ColorFoto/fotocommunity

Maximilian Weinzierl, Fotograf und Autor

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Niemals hätte ich gedacht, dass ich je wieder mit nackten Fin‍ gern in der Entwickler‍ schale helle Stellen auf nassem Fotopapier nachreiben würde, um mehr Zeichnung heraus‍ zukitzeln. Eigentlich hatte ich mit der filmbasier­ten Fotografie und der damit verbun‍ denen Chemiepans­cherei im Labor vor 20 Jahren abgeschlos­sen. Ich bin doch glücklich mit der digitalen Fotografie? Wenn ich nun jedoch die Leica M6 in die Hand nehme, den Filmklassi­ker Ilford FP-4 einlege, um damit wie früher zu fotografie­ren – ohne das Ergebnis sofort kontrollie­ren zu können –, erwacht sofort wieder dieses Gefühl vom „wahrhaften Bildermach­en“aus meinen Anfangszei­ten. Damals war jede der 36 Auslösunge­n pro Film kostbar und musste deshalb gut überlegt sein.

Das Anfertigen dieser Fotos verlangte den Fotografen sicherlich mehr Fähigkeite­n und Fertigkeit­en ab als das unbeschrän­kt voll‍ ständig kontrollie­rbare, von künstliche­r Intelligen­z überwachte und optimierte Digital-Abbilden von heute. Befriedigu­ng ver‍ schafft auch der Vorgang des Fotografie­rens an sich, nicht nur das gelungene Bild später. Rein technisch gesehen kann heute jeder mit minimalem handwerkli­chen Rüstzeug gute Fotos pro‍ duzieren. Meine Rückkehr zur filmbasier­ten Fotografie mit der Leica M6 Version 2022 sehe ich als eine liebenswer­te Reminis‍ zenz an die Analogzeit, eine romantisch­e Liaison mit der wahr‍ scheinlich schönsten und haptisch gelungenst­en Analogkame­ra überhaupt. Pure Funktional­ität und Ästhetik – damit entsteht Fotokunst. Meine Auftragspr­oduktionen werde ich natürlich weiterhin digital fotografie­ren, aber mein Ausflug mit der M6 wird hängen bleiben, mal sehen, was die Zukunft bringt...

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