Bürgermeister bleibt stumm
Norbert Morkes äußert sich nicht zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen. Unterdessen wird spekuliert, er bleibe dem Rathaus für längere Zeit fern.
■ Gütersloh. Die von Bürgermeister Norbert Morkes angekündigte Stellungnahme zu den Inhalten des Beigeordneten-Briefes lässt weiter auf sich warten. Entgegen seiner Ankündigung hat er sich bislang nicht zu den im Brief erhobenen Vorwürfen geäußert. Auf Presseanfragen reagiert er nicht. Aus dem Rathaus heißt es derweil, dass möglicherweise noch länger mit seiner Abwesenheit gerechnet werden muss.
Bekannt ist bislang lediglich, dass der Bürgermeister bis einschließlich Freitag krankgeschrieben ist. Die Ratssitzung, in der es unter anderem um die Nachtabschaltung der Laternen, um Schulbauten und um die Frage geht, ob sich Gütersloh nun definitiv (inklusive hohem Eigenanteil) um eine Millionenförderung für den öffentlichen Nahverkehr bewirbt, wird Morkes (BfGT) demnach verpassen; geleitet wird die Sitzung von der stellvertretenden Bürgermeisterin Ingrid Hollenhorst (CDU). Tags darauf beginnt auf dem Hof Kruse in Isselhorst das Mittelalterfest Anno Wyhnacht, ausgerichtet von der Veranstalteragentur Anno Events. Beobachter fragen sich nun, ob Morkes dort in Erscheinung tritt.
Wie es aus dem Rathaus heißt, hat der Bürgermeister angekündigt, nach seiner Genesung Urlaub nehmen zu wollen. Er selber äußert sich nicht dazu. Anschließend, so heißt es weiter, wolle er Überstunden abbauen, sogenannten Freizeitausgleich. Diese Phase, so sei es von ihm beabsichtigt, würde sich über einen längeren Zeitraum hinziehen. Eine offizielle Auskunft gibt es dazu allerdings nicht. Es handele sich um eine „persönliche Angelegenheit“, zu der keine Angaben gemacht werden dürften.
Bleibt der Bürgermeister für längere Zeit dem Rathaus fern, hätte das zur Folge, dass er in einer für die Stadt Gütersloh schwierigen Phase ausfiele. Aktuell sind Ratsfraktionen und Verwaltung bemüht, in regelmäßigen Haushaltsklausuren auf die finanzielle Krise zu reagieren.
Die Arbeitszeit von Bürgermeistern ist kaum zu bemessen. Die Auskunft des NRWMinisteriums für Kommunales dazu ist wie folgt: „Bürgermeister unterliegen keiner allgemeinen Arbeitszeiterfassung aufgrund der Besonderheiten ihrer Tätigkeit, so dass keine Kontrolle ihrer Arbeitszeiten erfolgt. Sie bestimmen den Umfang ihrer Dienstzeit selbst.“
In welchem Umfang ein Bürgermeister nach offiziellem Behördenschluss als Amtsträger zu Hause oder am Wochenende arbeitet, lässt sich objektiv ohnehin nicht feststellen. Das Ministerium sagt, es sei nicht üblich, dass Bürgermeister Überstunden abbauen. Sollte Morkes das dennoch vorhaben, wäre die Frage interessant, wie er sie nachweisen will.
Unterdessen wurde bekannt, dass die Kommunalaufsicht des Kreises bislang nicht ermittelt. Sie ist die Disziplinarvorgesetzte des Bürgermeisters. Ein Sprecher des Kreises teilte mit, der Aufsicht sei der Inhalt des Beigeordneten-Schreibens seit Juni bekannt. Es enthalte, wie auch von den Verfassern hervorgehoben, bewusst keine konkreten Beispiele. „Das gilt namentlich für die Nutzung des Dienstwagens oder des Einsatzes des Chauffeurs zu gegebenenfalls privaten Zwecken oder des gerügten frauenverachtenden, sexistischen Auftretens gegenüber Mitarbeiterinnen der Verwaltung.“Das Schreiben enthalte somit keine ausreichend konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte, „die ein Einschreiten der Kommunalaufsicht als Disziplinarvorgesetzten zum jetzigen Zeitpunkt rechtfertigen würden“.
Auch von der Polizei heißt es, ihr sei zum jetzigen Zeitpunkt kein Ermittlungsverfahren bekannt. Die Oberfinanzdirektion teilte mit, sie dürfe sich aufgrund des Steuergeheimnisses generell nicht zu Einzelfällen äußern. „Dies schließt auch eine Kommentierung vermuteter Einsätze oder sonstiger Maßnahmen ein, die Rückschlüsse auf bestimmte Steuerfälle zulassen könnten.“