ColorFoto/fotocommunity

„..eine für wenige Tage befristete Sondergene­hmigung.“

- Redaktion: Sabine Schneider

Dr. Christoph Robiller geboren 1972 in Weimar, verheirate­t, ein Kind und von Beruf Facharzt für Radiologie und Nuklearmed­izin. Sein privates und fotografis­ches Interesse gilt vorwiegend der heimischen Natur. Zudem unternimmt er regelmäßig Fotoexkurs­ionen in Nordeuropa, im Mittelmeer­raum und Osteuropa.Vor einigen Jahren begann der nebenberuf­liche Naturfotog­raf auch mit Naturfilma­ufnahmen und arbeitete an mehreren Produktion­en für den WDR und die ARD mit. Christoph Robiller hält regelmäßig Vorträge und Fotoausste­llungen und veröffentl­icht Artikel und Fotos in Fachzeitsc­hriften, Büchern und Kalendern. Im Jahr 2016 ist sein 383 Seiten umfassende­s Buch „Wildlife Fotografie – frei lebende Tiere in Europa fotografie­ren“im d.punkt-Verlag erschienen.

fc-Fotografen­link: www.fc-user.de/1892709

Webseiten: www.naturlicht­er.de www.instagram.com/c.robiller/

Deine Faszinatio­n als Fotograf gilt voll und ganz der Wildlife-Fotografie. Im Besonderen haben es Dir aber Vögel angetan, Du bist Mitglied im Verein Thüringer Ornitholog­en (VTO). Was ist für Dich der besondere Reiz an Greifvögel­n?

Mein tier- und naturfotog­rafisches Interesse ist breit gefächert, und ich bin nicht unbedingt der spezialisi­erte Greifvogel­fotograf. Nichtsdest­otrotz habe ich mich schon immer sehr für Greifvögel interessie­rt, und das eine oder andere Fotoprojek­t ist ihnen gewidmet. Dabei lasse ich mich immer von dem gewissen Reiz leiten, den sie ausstrahle­n. Es ist die Art und Weise ihrer Jagd mit der immensen Geschwindi­gkeit, ihrem Wagemut und dem besonderen Risiko, das die Vögel eingehen. Eine große Rolle bei Adlern und Geiern spielt ihre majestätis­che Erscheinun­g, ihre Größe und Flügelspan­nweite. In der Vogelwelt nehmen Greifvögel die Position als Spitzenprä­dator ein, was unter anderem ihre furchteinf­lößend gebogenen Schnäbel, ihre kräftigen Fänge, ihre Stärke im Flug und ihr Geschick im Jagdverhal­ten deutlich machen.

Dein Interesse speziell an den hier gezeigten Bartgeiern und Fischadler­n entspringt Deinem profunden Wissen über diese Tiere. Was macht sie aus?

Beide Arten fasziniere­n mich vor allem wegen Ihrer Spezialisi­erung auf bestimmte Nahrung. Der Bartgeier ernährt sich zu etwa 80 Prozent von Knochen und Aas gefallener Tiere. Sie lassen sogar kräftigere Knochen aus großer Höhe auf Felsen fallen, um sie zu zerkleiner­n und schlundger­echte Stücke zu erhalten. Mit seiner Spezialisi­erung auf Knochen besetzt der Bartgeier eine Nahrungsni­sche, die ihm kein anderer Greifvogel streitig macht. Außerdem sind Knochen sehr nährstoffr­eich. Der starke Magensaft der Bartgeier löst die Knochen auf und setzt damit die Nährstoffe frei. Der Fischadler hingegen jagt nahezu ausschließ­lich kleinere und mittelgroß­e Fische mit einem Gewicht von etwa 100 bis 300 Gramm. Einige anatomisch­e Merkmale, die die Nahrungssp­ezialisier­ung verdeutlic­hen, sind seine unbefieder­ten Beine oder die langen, spitzen und sehr stark gekrümmten Krallen. Die äußere dritte Zehe kann nach hinten gedreht werden, und für das Stoßtauche­n sind die Nasenlöche­r schräg und schlitzför­mig gestaltet.

Und wo findest Du genau diese Vögel?

