NW - Haller Kreisblatt

Neue Pläne für das Klinikum Bethel

Nach seinem Aus in der Uniklinik Essen, wechselt Thorsten Kaatze nach Bielefeld. In der Klinikplan­ung sieht der gebürtige Mindener für den Maximalver­sorger auch die Aufgabe, kleinere Kliniken zu lenken.

- Carolin Nieder-Entgelmeie­r

¥ Bielefeld. In der deutschen Krankenhau­slandschaf­t tobt der perfekte Sturm. So beschreibt Matthias Ernst, Geschäftsf­ührer des evangelisc­hen Klinikums Bethel (EvKB), die Herausford­erungen: Unterfinan­zierung, Personalno­t und überborden­de Bürokratie. In diesen stürmische­n Zeiten entwickeln sich die Posten von Krankenhau­sgeschäfts­führern zunehmend zu Schleuders­itzen, wie sich derzeit auch in OWL beobachten lässt. Im EvKB ist der Wechsel an der Führungssp­itze bereits vollzogen: Und mit Thorsten Kaatze, der seit Januar Vorsitzend­er Geschäftsf­ührer ist, kommt jemand, der sich in der Krankenhau­slandschaf­t bereits einen Namen gemacht hat.

Wer sich in OWL nach dem neuen Mann an der Spitze erkundigt, der hört vor allem ein Attribut – ökonomisch. Angesproch­en darauf stimmt Kaatze lachend zu: „Ja, das stimmt. Ich habe immer versucht, auch nach Zahlen zu führen.“Das sei ihm auch im Universitä­tsklinikum Essen gelungen, in dem er 13 Jahre in verschiede­nen Management­positionen tätig war, zuletzt als kaufmännis­cher Direktor und stellvertr­etender Vorstandsv­orsitzende­r. „Die letzten zwei Jahre hätte ich im Konzern positiv abgeschlos­sen. Das ist herausrage­nd in diesen Zeiten und atypisch für ein Universitä­tsklinikum, doch das fanden nicht alle toll.“

So muss Kaatze im September 2023 überrasche­nd seine Posten in Essen räumen. In einer Mitteilung heißt es vom Universitä­tsklinikum: „Ursächlich waren unterschie­dliche Auffassung­en zur wirtschaft­lichen Ausrichtun­g des Unternehme­ns.“Überrascht von der Entscheidu­ng sind nicht nur Außenstehe­nde, sondern auch Kaatze selbst: „Die Veränderun­g kam leider ohne Ankündigun­g. Ich habe immer gerne in Essen gearbeitet, aber ich muss die Entscheidu­ng des Aufsichtsr­ates leider akzeptiere­n.“

Kurz darauf ergibt sich für den 53-Jährigen eine Chance im EvKB, das nach dem Weggang

von Mathias Kreft einen neuen Vorsitzend­en der Geschäftsf­ührung sucht. „Ich hoffe, dass ich in Bethel eine neue Familie finde und bin sehr dankbar für die Chance.“Entgegen dem Trend bei Krankenhau­sgeschäfts­führern plant Kaatze die nächsten 13 Jahre in Bethel. „Ich hatte auch andere Angebote, aber habe mich bewusst für Bethel entschiede­n.“Aktuell pendelt Kaatze noch zwischen Essen und Bielefeld, weil zwei seiner drei Kinder kurz vor ihrem Abitur stehen. „Doch bald ist meine Wohnung in Bielefeld fertig.“

Als gebürtiger Mindener, der in Paderborn und Münster

Mathematik und Volkswirts­chaftslehr­e studiert, und danach in der Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t Solidaris unter anderem Krankenhäu­ser geprüft hat, kennt sich Kaatze in OWL aus. Mit seinen Kollegen im Klinikum Bielefeld und im Klinikum Lippe, mit denen das EvKB das Universitä­tsklinikum OWL bildet, hat sich Kaatze bereits getroffen. „Ich freue mich auf den Aufbau, weil wir mit dieser jungen Universitä­tsmedizin Pionierarb­eit leisten können, da es so ein Konstrukt in NRW noch nicht gibt.“

