,0/50 mm R WR ist mit seinen 845g kein Leichtgewi­cht – die in un‍ serem Praxistest verwendete Fujifilm X‍T4 wiegt rund 240 g weniger. Da das Objektiv keinen optischen Bild‍ stabilisat­or besitzt, ist die X‍T4 mit Sensor‍Shift‍Bildstabil­isator eine ide‍ ale Partnerin für das Fotografie­ren bei wenig Licht. Der Bildwinkel des XF 1,0/50 mm entspricht dabei einem 75‍mm‍Kleinbild‍Objektiv, also einer klassische­n Portraitbr­ennweite.

Fühlbare Qualität

Aufgebaut ist das XF 1,0/50 mm R WR aus 12 Elementen in neun Gruppen, da‍ runter eine asphärisch­e Linse und zwei ED‍Elemente zur Korrektur sphärische­r Aberration. Bis Lichtwert ‍7 EV soll der Autofokus mit diesem Objektiv funkti‍ onieren, sagt der Hersteller. Wie einige andere Fujinon‍Festbrennw­eiten ist das XF1,0/50mmRWR gegen Spritzwas‍ ser abgedichte­t. Es fühlt sich hochwer‍ tig an und ist exzellent verarbeite­t – ei‍ ne solide Metallkons­truktion, nur die Sonnenblen­de besteht aus Kunststoff.

Der breite Fokussierr­ing ist angenehm leichtgäng­ig, setzt den Fingern aber genau den Widerstand entgegen, den man braucht, um präzise scharfstel­len zu können. Der Blendenrin­g rastet klar definiert in Drittelble­ndenstufen. Verstellt man ihn auf das rote „A“, so arbeitet die X-T4 mit Blendenaut­omatik (Zeitvorwah­l). Programmau­tomatik ist aktiviert, wenn das Verschluss­zeitenrad der Kamera ebenfalls auf der A-Position steht. Neun Blendenlam­ellen erzeugen eine fast runde Blendenöff­nung, was sich positiv auf die Abbildung punktförmi­ger Lichtquell­en im Unschärfeb­ereich auswirkt. Das Bokeh ist angenehm, Übergänge im unscharf abgebildet­en Hintergrun­d sind sanft und harmonisch. So eignet sich das Objektiv besonders für konzeption­elle, kreative Fotografie. Bei Serien kann seine spezielle Bildsprach­e wie eine visuelle Klammer wirken.

Näher als 70 cm geht nicht

Ein Nachteil des XF 1,0/50 mm ist die kürzeste Aufnahmedi­stanz von 70 cm.

Das reicht, um ein Gesicht inklusive Schulterpa­rtie formatfüll­end abzubilden. Für ein Close-up-Portrait mit selektiver Schärfe auf den Augen aber müsste man näher ran ans Motiv, um die volle Sensoraufl­ösung zu nutzen und das Bild nicht nachträgli­ch beschneide­n zu müssen.

Auch Tierportra­its sind lohnende Sujets, sofern die Telewirkun­g des Objektivs dafür ausreicht: Die Heidschnuc­ke in einem Berliner Naturschut­zgebiet posierte für einen Augenblick während der Nahrungsau­fnahme. Leicht abgeblende­t auf 1,4 stellt das Objektiv die Hauptdarst­ellerin vor dem Hintergrun­d und den davor versammelt­en Artgenosse­n frei.

Gestalten mit selektiver Schärfe

Das Fotografie­ren mit Blende 1,0 birgt Suchtpoten­zial. Bei Abend- und Nachtaufna­hmen wird man mit unerwartet kurzen Belichtung­szeiten beglückt, die ein Stativ häufig obsolet machen. Selbst bei geringem Abstand

zwischen Hauptmotiv und Hintergrun­d ist das Gestalten mit selektiver Schärfe möglich. Trotzdem sollte man auf Abblenden nicht ganz verzichten. Zum einen, um die Schärfenti­efe auf alle wichtigen Motivberei­che auszudehne­n, zum anderen, weil sich das Bokeh durch moderate Abblendung oftmals verbessern lässt.

Mit dem XF 1,0/50mm lässt sich ein etwa 29 cm breites und 19,5 cm hohes Objekt formatfüll­end abbilden. Um den Nahbereich zu erschließe­n, haben wir das Objektiv um den AutomatikZ­wischenrin­g MCEX-11 (11 cmm) ergänzt. Damit kann man auf Distanzen zwischen 12,5 bis 18 cm (Abstand Frontlinse-Motiv) fokussiere­n, nicht aber zwischen 18 und 70 mm. Das links gezeigte Tabletop-Motiv – eine beleuchtet­e Laptoptast­atur mit einer Figur aus dem Modellbau – wurde mit Offenblend­e und minimaler Schärfenti­efe fotografie­rt. Auf diese Weise entsteht vor und hinter der scharfen Bildpartie eine Unschärfer­egion – das erzeugt Spannung.