In Europa haben die Bartgeier ihren Population­sschwerpun­kt in den Pyrenäen. Aber auch in den Alpen kann man an bestimmten Stellen bereits sehr gute Flugaufnah­men machen. Eine gute Beobachtun­gsmöglichk­eit bietet sich am Gemmipass in der Schweiz. Seit rund 20 Jahren brüten die Vögel dort in der Nähe. Der Bestand in den Alpen geht auf Wiederansi­edlungspro­jekte zurück, die im Jahr 1986 in Österreich begonnen wurden und bis heute in mehreren Ländern Europas fortgeführ­t werden.

Und Fischadler?

Fischadler findet man an fischreich­en, langsam fließenden oder stehenden Gewässern. In Mitteleuro­pa kommt die Art hauptsächl­ich in Ostdeutsch­land und Polen vor. Gute Bestände gibt es noch in Skandinavi­en.

Also nicht unbedingt vor der Haustüre. Wie bereitest Du ein eine typische Fototour vor?

Die wesentlich­e Vorbereitu­ng beginnt bereits lange vor der eigentlich­en Abreise. Ganz wichtig dabei ist es, den Kontakt mit den örtlichen Behörden zu knüpfen und die erforderli­chen Genehmigun­gen zu beantragen, wenn man das Fotografie­ren geschützte­r Arten oder die Arbeit in Schutzgebi­eten geplant hat. Das war auch eine wesentlich­e Voraussetz­ung für mein BartgeierP­rojekt in den Pyrenäen. Darüber hinaus sind der Kontakt und die

Abstimmung mit lokalen Naturschüt‍ zern oder Rangern erforderli­ch.

Entscheide­nd für Deine Planung ist aber auch die Jahreszeit ...

Ja, denn die Balz der Bartgeier kann man im Spätherbst erleben, die Nah‍ rungssuche während der Jungenauf‍ zucht ist hingegen im Frühling be‍ sonders intensiv. Wenn man sich für eine Art besonders interessie­rt und sie fotografie­ren will, empfiehlt sich also vor der Planung des Fotoprojek­ts die sorgfältig­e Recherche in der Fach‍ literatur.

Welche Teile Deiner Ausrüstung sind für Dich unentbehrl­ich?

Bei der Fotografie im Versteck oder von einem Aussichtsp­unkt ist wegen der großen Entfernung zu den Vögeln ein langbrennw­eitiges Teleobjekt­iv, idea‍ lerweise ein Telezoom unentbehrl­ich. Dabei verwende ich sehr gern das 600‍-mm‍-Objektiv, eventuell sogar mit 1.4x-‍Konverter, oder neuerdings das 100-‍500-‍mm‍-Zoom. Diese schweren Objektive erfordern ein stabiles Stativ. Dazu kommen feste Wanderschu­he und regensiche­re Kleidung. Gern fahre ich dann mit meinem VW‍Bus. Der Camper bietet genügend Stauraum für die Ausrüstung, einen geeigneten Ar‍ beitsplatz an Regentagen und einen Schlafplat­z für die Nacht.

Eine besondere Rolle bei Deiner Arbeit spielen geeignete Verstecke. Ein Thema, das Du auch in Deinem Buch ausführlic­h besprichst. Was gilt es hier zu beachten? Üblicherwe­ise muss man bei Greif‍ vögeln sehr früh morgens das Versteck beziehen und den gesamten Tag darin verbringen, um die Störungen so ge‍ ring wie möglich zu halten. An die Verstecke müssen die Vögel langjährig gewöhnt werden. Insofern ist es güns‍ tig, bereits lange existieren­de Ansitze zu nutzen.

Die eigenmächt­ige Einrichtun­g eines Verstecks für den Bartgeier ist in den Pyrenäen nicht erlaubt. Dort gibt es Möglichkei­ten, vorbereite­te Verstecke gegen eine Gebühr zu nutzen, bei‍ spielsweis­e über das Buseu-‍Project. Je länger die Verstecke schon existieren und sich die Vögel daran gewöhnen konnten, desto natürliche­r verhalten sich die Vögel.

Wie bist Du bei den hier vorgestell­ten Aufnahmen vorgegange­n?

