NW - Haller Kreisblatt

GDL schießt über das Ziel hinaus

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DSechs Tage langer Bahnstreik er Verlauf des Tarifstrei­ts bei der Deutschen Bahn ist nicht überrasche­nd. Schon vor Beginn der Verhandlun­gen im Herbst hatte der Chef der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL, Claus Weselsky, den Rahmen abgesteckt. Er wähnt die Spartengew­erkschaft in einem Existenzka­mpf, weil das Tarifeinhe­itsgesetz (TEG) eine Expansion der Vertretung auf andere Berufsgrup­pen bei der Bahn praktisch ausschließ­t. Er möchte bei seinen letzten Tarifverha­ndlungen vor dem Ruhestand diese Barriere durchbrech­en.

Als Vehikel für den Arbeitskam­pf dient die zweite Kernforder­ung der GDL nach einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgle­ich. Damit verschafft sich Weselsky den notwendige­n Rückhalt für den Arbeitskam­pf bei seinen Mitglieder­n. Die Forderung ist populär und die GDL hat auch gute Argumente auf ihrer Seite. Der Schichtdie­nst ist unattrakti­v.

Der GDL-Chef überzieht in dieser Tarifrunde. Das betrifft die Tonlage ebenso wie die Inhalte. Die Dauer des nun anstehende­n Ausstands ist übertriebe­n. Fast eine Woche lang wird der Zugverkehr in Deutschlan­d weitgehend ruhen. Auch am Wochenende, an dem viele Fernpendle­r unterwegs sind, wird es weitgehend­e Zugausfäll­e geben. Um die Arbeitgebe­r wirtschaft­lich hart zu treffen, ist diese Ausweitung des Konfliktes sicher nicht notwendig. Hier trifft es vor allem die Bahnkunden, die auf den Schienenve­rkehr angewiesen sind.

Es ist das gute Recht der GDL, ihre Forderunge­n auch mit Arbeitskäm­pfen durchzuset­zen. Dazu gehört auch einmal ein längerer Streik. Doch auch die Kunden können hier auf ihre legitimen Ansprüche pochen und ein Mindestmaß an Mobilität auf der Schiene einfordern. Womöglich ist es daher sinnvoll, dieses Mindestmaß gesetzlich festzulege­n, etwa die Hälfte des üblichen Verkehrs aufrecht zu erhalten. Damit würde das Streikrech­t nicht entscheide­nd geschwächt. wolfgang.mulke@ ihr-kommentar.de

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Wolfgang Mulke

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