NW - Haller Kreisblatt

Vom Laufsteg in die Kirche

Edoardo Santini war der schönste Mann Italiens. Jetzt hängt er seine Modelkarri­ere an den Nagel und will Priester werden – zum Leidwesen seiner Oma.

- Julius-Müller Meiningen

■ Rom. Der Weg zum Glück führt manchmal über verschlung­ene Pfade. Viele junge Menschen träumen beispielsw­eise von einer Karriere als Schauspiel­er oder Fotomodel.

Dass man auf diese Weise relativ schnell glücklich wird, ist eine verbreitet­e Vorstellun­g. Vielleicht erfährt aber auch nur das eigene Ego auf diese Weise Genugtuung. Man weiß es nicht. Edoardo Santini hat solche Zusammenhä­nge offenbar früh durchdrung­en, daraus aber keine gewöhnlich­e Konsequenz gezogen. Der 21Jährige wurde vor drei Jahren zum schönsten Mann Italiens gewählt, startete eine Karriere als Schauspiel­er, Model und Sänger. Jetzt hat ihn für die Öffentlich­keit etwas überrasche­nd eine ganz andere Berufung gepackt. Der Italiener aus Castelfior­entino in der Toskana will katholisch­er Priester werden.

Nun kann man lange darüber spekuliere­n, ob der Dienst im Namen Gottes und der katholisch­en Kirche mit Zölibat und anderen Eingrenzun­gen glückbring­end sein kann. Zum Glück können die meisten Menschen hierzuland­e aber frei und eigenständ­ig über ihren Werdegang und darüber entscheide­n, worin für sie die sogenannte Selbstverw­irklichung besteht.

Für Santini, der bislang sehr hübsch für Werbefotos posierte, war der Weg gar nicht leicht. „Meine größte Angst war, nicht akzeptiert zu werden für diese Entscheidu­ng“, gestand der Italiener in einem InstagramP­ost. Es gebe Leute, die über ihn lästerten, andere, die seine Entscheidu­ng als „Enttäuschu­ng“aufnahmen. Seine Großmutter fand eindeutig die Modelkarri­ere besser. Sie habe in seinem Alter an andere Dinge gedacht, sagte sie ihrem Enkel. Der war enttäuscht von der Oma und ließ sich nicht beirren. Santini zog es zu Gott. Jenes gewisse Gefühl begann in den Jugendgrup­pen der Kirchengem­einde von Castelfior­entino, nahm seinen Lauf beim Weltjugend­tag im vergangene­n Jahr in Lissabon. Er habe „wunderbare Personen“kennen gelernt, von denen er viel gelernt habe.

Vergangene­s Jahr sei er dann mit zwei Priestern zusammen gezogen, berichtete der einst schönste Jüngling Italiens. „Das war die schönste Erfahrung meines Lebens“, sagt Santini über die Priester-WG. Nun habe er beim Bischof von Florenz die Aufnahme ins Priesterse­minar beantragt und bereite sich bereits auf das Theologies­tudium vor.

Vielleicht liegt dem Toskaner die Heiligkeit auch im Blut. Der Nachname Santini stammt vom lateinisch­en Wort sanctus, was „heilig“bedeutet. Wie auch immer, Edoardo sagt: „Jetzt habe ich diesen Schritt gemacht, vor dem ich so große Angst hatte und der mich daran hinderte, wirklich ich selbst zu sein.“Santini ist nun – wie wir alle – auf dem Weg zu sich selbst und kann von Glück reden, einen so starken Ruf vernommen zu haben und diesem dann auch gefolgt zu sein. Denn wie viele auf uns selbst bezogene Wünsche und mögliche Werdegänge bleiben unerfüllt in dieser Welt, aus Angst vor dem Scheitern?

Insofern taugt Santini zweifellos zum Vorbild. Dabei ist der Weg des schönen Jünglings freilich nur eine Metapher im Sammelsuri­um der Möglichkei­ten. Vor exakt einem Jahr schlug ebenfalls in Italien die berühmte Nonne Suor Cristina den entgegen gesetzten Weg, von der Ordensschw­ester zur Sängerin, ein.

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Foto: Credit: Instagram/Edoardo Santini Model Edoardo Santini.

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