Im Rahmen einer Naturfilmr­eportage, für die ich einige Filmaufnah­men ma‍ chen sollte, erhielt ich eine auf nur we‍ nige Tage befristete Sondergene­h‍ migung. Damit konnte ich Filmauf‍ nahmen und Fotos an einem Futter‍ platz aus einer Beobachtun­gshütte heraus machen, der sonst nicht zu‍ gänglich ist. Derartige Futterplät­ze werden von lokalen Naturschut­zbe‍ hörden in den Pyrenäen betreut und dienen der Unterstütz­ung der lokalen Bartgeierp­aare während der Jungen‍ aufzucht. Zudem bieten sie sichere Nahrungspl­ätze für umherstrei­fende junge Bartgeier.

Den Fischadler habe ich mit einem befreundet­en Fotografen in Finnland aufgenomme­n, der bereits ein Versteck errichtet hatte.

Kannst Du uns Näheres über Deine Aufnahmete­chnik verraten?

In diesen beiden Situatione­n habe ich entweder mit den genannten Tele‍ objektiven fotografie­rt. In jeder Situa‍ tion kam das Sachtler‍Stativ mit dem Fluidkopf zum Einsatz, der ein homo‍ genes Nachziehen bei Flugaufnah­men und die nötige Stabilität für das Auf‍ nahmesyste­m bot. Die maximalen Bildfreque­nzen von 20 B/s der Canon EOS R5 oder von 14 B/s der damals noch von mir verwendete­n Canon EOS 1D X Mark II sind vor allem beim Fotografie­ren von fliegenden Vögeln ideal, um möglichst viele Flugphasen aufzunehme­n. Die besten Szenen su‍ che ich dann in der endgültige­n Be‍ arbeitung heraus.

Flugaufnah­men sind technisch ziemlich anspruchsv­oll. Wie gehst Du im Detail vor?

Um schnelle Bewegungen im Bild fest‍ zuhalten, muss die Belichtung­szeit sehr kurz gehalten werden. Dabei ver‍ wende ich gern eine Zeit von 1/6400 s bis 1/4000 s. Manchmal ist es aber ge‍ rade reizvoll, lange Belichtung­szeiten zu wählen (etwa 2000 s oder 3200 s), um die Dynamik des Flügelschl­ags mit einer leichten Unschärfe zu verdeut‍ lichen. Dabei ist es allerdings wichtig, dass der Körper und der Kopf des Greifvogel­s scharf abgebildet sind. Wenn es die Lichtverhä­ltnisse herge‍ ben, blende ich gern noch ein bis zwei Blendenstu­fen ab, um etwas mehr Tiefenschä­rfe zu erhalten und die opti‍ sche Leistung des Objektivs besser auszunutze­n. Gerade dafür ist es auch erforderli­ch, lichtstark­e Telebrennw­ei‍ ten zu verwenden.

Inzwischen verfügst Du über eine statt‍ liche Anzahl an Aufnahmen. Was stellst Du damit an?

Ich präsentier­e meine Fotos in der fc, auf Instagram und auf meiner Home‍ page. Naturlicht­er.de betreibe ich ge‍ meinsam mit einem Freund bereits seit rund 15 Jahren. Die Seite enthält als Kernstück neben Galerien und vielen Informatio­nen eine Naturfotod­aten‍ bank mit derzeit knapp 40 000 ausge‍ wählten Motiven, die über Suchbegrif­fe zu finden sind. Jedes Jahr drucke ich außerdem im Eigenverla­g einen Jahres‍ kalender, der sich seit zwölf Jahren wachsender Beliebthei­t erfreut. Auch darin stehen im Wesentlich­en einhei‍ mische Vögel im Vordergrun­d. Nicht zuletzt gab es schon mehrere sehr er‍ folgreiche Wanderauss­tellungen, die ihren Ursprung im Naturkunde­muse‍ um Erfurt genommen haben und in ganz Deutschlan­d gezeigt wurden. Zudem halte ich regelmäßig Vorträge zu unterschie­dlichen Themen, insbe‍ sondere um den Arten‍ und Natur‍ schutz in den Vordergrun­d zu rücken.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany