Makro Spezial
Die Makrofotografie eröffnet uns Einblicke in eine Welt, die wir mit dem bloßen Auge kaum wahrnehmen können. Wie Sie solch faszinierende Details selbst fotografieren können und wie das sogar ohne ein spezielles Makroobjektiv funktioniert, erklären wir Ih
Die Makrofotografie weckt den Entdecker in uns. Ziel ist es, winzige Details möglichst in Originalgröße oder sogar größer abzubilden. Zu den beliebtesten Motiven gehören Blumen und Insekten, weshalb Makrofotografen gern im Frühling und im Sommer auf Entdeckungstour gehen. Doch auch die eigenen vier Wände halten mit Gewürzen, Obst und Stilllife-Objekten spannende Motive für Makrofotos bereit.
Der Abbildungsmaßstab
Um Details sichtbar zu machen, wird in der Makrofotografie auf eine Abbildung im Originalmaßstab 1:1 hingearbeitet. Das bedeutet, dass ein sechs Millimeter großer Marienkäfer auch mit einer Größe von sechs Millimetern auf der Sensorfläche abgebildet wird. Nimmt er auf dem Sensor nur drei Millimeter ein, wurde er nur halb so groß wie das Original aufgenommen – der Abbildungsmaßstab ist dann 1:2. Belegt der Käfer auf der Sensorfläche zwölf Millimeter, wurde er in doppelter Größe und somit im Abbildungsmaßstab 2:1 aufgenommen. Laut DINNorm 19040 gelten Abbildungsmaßstäbe von 1:10 bis 10:1 als Nah- oder Makroaufnahme. In der Praxis machen Makros meist erst ab 1:1 richtig Spaß. Spezielle Lupenmakros wie das Laowa 25 mm f/2,8 2.5-5X Ultra Macro erreichen sogar eine bis zu fünffache Vergrößerung im Maßstab 5:1.
Die Naheinstellgrenze
Bei der Naheinstellgrenze handelt es sich um den Abstand zum Motiv, der eingehalten werden muss, damit das
Objektiv scharfstellen kann. Beim Canon EF 100 mm 1:2,8L Macro IS USM beträgt die Naheinstellgrenze 30 Zentimeter. Wichtig für Einsteiger in die Makrofotografie: Die Naheinstellgrenze wird nicht etwa vorne ab der Frontlinse gemessen, sondern ab der Sensorebene der Kamera. Die Sensorebene ist auf jeder Wechselobjektivkamera oben auf dem Gehäuse mit einem Kreis gekennzeichnet, durch den ein Strich verläuft. Wird die vom Hersteller angegebene Naheinstellgrenze unterschritten, kann man nicht mehr auf das Motiv fokussieren.
Kurze und lange Brennweiten
Die eine optimale Makrobrennweite gibt es nicht. Mit einem Telemakro können Sie für eine Abbildung im Maßstab 1:1 dank der größeren Naheinstellgrenze in der Regel auch einen größeren Abstand zu Ihrem Motiv wahren. Das Nikon AF-S VR MicroNikkor 105 mm 1:2,8G IF-ED stellt zum Beispiel ab einer Naheinstell
grenze von 31,4 Zentimetern scharf. Mit dem Nikon Nikkor AF-S Micro 60mm 1:2,8G ED schrumpft die Naheinstellgrenze dagegen auf 18,5 Zentimeter. In diesem Fall müssten Sie für eine Aufnahme in Originalgröße wesentlich näher an Ihr Motiv herangehen. Für scheue Insekten sind Telemakros somit die bessere Wahl.
