Trauer um den ältesten Bürger der Stadt
Walter Franke-Tiemeyer ist 101 Jahre alt geworden. Er war seiner Heimat sehr verbunden.
■ Versmold. Jede Woche haben wir mit vielen Menschen Kontakt, hören ihre Geschichten. Das, was sie beschäftigt. Es gibt Termine, die bleiben in besonderer Erinnerung. So wie jener im Herbst 2022, als das „Haller Kreisblatt“bei Walter Franke-Tiemeyer zu Gast war. Der Versmolder hatte Bürgermeister Michael Meyer-Hermann, zwei weitere Vertreter der Stadtverwaltung und die Redaktion anlässlich seines 100. Geburtstages an die Kaffeetafel geladen. Es war ihm ein großes Anliegen. Zum 101. Geburtstag am 31. Oktober vor wenigen Wochen war erneut ein Besuch geplant – doch zu dem Treffen kam es nicht mehr.
Kurzfristig musste der Termin abgesagt werden, Walter Franke-Tiemeyer kam ins Krankenhaus. Für einige Wochen war der 101-Jährige danach wieder zu Hause, aber die Kräfte wurden immer weniger. Bis sie ihn ganz verließen. Am Nikolaustag starb Versmolds ältester Mann im gesegneten Alter.
Walter Franke-Tiemeyer wird nicht mehr erzählen können von dem, was er erlebte. Von seiner Zeit als Kriegsgefangener. Von der Werkstatt, die er einst am Westheider Weg gründete und 1995 an seinen damaligen Mitarbeiter HansRudolf Bentfeld übergab. Von dem Tod seiner Frau, der ihn sehr schmerzte. Und vom zweiten Glück, das ihm mit seiner Lebensgefährtin im hohen Alter noch einmal vergönnt war. Bis zum Schluss hat Walter Franke-Tiemeyer mit seiner Gertrud in den eigenen vier Wänden zusammengelebt.
Und noch etwas mochte der betagte, aber geistig fitte Senior sehr gerne: ein Gläschen Sherry. Da ließ der Gastgeber – höflich, aber bestimmend – an seinem Geburtstag vor einem Jahr keine Ausrede gelten und schenkte zur besten Kaffeezeit der Runde ein. Wer kann da ablehnen? Ein Nachmittag, über den wir auch deshalb später noch öfter gesprochen haben.
Walter Franke-Tiemeyer hatte stets großes Interesse an dem Geschehen in seiner Heimatstadt, verfolgte die Berichterstattung im „Haller Kreisblatt“genau und äußerte in Leserbriefen seinen Standpunkt. Seine besondere Verbundenheit brachte der Versmolder an verschiedenen Stellen zum Ausdruck. Insbesondere die Freiwillige Feuerwehr unterstützte er mit Spenden.
Auch nach seinem Tod wird diese bedacht. Walter FrankeTiemeyer hat geregelt, dass ein Teil seines Immobilienbesitzes an die Stadt übergeht; aus den Erträgen sollen öffentliche Zwecke finanziert werden. „Es ist für mich eine Genugtuung und Beruhigung, dass ich weiß, dass die Stadt nach meinem Tode meinen Nachlass übernimmt“, hatte Franke-Tiemeyer zum 100. Geburtstag betont. Ein besonderes Zeichen der Wertschätzung. Eine Geste, die über den Tod hinaus wirkt.