Nötig sei dafür der Wille zu mehr Kooperatio­n und Kommunikat­ion,

sagt Kaatze. Das gelte auch mit Blick auf die Veränderun­gen durch die Krankenhau­splanung, an der Kaatze auf Landeseben­e in NRW mitgearbei­tet hat. „Ich kenne es aus dem Ruhrgebiet, dass sich die Geschäftsf­ührer aller Krankenhäu­ser regelmäßig treffen. Das wünsche ich mir auch in OWL, denn die Krankenhau­splanung wird zu Veränderun­gen führen.“NRWGesundh­eitsminist­er Karl-Josef Laumann (CDU) hatte zuletzt kritisiert, dass sich die Krankenhäu­ser in OWL weniger gut absprächen als in anderen Regionen. „Minister Laumann hat recht.“

Welche konkreten Änderungen sich für das EvKB und die anderen Krankenhäu­ser in OWL durch die Krankenhau­splanung, die Laumann Ende des Jahres vorstellen wird, ergeben werden, ist laut Kaatze noch offen. „Als universitä­rer Maximalver­sorger sehe ich für das EvKB aber auch die Aufgabe, in der Region zu koordinier­en und kleinere Krankenhäu­ser zu lenken.“

Kaatze und Ernst, die sich bereits seit zwei Jahren durch Kooperatio­nen zwischen Bethel und Essen kennen, sehen die Reform nicht als Bedrohung. „Die Veränderun­gen werden für alle herausford­ernd, aber vor allem eine Chance, weil der Bedarf an einer Neuordnung groß ist“, erklärt Ernst. „Unser klares Bekenntnis ist, dass das EvKB gestärkt daraus hervorgehe­n wird.“

Klar ist laut Ernst jedoch, dass die Krankenhau­splanung nicht die Finanzieru­ngs- und Personalpr­obleme lösen wird. „Das Finanzieru­ngssystem kennt keine Kostenstei­gerungen, obwohl alle Kliniken seit Jahren damit zu kämpfen haben.“Der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende des EvKB, Rainer Norden, hätte es nie für möglich gehalten, dass sich eine Bundesregi­erung das traut: „Durch diese chronische Unterfinan­zierung hat ein unkontroll­ierter Sterbeproz­ess von Krankenhäu­sern begonnen und keine rationale Planung. Das ist politisch so gewollt.“

Kritisch wird im EvKB auch die Krankenhau­splanung auf Bundeseben­e gesehen. „Wir fahren im Moment auf Sicht, weil es keine Planungssi­cherheit gibt. Das muss sich dringend ändern“, fordert Norden. „Krankenhäu­ser haben 2023 lediglich einen Ausgleich für Preiserhöh­ungen von 4,3 Prozent von der Politik erhalten, gerechtfer­tigt wären aber zehn Prozent, um den Kostenanst­ieg zu decken.“

Trotz dieses perfekten Sturms, der sich zusammenge­braut hat, blickt das neue Führungste­am des EvKB positiv in die Zukunft. „Verbunden ist diese Zeit nicht nur mit Herausford­erungen, sondern vor allem mit Aufbruch“, so Ernst.

 ?? Foto: Andreas Zobe ?? Das neue Führungste­am des EvKB: Matthias Ernst, Geschäftsf­ührer (v.l.), Thorsten Kaatze, Vorsitzend­er Geschäftsf­ührer, und Rainer Norden, Aufsichtsr­atsvorsitz­ender.
Foto: Andreas Zobe Das neue Führungste­am des EvKB: Matthias Ernst, Geschäftsf­ührer (v.l.), Thorsten Kaatze, Vorsitzend­er Geschäftsf­ührer, und Rainer Norden, Aufsichtsr­atsvorsitz­ender.

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