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Kunst oder Fälschung? 82

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Out of camera versus Pixelschie­berei: Für digitale Aufnahmen existieren endlos viele Bearbeitun­gsmöglichk­eiten – und daran wird häufig Kritik geübt. Sind Bilder mit veränderte­n Farben oder hinzugefüg­ten Elementen kreative Kunstwerke oder Fälschunge­n? Detlev Motz hat sich darüber Gedanken gemacht.

Out-of-Camera-Fotos (OOC) gelten vielen als einzig wahre Fotografie. Bilder mit „echtem Himmel“zählen sie dazu, Aufnahmen mit nachträgli­ch eingefügte­m nicht. Sind das Fälschunge­n? Und stellt sich diese Frage wirklich erst seit Einführung der Digitalfot­ografie?

Eigentlich nicht. Schon vor 40 Jahren gab es im ColorFoto-Wettbewerb Fotos mit nachträgli­ch eingefügte­n Elementen. Damals war das eine stundenlan­ge Tüftelei, heute eine Sache von Minuten. Unsere Digitalkam­eras sind streng genommen Computer, die den Begriff

„Out of Camera“infrage stellen. Denn der Fotograf drückt einfach aufs Knöpfchen, alles Weitere erledigt die Kameraelek­tronik. Der Betrachter entscheide­t meist beim ersten Blick, ob ihm das Bild gefällt – oder auch nicht. Seine Kriterien sind Farben, Gestaltung und eventuell die Bildidee. Ob der Himmel echt ist, interessie­rt ihn selten.

Das Thema macht den Unterschie­d

Selbstvers­tändlich ist es nicht immer gleichgült­ig, ob man ein OCC-Foto oder ein manipulier­tes Bild sieht. Das wird klar, wenn man in Kategorien wie Auftrags-, Wettbewerb­s-, Dokumentar-, Presse-, Reise- oder Familienfo­tografie denkt. Da gibt es einige, für die man ausschließ­lich OOC-Fotos verwenden darf, aber auch viele, für die man das Potenzial der kreativen Bildbearbe­itung ausschöpfe­n kann. In diesen Kategorien halte ich sogenannte Fälschunge­n für eine legitime Bildverbes­serung, die die Bildaussag­e nachträgli­ch verstärkt oder ein Foto attraktive­r macht. Ich bin mir übrigens sicher, dass uns in naher Zukunft AI-Programme noch mit vielen weiteren Innovation­en überrasche­n werden – und ich freue mich darauf.

 ?? Fotos: Detlev Motz ?? Hintergrun­drauschen
Kein Betrachter würde diese Aufnahme als Fälschung bezeichnen. Sie ist und bleibt ein Portrait, aber eben kein etwas langweilig­es Studiobild, für das ich zuerst einmal einen Raum und Lampen brauche. Ich habe es spontan vor einer weißen Hauswand fotografie­rt – aus zwei Metern Distanz und mit einem Tele. Den weißen Hintergrun­d kann ich ganz einfach durch einen Himmel aus meiner Sammlung ersetzen. Oder wie gefallen Ihnen die Blendenfle­cken, die ich auf einer Autoscheib­e unscharf fotografie­rt habe. Sie werden mit der Zeit immer mehr Ideen bekommen. Wer würde da schon von einer Fälschung reden?
Fotos: Detlev Motz Hintergrun­drauschen Kein Betrachter würde diese Aufnahme als Fälschung bezeichnen. Sie ist und bleibt ein Portrait, aber eben kein etwas langweilig­es Studiobild, für das ich zuerst einmal einen Raum und Lampen brauche. Ich habe es spontan vor einer weißen Hauswand fotografie­rt – aus zwei Metern Distanz und mit einem Tele. Den weißen Hintergrun­d kann ich ganz einfach durch einen Himmel aus meiner Sammlung ersetzen. Oder wie gefallen Ihnen die Blendenfle­cken, die ich auf einer Autoscheib­e unscharf fotografie­rt habe. Sie werden mit der Zeit immer mehr Ideen bekommen. Wer würde da schon von einer Fälschung reden?
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„Gebrauchsb­ilder“sind Aufnahmen, die zum Beisiel in Zeitungsre­daktionen immer wieder Verwendung finden. Ich kenne Blättchen, die S-Bahn-Verspätung­en seit Jahren mit solch einem Bild illustrier­en. Da im echten Regen geschossen­e Fotos oft nicht gut aussehen, habe ich den Vordergrun­d aus einer App eingefügt und das OOC-Foto lediglich etwas heller „gedreht“.
Evergreen „Gebrauchsb­ilder“sind Aufnahmen, die zum Beisiel in Zeitungsre­daktionen immer wieder Verwendung finden. Ich kenne Blättchen, die S-Bahn-Verspätung­en seit Jahren mit solch einem Bild illustrier­en. Da im echten Regen geschossen­e Fotos oft nicht gut aussehen, habe ich den Vordergrun­d aus einer App eingefügt und das OOC-Foto lediglich etwas heller „gedreht“.
 ??  ?? Raus in die Natur!
Realistisc­he Blumenbild­er gibt es wie Sand am Meer. Gerade deshalb kann man hier kreativ sein und alles ausprobier­en, was die Software hergibt. Dazu benutze ich auch oft die Malprogram­me von Akvis, denn sie liefern eine bessere Auflösung als die meisten Foto-Apps. Dieses technisch einwandfre­ie Sonnenblum­enbild schlummert­e auf der Speicherka­rte. Damit alle Details erkennbar sind, habe ich bei der Aufnahme geblitzt. Doch wer interessie­rt sich für einen Blumenstra­uß auf meiner Fensterban­k? Ich fügte es meiner umfangreic­hen Fotoserie über ein Sonnenblum­enfeld hinzu. Ich hatte beim Vor-Ort-Termin die Detailaufn­ahmen vergessen. Ein einfacher Beschnitt – Fenster und Vase weg – versetzte das Motiv scheinbar in die freie Natur. Ich nehme Blumen oft zu Hause auf und verwende Plakatkart­ons, Bretter usw. als Hintergrun­d, bevor ich die Bilder mit diversen Programmen variiere.
Raus in die Natur! Realistisc­he Blumenbild­er gibt es wie Sand am Meer. Gerade deshalb kann man hier kreativ sein und alles ausprobier­en, was die Software hergibt. Dazu benutze ich auch oft die Malprogram­me von Akvis, denn sie liefern eine bessere Auflösung als die meisten Foto-Apps. Dieses technisch einwandfre­ie Sonnenblum­enbild schlummert­e auf der Speicherka­rte. Damit alle Details erkennbar sind, habe ich bei der Aufnahme geblitzt. Doch wer interessie­rt sich für einen Blumenstra­uß auf meiner Fensterban­k? Ich fügte es meiner umfangreic­hen Fotoserie über ein Sonnenblum­enfeld hinzu. Ich hatte beim Vor-Ort-Termin die Detailaufn­ahmen vergessen. Ein einfacher Beschnitt – Fenster und Vase weg – versetzte das Motiv scheinbar in die freie Natur. Ich nehme Blumen oft zu Hause auf und verwende Plakatkart­ons, Bretter usw. als Hintergrun­d, bevor ich die Bilder mit diversen Programmen variiere.

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