Gewerbegebiet an der A33 wächst
Die Vertreter des Zweckverbandes IBV votieren mit der nötigen Zweidrittel-Mehrheit für eine Erweiterung des Gewerbegebietes – trotz der damit verbundenen ökologischen Probleme.
■ Borgholzhausen/Versmold. Mit dem Wort „historisch“sollte man im Zusammenhang von Ereignissen vorsichtig umgehen. Sie werden in der heutigen Zeit allzu oft benutzt. Dennoch wird man sich in den Städten Borgholzhausen und Versmold an den 12. Dezember 2023 erinnern. Der Beschluss, den der Zweckverband „Gewerbeund Industriegebiet Borgholzhausen/Versmold“am Dienstag um 17.40 Uhr gefasst hat, wird möglicherweise maßgeblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung beider Kommunen haben.
Denn das Interkommunale Gewerbegebiet (IBV) an der A33 soll nach dem Wunsch des Verbandes von Borgholzhausener Gebiet (Abschnitte 1 und 2) demnächst in einem dritten Abschnitt über die Autobahn hinweg auf Versmolder Gebiet um rund die Hälfte der bisherigen etwa 60 Hektar wachsen. Genauer gesagt um insgesamt 26,5 Hektar (davon 21 Hektar Gewerbefläche) südöstlich der A33. Insofern war im großen Sitzungssaal des Versmolder Rathauses während der vorgeschalteten Erörterung des geplanten Beschlusses viel von „Optionen“die Rede.
Fokus auf Wirtschaft, Arbeit und Wohnen
Die Befürworter – CDU, SPD und FDP – sahen im Wesentlichen die Chancen für die Wirtschaft und für Arbeitsplätze sowie sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen. Versmolds Bürgermeister Michael MeyerHermann (CDU) sprach von einem „Plan der Möglichkeiten“und betonte: „Diese Möglichkeiten bekommen wir durch die Erweiterung des Industriegebietes nur jetzt. Wenn wir uns jetzt nicht entscheiden, könnte es in ein paar Jahren zu spät sein. Deshalb haben wir eine Verantwortung für die Zukunft.“Man müsse den Fokus in diesen schwierigen Zeiten auf die Wirtschaft und die Schaffung von Arbeitsplätzen legen. „Wir sollten den Unternehmen Entwicklungspotenziale aufzeigen, damit sie bei uns bleiben und nicht abwandern“, so Meyer-Hermann. Schließlich sei das IBV ein Modellprojekt in der Region.
Ähnlich sah es Arnold Weßling. Der CDU-Kollege aus Borgholzhausen meinte, dass „wir ohne die Einnahmen aus dem bisherigen Industriegebiet in der Vergangenheit einiges nicht hätten finanzieren können“. Ganz plakativ warb er für den Beschluss mit den Worten: „Wir brauchen die Zukunft hier und jetzt, ansonsten findet sie ohne uns und woanders statt.“
Die SPD legte ihren Fokus auf das Thema „Arbeiten und Wohnen“. „Wenn wir weiter dynamisch wachsen wollen, müssen wir auf dem Land Arbeitsplätze gepaart mit bezahlbarem Wohnraum anbieten“, sagte Arndt Keitel: „Heute können wir dafür den Grundstein legen.“Die FDP in Person von Hermann Ludewig stimmte zwar für den Beschluss, äußerte aber Bedenken: „Wir tun uns insgesamt schwer, weil wir auch viele Probleme sehen. Dennoch möchten wir uns alle Optionen für die Zukunft erhalten.“
Die Kritiker kamen aus den Lagern der Grünen, der BU und dem „Verein für eine lebenswerte Zukunft (VelZ)“. Sie wiederholten ihre schon zuvor eingebrachten Einwände vom „Flächenfraß, der fortschreitenden Versiegelung von Flächen, der Zerstörung von ökologischen Räumen und der BioDiversität sowie einer Übernutzung der Wasservorräte“.
Ferner zweifelten sie die präsentierten Zahlen an. Die Politik rechne sich die Einnahmen aus dem IBV schön, deshalb sprachen Vertreter des VelZ am Rande der Sitzung von „einer haushaltstechnisch sinnlosen Investition“. Überdies ärgerte sie, dass „wir immer und immer wieder vor den Auswirkungen des Klimawandels warnen – zum Beispiel zuletzt beim Klimadialog –, dass wir aber dennoch immer und immer wieder die falschen Entscheidungen treffen“.
Michael Meyer-Hermann betonte: Wir können bei der Umsetzung und der Gestaltung des dritten Bauabschnittes Vorgaben und UmweltAuflagen machen, die in die richtige Richtung weisen.“Er versprach: „Da werden wir uns alle intensiv austauschen.“
Auch diesem Versprechen wollte die VelZ-Delegation, die eigens zur Sitzung gekommen war, nicht wirklich vertrauen. „Das hat man uns auch schon bei den ersten beiden Abschnitten versprochen – und letztlich nicht eingehalten. Es hieß immer, wir siedeln hier nur wenig Logistik-Unternehmen an. Und was ist gekommen? Mehrheitlich Logistik-Unternehmen.“Dementsprechend frustriert zogen die Umweltvertreter von dannen.
Der Großteil der Anwesenden indes war zufrieden, denn der Zweckverband votierte abschließend mit 12:4-Stimmen und damit der nötigen Zweidrittel-Mehrheit für die Erweiterung des IBV. Für diese Mehrheit ist der Beschluss auf jeden Fall zukunftsorientiert, wenn nicht sogar historisch.