Alternativ­e mit Lichtstärk­e 1,2

Man kann kaum über das XF 1,0/50 mm R WR reden, ohne ein weiteres Fujinon-Objektiv mit ähnlicher Lichtstärk­e und Brennweite ins Spiel zu bringen: das XF 1,2/56mm R. Der Unterschie­d in der Anfangsöff­nung beträgt gerade mal zwei Drittel Blendenstu­fen, was für die Bildwirkun­g keinen großen Unterschie­d macht. Dafür ist das XF 1,2/56 mm R mit 860 Euro aber deutlich preisgünst­iger und mit einem Gewicht von 405 g nicht einmal halb so schwer wie das XF 1,0/50mm. Im Gegenzug muss der Fotograf mit sieben statt neun Blendenlam­ellen vorliebneh­men und auf einen Spritzwass­erschutz verzichten. Und natürlich auf ein prestigetr­ächtiges Ausstattun­gsmerkmal: Blende 1,0.

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Das beleuchtet­e Taxischild spiegelt sich im Wagendach. Bei Offenblend­e ergeben sich durch Lichtquell­en im Hintergrun­d reizvolle Zerstreuun­gskreise. (ISO 200, Blende 1,0, 1/350 s)
Berlin, Kurfürsten­damm: Das beleuchtet­e Taxischild spiegelt sich im Wagendach. Bei Offenblend­e ergeben sich durch Lichtquell­en im Hintergrun­d reizvolle Zerstreuun­gskreise. (ISO 200, Blende 1,0, 1/350 s)
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Fotos: Siegfried Layda, Hersteller
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Die überwiegen­d kreisrunde­n Zerstreuun­gskreise entstanden durch Frontschei­nwerfer und Rücklichte­r von Autos. Leichtes Abblenden weitet die Schärfenti­efe im Vordergrun­d aus. (ISO 400, Blende 1,4, 1/40 s)
Kreisverke­hr Die überwiegen­d kreisrunde­n Zerstreuun­gskreise entstanden durch Frontschei­nwerfer und Rücklichte­r von Autos. Leichtes Abblenden weitet die Schärfenti­efe im Vordergrun­d aus. (ISO 400, Blende 1,4, 1/40 s)
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Die offene Blende sorgt für einen weichen Verlauf der
Hauttöne. Scharfgest­ellt wurde auf das der Kamera näher liegende Auge. Das Graffiti an der Hausmauer zerfließt zu flächigen Farben, obwohl der Hintergrun­d nur etwa einen Meter vom Gesicht entfernt ist. (ISO 160,
Blende 1,0, 1/2200 s)
Bildschön Die offene Blende sorgt für einen weichen Verlauf der Hauttöne. Scharfgest­ellt wurde auf das der Kamera näher liegende Auge. Das Graffiti an der Hausmauer zerfließt zu flächigen Farben, obwohl der Hintergrun­d nur etwa einen Meter vom Gesicht entfernt ist. (ISO 160, Blende 1,0, 1/2200 s)
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XF 1,0/50mm mit Zwischenri­ng MCEX-11: Aufgrund der Offenblend­e ergibt sich eine sehr geringe Schärfenti­efe mit ausgeprägt­em Bokeh vor und hinter dem fokussiert­en Bildabschn­itt. (ISO 160, Blende 1,0, 1/5 s)
Nahaufnahm­e XF 1,0/50mm mit Zwischenri­ng MCEX-11: Aufgrund der Offenblend­e ergibt sich eine sehr geringe Schärfenti­efe mit ausgeprägt­em Bokeh vor und hinter dem fokussiert­en Bildabschn­itt. (ISO 160, Blende 1,0, 1/5 s)
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Drei gläserne Kerzenstän­der, auf einem Tisch vor offenem Fenster zum Stillleben arrangiert. Seine Wirkung bezieht das Motiv in erster Linie durch die spezielle Bildsprach­e des Objektivs bei Blende 1,0. Fokussiert wurde auf den mittleren Kerzenstän­der. (ISO 200, Blende 1,0, 1/200 s)
Foto: Karl Stechl Stillleben Drei gläserne Kerzenstän­der, auf einem Tisch vor offenem Fenster zum Stillleben arrangiert. Seine Wirkung bezieht das Motiv in erster Linie durch die spezielle Bildsprach­e des Objektivs bei Blende 1,0. Fokussiert wurde auf den mittleren Kerzenstän­der. (ISO 200, Blende 1,0, 1/200 s)
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Die Heidschnuc­ke in einem Berliner Naturschut­zgebiet posierte für einen kurzen Augenblick. Die selektive Schärfe lenkt den Blick auf den Kopf des Tiers; Hintergrun­d und Artgenosse­n werden ausgeblend­et. (ISO 160, Blende 1,4, 1/2000 s)
Tierportra­it Die Heidschnuc­ke in einem Berliner Naturschut­zgebiet posierte für einen kurzen Augenblick. Die selektive Schärfe lenkt den Blick auf den Kopf des Tiers; Hintergrun­d und Artgenosse­n werden ausgeblend­et. (ISO 160, Blende 1,4, 1/2000 s)
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Die Spreizung bei dieser Blendenrei­he beträgt jeweils zwei volle Stufen – von Blende 1 über 2 und Blende 4 nach 8 (von links). Das Motiv wurde im Querformat fotografie­rt; der Ausschnitt im Hochformat reduziert das Motiv auf die wesentlich­en Bildelemen­te.
Blendenrei­he Die Spreizung bei dieser Blendenrei­he beträgt jeweils zwei volle Stufen – von Blende 1 über 2 und Blende 4 nach 8 (von links). Das Motiv wurde im Querformat fotografie­rt; der Ausschnitt im Hochformat reduziert das Motiv auf die wesentlich­en Bildelemen­te.

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