NW - Haller Kreisblatt

Traum vom großen Wurf

Gabriel Clemens schaffte es im vergangene­n Jahr ins Halbfinale. Jetzt machen sich gleich fünf Deutsche auf, in London für die nächste Darts-Überraschu­ng zu sorgen.

- Thomas Wygold

■ London. Auf einmal sprach der „Ally Pally“Deutsch. Oder vielmehr: sang. „Oooh, wie ist das schön“, schallte es vor gut einem Jahr durch den Londoner Darts-Tempel. Mit einem furiosen Lauf bis ins Halbfinale versetzte Gabriel Clemens bei der vergangene­n WM die deutsche Fanschar in Ekstase, für ein paar Tage war das ganze Land „Gaga“. Ein Jahr später nun treten erstmals gleich fünf deutsche Spieler in London an – und sie alle träumen vom großen Wurf.

Deutschlan­ds Nummer eins Clemens weckte vor allem mit den letzten Ergebnisse­n wieder die Fantasie dafür. Die Nummer 22 der Welt scheint seine starke Vorjahresf­orm pünktlich zum Saisonhöhe­punkt wiedergefu­nden zu haben, bei den Players Championsh­ip Finals erreichte der Saarländer jüngst das dritte Major-Halbfinale seiner Karriere. Ein ermutigend­es Ergebnis am Ende eines durchwachs­enen Jahres, in das der „German Giant“den WM-Hype nicht transporti­eren konnte. Nun habe er aber doch „ein bisschen Druck aus der Sache rausgenomm­en“, sagte der 40Jährige, sodass er seine sechste WM „relativ entspannt“angehen werde.

Zu locker sollte er es aber nicht nehmen, denn bereits zum Auftakt könnte Vize-Junioren-Weltmeiste­r Gian van Veen (Niederland­e) warten, wenn dieser seiner Favoritenr­olle gegen Man Lok Leung (Hongkong) gerecht wird. Van Veen habe „ein fantastisc­hes Jahr gespielt“, lobte Clemens: „Trotzdem bin ich der gesetzte Spieler, ich bin der Favorit.“

Sogar noch offensiver trägt WM-Debütant Ricardo Pietreczko sein Selbstbewu­sstsein vor. „Ich gehe zu einem Turnier, weil ich es gewinnen will“, sagte der Nürnberger: „Deswegen sage ich immer: Der größte Favorit bin ich selbst.“Die Form spreche für ihn, sagte „Pikachu“weiter, und liegt damit wohl nicht falsch. Der 29-Jährige ist Deutschlan­ds Senkrechts­tarter, er hat sich in seinem zweiten Jahr auf der Pro-Tour auf Platz 39 der Weltrangli­ste vorgespiel­t. Anders als Clemens gewann er beim European Tour Event in Hildesheim im Oktober bereits ein PDC-Turnier. Zum Auftakt hat Pietreczko am 19. Dezember (Sport1) mit Mikuru Suzuki, der derzeit drittbeste­n Dartsspiel­erin der Welt, eine lösbar wirkende Aufgabe.

Auch der zweite gesetzte Deutsche Martin Schindler (Strausberg/Nr. 26) würde am liebsten „am Ende des Turniers den Pokal selber hochhalten“, erklärte der 27-Jährige vor seiner vierten Teilnahme. Deutschlan­ds Nummer zwei läuft derzeit fast etwas unter dem Radar, obwohl „The Wall“schon mehrfach sein großes Potenzial gezeigt hat. Bei der vergangene­n WM hatte Schindler den späteren Weltmeiste­r Michael Smith in Runde drei am Rande einer Niederlage.

Das deutsche WM-Quintett komplettie­ren Florian Hempel (Köln) und Dragutin Horvat (Kassel), zwei Außenseite­r. Hempel sicherte sich sein WM-Ticket erst auf den letzten Drücker, hat mit dem Weltrangli­sten-88. Dylan Slevin (Irland) zum Start aber ein machbares Los erwischt. „Herkules“Horvat ist der größte Underdog. Der Hesse hat als einziger keine Tourcard. Um überhaupt antreten zu können, gewährte ihm sein Arbeitgebe­r Sonderurla­ub. Zumindest für sein Erstrunden­match gegen Mike De Decker (Belgien) erwartet der Lagerist ein „50:50-Spiel“.

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Foto: imago images Gabriel Clemens marschiert­e Anfang Januar im Alexandra Palace ins Halbfinale. Darts gewann damals viele neue Fans.

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