Detailaufnahmen mit herkömmlichen Objektiven
Wer kein spezielles Makroobjektiv kaufen möchte, kann über Hilfsmittel wie Retroadapter, Zwischenringe und Balgengeräte auch mit herkömmlichen Zoomobjektiven und Festbrennweiten zu sehenswerten Ergebnissen kommen. Wie das funktioniert? Indem sich die Hilfsmittel die Gegebenheiten des optischen Systems in einem Objektiv zunutze machen. Vereinfacht ausgedrückt, ist der Abbildungsmaßstab abhängig von der Gegenstandsweite, also dem Abstand zwischen Motiv und Objektiv,
In dieser Grafik steht der Buchstabe y (ganz links) für die Größe des Motivs und g für die Gegenstandsweite zwischen Motiv und Objektiv. Auf der rechten Seite steht b für die Bildweite zwischen dem Objektiv und dem Sensor. Das Kürzel y‘ symbolisiert, wie groß das Motiv auf dem Bildsensor abgebildet wird. In diesem Bei spiel sind g und b gleich groß. Das Motiv y wird also im Maßstab 1:1 auf dem Sensor abgebildet.
und der Bildweite, die den Abstand zwischen Objektiv und Sensor der Kamera beschreibt. Für die Berechnung des möglichen Abbildungsmaßstabs wird die Bildweite (b) durch die Gegenstandsweite (g) geteilt. Der Abbildungsmaßstab ergibt sich somit aus b/g. Sind die Abstände zwischen Motiv und Objektiv sowie zwischen Objektiv und Sensor gleich groß, ergibt die Rechnung genau 1, was einem Abbildungsmaßstab von 1:1 entspricht. Ist die Gegenstandsweite (g) zwischen dem Motiv und dem Objektiv hingegen größer als die Bildweite (b), was bei praktisch allen herkömmlichen Zooms und Festbrennweiten der Fall ist, dann fällt der Abbildungsmaßstab kleiner aus.
Da wir den Abbildungsmaßstab in der Makrofotografie aber eigentlich vergrößern und nicht verkleinern wollen, gibt es die Möglichkeit, dieses Verhältnis
umzukehren. Dazu werden Zwischenringe und Balgengeräte zwischen das Objektiv und die Kamera eingesetzt, um die Bildweite zu verlängern und damit die Aufnahmedistanz zum Motiv zu verkürzen.
Bei Retroadaptern ist die Herangehensweise ein wenig anders. Da, wie schon erwähnt, bei herkömmlichen Objektiven die Gegenstandsweite zwischen Motiv und Objektiv größer ausfällt als die Bildweite zum Kamerasensor, dreht man das Objektiv mithilfe des Retroadapters kurzerhand um. Somit zeigt die ursprünglich kürzere Bildweite nach außen und wird dadurch zur neuen, verkürzten Gegenstandsweite. Funktioniert jedes Objektiv mit allen genannten Zubehörlösungen? Nein: Da Teleobjektive eine größere Naheinstellgrenze als Standard- und Weitwinkelobjektive haben, kann mit langen Brennweiten über einen Retroadapter oft gar nicht mehr scharfgestellt werden. Am Retroadapter sind deswegen weitwinkligere Objektive im Vorteil. Mit Zwischenringen und Balgengeräten verhält es sich etwas anders. Hier kann die kurze Naheinstelldistanz weitwinkliger Brennweiten sogar Probleme bereiten, wenn der Abstand zwischen dem Objektiv und dem Kamerasensor so groß wird, dass sich die ohnehin schon kurze Naheinstellgrenze so stark verschiebt, dass die Schärfeebene nicht mehr vor, sondern innerhalb des Objektivs liegt. Zwischenringe und Balgengeräte eignen sind daher besser für Standardbrennweiten und Teleobjektive.
Der praktische Ansatz
Um den erreichbaren Abbildungsmaßstab ohne Formel herauszufinden, fotografieren Sie ein Lineal senkrecht von oben. Es wird so platziert, dass links im Sucher die Null zu sehen ist. Dann lesen Sie von der Skala ab, wie viele Millimeter bei kürzester Naheinstellgrenze im Bild sichtbar sind und setzen diesen Wert ins Verhältnis zur Sensorbreite. Ein Vollformatsensor ist 36 Millimeter breit.
