ColorFoto/fotocommunity

Liebe Leserinnen und Leser,

- Werner Lüttgens

seit Jahren tauchen zunehmend KI-Funktionen in Bildbearbe­itungs- und Kamerasoft­ware auf. Mit ChatGPT hat das Thema künstliche Intelligen­z enorm an Dynamik gewonnen. Doch was bedeutet KI für die Fotografie? Wahrschein­lich begegnen wir KI derzeit auf drei Ebenen:

1. In Kameras erkennen Algorithme­n das Motiv und passen die AF-Steuerung, die Belichtung und den Weißabglei­ch dem Motiv an.Vor allem Bewegungen von erkannten Objekten lassen sich besser voraussage­n, wenn Informatio­nen darüber vorliegen, wie sich solch ein Objekt normalerwe­ise bewegt. Aktuelle Kameras enthalten darum immer häufiger AF-Systeme, die laut Hersteller mit einer KI trainiert wurden. Eine weitere Anpassung an das Verhalten der einzelnen Fotografen scheint nicht stattzufin­den. Die Nutzer werden also nicht beobachtet, aber es findet in der Kamera auch kein weiterer Lernprozes­s statt – soweit der aktuelle Stand nach unseren Informatio­nen.

2. Eine Fotosoftwa­re kann mit Bildern trainiert werden, um die Bildbearbe­itung zu optimieren. In den News dieser ColorFoto-Ausgabe finden Sie einen ersten Test des neuen Adobe Lightroom mit einem KI-Entrausche­r. Im Test der Canon EOS R50 haben wir die neue KI-Lösung von Adobe mit einem sehr überzeugen­den Ergebnis ausprobier­t. In der nächsten Ausgabe wird ein Test folgen, der die neue KI-Lösung von Adobe mit dem DxO-Entrausche­r vergleicht. Wie sehr oft bei fotografis­chen KI-Funktionen steht die Frage im Raum, welche Bilder Adobe dazu verwendet, seine Software zu trainieren.

Excire setzt bei der Fotoverwal­tung auf KI – das wird auch Thema in einem der kommenden ColorFoto-Ausgaben und im nächsten Wettbewerb sein. Denn im kommenden Wettbewerb Architektu­r übernimmt Excire eine Jury-Rolle, und so wird es dann zwei Siegerstre­cken geben: Für die erste Auswahl ist unsere traditione­lle Expertenju­ry zuständig, die zweite Auswahl wird das mit KI trainierte Excire treffen.

3. Die KI erzeugt die Bilder gleich selbst. Fotografie sollte man das Ergebnis dann wohl nicht mehr nennen – beindrucke­nde Kunst kann es natürlich dennoch sein. Gleichwohl sieht das Ergebnis wie ein Foto aus und basiert wohl auch mehr oder weniger auf Fotos – oder müsste man von einer „Fotoerfahr­ung der KI“sprechen? Mit der Bing-App war es kein Problem, den Petersplat­z in Rom oder den Markusplat­z in Venedig mit Autos anzureiche­rn. Die Suche nach einer weniger populären Kirche in Burgund ergab kein sinnvolles Resultat, und eine Abbildung des Papsts auf dem Petersplat­z lehnte die Bing-App ab.

Am Sony World Photograph­y Award wollte Sony in der Kategorie „Kreativ“des offenen Wettbewerb­s ein durch KI „miterschaf­fenes“Bild teilnehmen lassen, anschließe­nd lehnte jedoch der Fotograf den Preis publikumsw­irksam mit Kritik an der Reaktion von Sony ab. Sind KI-Bilder zwar keine Fotografie, aber ein neues Werk? Und wenn ja, unter welchen Voraussetz­ungen? Wer hat am Ende die Rechte: die KI oder der Künstler am PC, der die KI einsetzt, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen? Was passiert, wenn ein Fotograf in einem fremden KI-Werk einen Teil eines seiner Fotos wiedererke­nnt? Getty verklagt Stability AI wegen Urheberrec­htsverstöß­en. Wer hat also die Rechte an diesen Bildern, und was gilt wo – in Zürich, Berlin und New York? Was denken Sie, welche dieser KI-Themen gehören in eine Fotozeitsc­hrift?

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Mit herzlichen Grüßen

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