Wenn Sie auf dem Bild 36 Millimeter vom Lineal ablesen können, ist der Abbildungsmaßstab 1:1. Sind nur 18 Millimeter zu sehen, also weniger als die Sensorbreite, ist der Abbildungsmaßstab größer. Zur Berechnung des Abbildungsmaßstabs teilen Sie die Sensorbreite durch den vom Lineal abgelesenen Wert (36:18) und erhalten 2:1. Ist der auf dem Lineal sichtbare Wert dagegen 72 Millimeter, ist der Abbildungsmaßstab kleiner: 36:72 ergibt 0,5, die Abbildung ist also nur halb so groß – und der Abbildungsmaßstab beträgt 1:2. Komplizierter wird es, wenn 81 mm auf der Skala sichtbar sind. Dann wird das Lineal nach der Formel 36:81 nur 0,44-fach so groß abgebildet, was dem Abbildungsmaßstab 1:2,25 entspricht. Wer sich die Umrechnung sparen will, kann den Quotienten einfach umdrehen: 81:36=2,25. Arbeitet Ihre Kamera mit einem APS-C-Sensor, wird die APS-C-Breite von 23,7 Millimetern satt der 36 Millimeter des Vollformatsensors als Basis herangezogen.
Markierung:
Quenox Retroadapter für Sony Alpha/NEX E-Mount – 49 mm (ca. 9 Euro)
Manuelle Retroadapter sind die einfachste Lösung, um möglichst schnell und günstig mit herkömmlichen Objektiven, also mit Objektiven ohne spezielle Makro-Eigenschaften, sehenswerte Nahaufnahmen zu erhalten. Dazu werden die Objektive umgekehrt, also mit der Frontlinse in Richtung der Kamera am Body angebracht. Damit das funktioniert, haben manuelle Retroadapter zwei unterschiedliche Seiten. An einer sitzt der Kameraanschluss für das Bajonett des jeweils verwendeten Kamerasystems. Für Canon-Kameras ist also zum Beispiel ein anderer Retroadapter nötig als für Nikon- und SonyKameras. Auf der gegenüberliegenden Seite ist der Adapter mit einem Gewinde ausgestattet, auf den das Objektiv umgekehrt aufgeschraubt wird. Dabei spielt das Filtergewinde des Objektivs die entscheidende Rolle. Da unterschiedlich Objektive auch verschieden große Filterdurchmesser mit sich bringen, ist beim Kauf eines Retroadapter darauf zu achten, dass der Gewindedurchmesser des Adapters zum Filtergewindedurchmesser des Objektivs passt.
In unserem Praxistest haben wir Sonys Weitwinkelfestbrennweite FE 28mmF2 mit dem Quenox-Adapter für Sony E umgekehrt an einer Sony Alpha 9 II eingesetzt. Wichtiger Hinweis an dieser Stelle: Der manuelle Retroadapter hat keine Kontakte für die elektronische
Datenübertragung. Da das FE 28mm F2 keinen eigenen Blendenring besitzt, lässt sich in diesem Fall die Blende nicht mehr steuern. Deshalb kann man ausschließlich mit offener Blende 2 fotografieren. Um die Blende zu schließen, ist ein Objektiv mit manueller Blendensteuerung nötig. Das ist zum Beispiel bei dem im Test verwendeten 7Artisans 25 mm F1,8 mit separatem Blendenring der Fall. Um auf das Motiv scharfzustellen, wird am besten der Abstand zwischen Objektiv und Motiv so lange verändert, bis die Schärfeebene an der gewünschten Stelle sitzt. Der manuelle Fokus ist bei der Verwendung von modernen Sony-E-Objektiven an manuellen Adaptern ohnehin außer Kraft gesetzt, weil der eingebaute Fokusmotor auch beim manuellen Scharfstellen Strom benötigt. Der MF und die Blende des Sony-Objektivs lassen sich ausschließlich mit einem automatischen Umkehrring steuern, wie er zum Beispiel von Novoflex angeboten wird.
Was bringt nun der manuelle Retroadapter? Ohne Adapter haben wir mit dem FE 28mm F2 bei manuellem Fokus am Vollformatsensor der Sony A9 II einen Abbildungsmaßstab von 1:6,3 erreicht. Wird das Objektiv mit dem Retroadapter umgekehrt aufgesetzt, lässt sich dagegen ein deutlich größerer Abbildungsmaßstab von 1:1,7 umsetzen. Wegen der offenen Blende ist allerdings nur die Bildmitte scharf.
Novoflex Automatischer Umkehrring Nikz-Retro (ca. 340 Euro)
Novoflex hat sein Angebot an automatischen Umkehrringen auf viele der spiegellosen Kamerasysteme ausgeweitet. Wir haben uns im Praxistest den Nikz-Retro, also den Retroadapter für Nikons Z-System, genauer angesehen. Der automatische Umkehrring besteht aus einem Kamera- und einem Objektivanschlussstück, die beide über ein Kabel miteinander verbunden sind. Um ein Nikon-Z-Objektiv umgekehrt anzubringen, wird als Erstes das Kameraanschlussstück an der Kamera aufgesetzt. Es folgt ein optional erhältlicher, zum Filterdurchmesser des Objektivs passender Reduzierring, um das
Objektiv an das Kameraanschluss stück zu schrauben. Die Reduzierringe sind für verschiedene Filterdurchmes ser zu Preisen ab rund 29 Euro er hältlich.
In unserem Test mit einer Nikon Z6 und einem Nikkor Z 2470 mm F4 S benötigten wir einen Reduzierring für ein 72mmObjektivgewinde. Sobald das Objektiv mit dem Reduzierring und dem Kameraanschlussstück in umgekehrter Richtung an der Kamera angebracht ist, kann man das Objek tivanschlussstück außen auf das Ob jektiv setzen. Beide Anschlussstücke sind mit Kontakten ausgestattet und können mithilfe eines Verbindungs kabels elektronische Signale für die Belichtungs und Fokussteuerung austauschen. Das hat auch den Vorteil, dass wichtige Parameter zur Belich tung und den Kameraeinstellungen in den EXIFDaten des Bilds festgehal ten werden.
Wie sich im Praxistest herausstellte, ist es gar nicht so einfach, mit dem 2470 mm am Umkehrring scharfzu stellen. Bei der kürzesten Brennweite, also bei 24 mm, mussten wir das Ob jektiv für ein scharfes Bild direkt auf das im Test für die Ermittlung des Ab bildungsmaßstabs verwendete Lineal aufsetzen. Das bedeutet, dass wir uns mit dem Objektiv selbst das Licht ge nommen haben. Das ist in der Praxis also wenig sinnvoll. Bei einer Brenn weite von 28mm ließ sich zumindest ein kleiner Abstand von acht Millime tern zum Lineal herstellen. Samt Um kehrring kamen wir somit auf einen beeindruckenden Abbildungsmaßstab von 1,7:1. Zum Vergleich: Ohne Um kehrring lag der Abbildungsmaßstab bei gleicher Brennweite bei nur 1:7,4. Bei einer Brennweite von 35 mm ergab sich mit Umkehrring ein Abbildungs maßstab von 1,3:1. Bei 70 mm sind es noch 1:1,5. Mit kurzen Brennweiten haben wir am Umkehrring somit ei nen größeren Abbildungsmaßstab er reichen können. Schwieriger wurde es mit der NikonFestbrennweite Nikkor Z 85 mm F1,8 S am Umkehrring. Wir haben verschiedene Abstände auspro biert, konnten am Ende aber kein ein ziges scharfes Bild schießen (siehe Grundlagen Seite 63).
Zwischenringe: Meike Extension Tube Set AF 3B Sony (ca. 27 Euro)
Zwischenringe sind eine preiswerte Lösung, um die Naheinstellgrenze ei nes Objektivs zu verkürzen. Wie der Name schon sagt, werden die Ringe zwischen die Kamera und das Objek tiv gesetzt. Anders als mit einem Retroadapter bleibt das Objektiv dabei in der gewohnten Richtung und zeigt mit dem Bajonett zur Kamera. Deshalb ist es wichtig, dass Sie stets darauf ach ten, Zwischenringe für das von Ihnen verwendete Kamerasystem zu kaufen. Sonst passen die Anschlüsse nicht. Zwischenringe werden meist im Set aus zwei bis drei Ringen verkauft. Sie sind unterschiedlich dick und führen damit auch zu unterschiedlich starken Vergrößerungen. Es ist sogar möglich, alle im Set enthaltenen Einzelringe miteinander zu kombinieren, um da mit eine deutlich stärkere Vergröße rung zu erreichen. So gut das auch klingt, gibt es dennoch einen kleinen Haken: Wegen des zusätzlichen Ab stands zwischen Kamera und Objektiv geht Licht verloren. Wie viele Blenden stufen das sind, hängt von der Größe des Abstands ab.
In unserem Praxistest haben wir uns das Meike Extension Tube Set AF 3B für Sony näher angesehen. Seine An schlussseiten sind beide aus Kunststoff gefertigt. Wer ein paar Euro mehr aus gibt, findet auch Zwischenringe mit einem Metallbajonett. Das MeikeSet kostet nur rund 27 Euro und besteht aus zwei Zwischenringen: einem mit einer Dicke von zehn Millimetern und einem weiteren mit 16 Millimetern. Beide Zwischenringe sind mit Kontak ten für die Übermittlung elektronischer Daten ausgestattet. Das erleichtert die Belichtungssteuerung und ermöglicht die automatische Fokussierung. Wir raten für die Makrofotografie aber grundsätzlich zur präziseren manuel len Fokussierung.
Kommen wir zur möglichen Vergrößerung: Im Test haben wir das Meike-Set zwischen einer Sony Alpha 9 II und dem FE 28mm F2 eingesetzt. Dessen maximal möglicher Abbildungsmaßstab liegt ohne Zwischenringe bei 1:6,3. Bereits mit dem 10-MillimeterZwischenring ergibt sich eine deutlich sichtbare Vergrößerung mit einem Abbildungsmaßstab von 1:1,9. Mit dem 16 Millimeter dicken Ring ist sogar ein Maßstab von 1:1,3 möglich. Werden beide Ringe kombiniert, lassen sich Motive mit einem Abbildungsmaßstab von 1,1:1 sogar ein bisschen größer als im Original abbilden.
Wichtig an dieser Stelle: Die genannten Abbildungsmaßstäbe beziehen sich ausschließlich auf die im Beispiel genannte Kombination mit dem Sony FE 28 mm F2. Mit anderen Objektiven werden sich auch andere Abbildungsmaßstäbe ergeben. Kommen wir noch kurz zum Lichtabfall, der durch die Zwischenringe verursacht wird: Der zehn Millimeter dicke Ring führt im Praxistest zu einem Lichtverlust von rund -0,3 Blendenstufen. Beim 16-Millimeter-Ring sind es -0,7 Blendenstufen, und bei der Kombination aus beiden ergibt sich ein Helligkeitsabfall von einer ganzen Blendenstufe.
Novoflex Automatisches Balgengerät Bal-Nikz (ca. 779 Euro)
Neben den automatischen Umkehrringen von Novoflex (Seite 65) bietet der Hersteller automatische Balgengeräte an, um den Abbildungsmaßstab noch weiter zu vergrößern. Dazu wird der bereits vorgestellte, automatische Umkehrring um zwei Adapterringe und einen ausziehbaren Balgen erweitert, der auf einem Einstellschlitten sitzt. Wir haben uns für unseren Praxistest das automatische Balgengerät für den Nikon-Z-Anschluss, kurz Bal-Nikz, näher angesehen. Das Balgengerät fällt
zwar für rund 779 Euro recht kostspielig aus, da es aber auch den automatischen Umkehrring für Nikon Z (Nikz-Retro) enthält, eignet sich das Balgengerät-Set im Grunde für zwei verschiedene Einsatzmöglichkeiten.
Eine wichtige Info vorab: Wer sowohl das Balgengerät als auch nur den Nikon-Z-Umkehrring verwenden möchte, muss bei der jeweils einsetzbaren Brennweite umdenken. Während wir zum Beispiel mit dem NikzRetro-Umkehrring am Nikkor Z 24-70 mm F4 S gerade noch so bei 28mm scharfstellen konnten, ging die nutzbare Brennweite am Balgengerät erst ab 44mm los. Und während sich das Nikkor Z 85mm F1,8 S am Umkehrring gar nicht verwenden ließ, liefert es am Balgengerät durchaus gute Ergebnisse mit einer starken Vergrößerung. Welches Objektiv und welche Brennweite am Balgen und am Umkehrring wie gut funktionieren, lässt sich daher nur schwer im Voraus sagen. Hier hilft nur: ausprobieren! Schauen wir uns nun die möglichen Abbildungsmaßstäbe mit dem Balgengerät genauer an und beginnen mit dem Nikkor Z 24-70 mm F4 S. Mit der Brennweite von 44 mm konnten wir den Abbildungsmaßstab 1,7:1 erreichen. Die Vergrößerung liegt also hier bereits über dem Originalmaßstab von 1:1. Bei 52mm kamen wir auf einen Abbildungsmaßstab von 1,9:1 und bei 70 mm sogar auf 2,5:1. Mit dem Balgengerät sind mit dem 24-70-mm-Zoom somit noch stärkere Vergrößerungen zu erzielen, als es nur mit dem Umkehrring möglich war.
Ist aus den Ergebnissen zu schließen, dass mit längeren Brennweiten am Balgen stärkere Vergrößerungen möglich sind als mit kürzeren Brennweiten? Das lässt sich pauschal nicht sagen und hängt von der Konstruktion des jeweiligen Objektivs ab. Ein gutes Beispiel ist der Vergleich mit dem Nikkor Z 85 mm F1,8 S. Die Brennweite ist zwar länger, die Konstruktion der Festbrennweite erfordert aber einen größeren Mindestaufnahmeabstand. Das hat zur Folge, dass wir auch die gesamte Balgenkonstruktion mit dem 85 mm weiter vom Motiv entfernen mussten, als das mit dem 24-70 mm der Fall war. So kamen wir mit dem Nikkor Z 85 mm am Balgengerät auf einen maximal möglichen Abbildungsmaßstab von 1,9:1. Heißt im Ergebnis, dass die Brennweite beim 85 mm zwar länger ist, wir im Praxistest mit dem 24-70er-Zoom bei 70 mm aber dennoch eine etwas stärkere Vergrößerung (Abbildungsmaßstab 2,5:1) herausholen konnten. Dafür ist das 85mm, wegen des größeren Mindestabstands bei scheuen Motiven die bessere Wahl.
Makroschlitten: Novoflex Castel-Cross MC
(ca. 370 Euro), Dörr MS-160 (ca. 23 Euro)
Wer nach einem Makro-Einstellschlitten Ausschau hält, wird recht schnell auf die Produkte des Herstellers Novoflex stoßen. Deren Präzision ist zwar hervorragend, die Anschaffungskosten bewegen sich allerdings auch im gehobenen Preisbereich. Der Kreuzeinstellschlitten Novoflex Castel-Cross MC, den wir für unseren Praxistest ausgewählt haben, kostet zum Beispiel rund 370 Euro. Selbst die Novoflex Castel-L-Variante mit nur einer Schiene schlägt mit rund 194 Euro zu Buche. Vor diesen Summen werden vor allem Einsteiger zurückschrecken. Aus diesem Grund haben wir zum Vergleich den für rund 23 Euro erhältlichen Makro-Einstellschlitten MS-160 des Herstellers Dörr mit in den Test geholt. Dieser Vergleich ist natürlich nicht ganz fair. Dennoch wollten wir herausfinden, ob es auch für wenig Geld möglich ist, die Kamera samt Objektiv präzise zu bewegen.
Der erste große Unterschied zwischen dem Dörr MS-160 und dem Novoflex Castel-Cross MC wird bereits bei der Verarbeitung deutlich. Beim NovoflexKreuzschlitten sitzt alles akkurat, da wackelt nichts. Die Materialien machen einen sehr hochwertigen Eindruck, und die Kamera lässt sich ruhig und millimetergenau auf den Schienen bewegen. Beim Dörr MS-160 wirken einige Kanten sowie die Schwalben
schwanzführung teilweise unsauber verarbeitet. Im Hinblick auf den günstigen Preis ist das aber grundsätzlich zu verschmerzen. Ungünstig ist dagegen das leichte Spiel, das sich sowohl an der Schraube zum Verstellen der Laufrichtung als auch an der Schiene selbst bemerkbar macht. Als wir die Kamera auf der Schiene vor- und zurückbewegten, war im Display bei jedem Richtungswechsel eine deutliche Bewegung nach links oder nach rechts bemerkbar, obwohl wir die Kamera eigentlich nur nach vorn und nach hinten bewegen wollten. Das Spiel an der Schiene mag zwar lediglich rund einen Millimeter betragen, die Auswirkungen sind aber, vor allem bei starken Vergrößerungen, mehr als unglücklich. Einsteiger, die nur hin und wieder einen Makroschlitten benötigen, werden sich damit vermutlich arrangieren. Wer den Schlitten dagegen häufiger verwenden möchte, greift besser zu dem teuren, dafür aber auch wesentlich präziseren Novoflex-Schlitten.
Dörr LED Ringlicht DRL-232 mit Batterie Box (ca. 108 Euro)
Wer bei starken Vergrößerungen sehr nah an sein Motiv herangeht, wird schnell bemerken, dass mit abnehmendem Abstand auch weniger Licht am Motiv ankommt. Hier leisten spezielle Makro- und Ringlichter Abhilfe, zum Beispiel das Dörr LED Ringlicht DRL-232 mit Batterie Box. Insgesamt 232 LEDs liefern laut Hersteller eine Beleuchtungsstärke von 1800 Lux auf einen Meter Entfernung.
Im Praxistest haben wir das Licht für kürzere Distanzen eingesetzt und waren mit der Helligkeit zufrieden. Das Licht ermöglicht nicht nur die Aufhellung dunkler Motive, die zusätzliche Lichtquelle half uns auch in heller Umgebung dabei, mit kurzen Verschlusszeiten zu arbeiten. Das kann hilfreich sein, falls doch mal aus der Hand fotografiert werden soll.
Das LED-Ringlicht ist über ein Rädchen stufenlos dimmbar und liefert eine recht kühle Farbtemperatur, die gemäß Herstellerangaben 5800 Kelvin (±200 Kelvin) entspricht. Für die Stromversorgung wird eine Batteriebox mitgeliefert, die mit sechs AA-Zellen bestückt wird. Leider fühlt sich die Batteriebox sehr nach Plastik und damit etwas billig an. Sie erfüllt aber ihren Zweck.
Die Batteriebox wird in das Steuergerät eingesetzt, das wiederum oben auf den Zubehörschuh der Kamera gesteckt wird. Das Steuergerät gibt die Eingaben über ein Kabel direkt an das LED-Ringlicht weiter. Sollte der Zubehörschuh der Kamera schon mit anderem Zubehör besetzt sein, lässt sich die Steuereinheit mit einem ein ¼-Zoll-Anschlussgewinde auch an einem Dreibeinstativ oder an einem Stativ-Zubehörarm befestigen.
Für das eigentliche LED-Ringlicht gibt es zwei Möglichkeiten der Montage: zum einen direkt vorn am Objektiv. Dafür gehören gleich mehrere Adapterringe für Objektivfiltergewinde mit Durchmessern von 52, 55, 58, 62, 67, 72 und 77 Millimetern zum Lieferumfang. Alternativ legt Dörr einen kleinen Kugelkopf bei, mit dem man das Licht in flexiblen Positionen arrangieren kann. Dieser Kugelkopf lässt sich entweder oben auf die Steuereinheit des Ringlichts oder auf den Stativkopf eines Dreibeinstativs setzen. Grundsätzlich sind wir für diesen Preis mit der Leistung zufrieden. Die Verarbeitung ist zwar nicht die beste, und es ist viel Kunststoff im Spiel, Einsteiger erhalten mit dem Dörr LED Ringlicht DRL-232 jedoch eine durchaus preiswerte und gute Beleuchtung.
Kurzer Hinweis zum Schluss: Bei einer Bewertung auf Amazon wird ein flackerndes Licht bei Videoaufnahmen bemängelt. Dieses Problem war bei unserem Muster nicht festzustellen.