Neue Pläne für das Klinikum Bethel
Nach seinem Aus in der Uniklinik Essen, wechselt Thorsten Kaatze nach Bielefeld. In der Klinikplanung sieht der gebürtige Mindener für den Maximalversorger auch die Aufgabe, kleinere Kliniken zu lenken.
¥ Bielefeld. In der deutschen Krankenhauslandschaft tobt der perfekte Sturm. So beschreibt Matthias Ernst, Geschäftsführer des evangelischen Klinikums Bethel (EvKB), die Herausforderungen: Unterfinanzierung, Personalnot und überbordende Bürokratie. In diesen stürmischen Zeiten entwickeln sich die Posten von Krankenhausgeschäftsführern zunehmend zu Schleudersitzen, wie sich derzeit auch in OWL beobachten lässt. Im EvKB ist der Wechsel an der Führungsspitze bereits vollzogen: Und mit Thorsten Kaatze, der seit Januar Vorsitzender Geschäftsführer ist, kommt jemand, der sich in der Krankenhauslandschaft bereits einen Namen gemacht hat.
Wer sich in OWL nach dem neuen Mann an der Spitze erkundigt, der hört vor allem ein Attribut – ökonomisch. Angesprochen darauf stimmt Kaatze lachend zu: „Ja, das stimmt. Ich habe immer versucht, auch nach Zahlen zu führen.“Das sei ihm auch im Universitätsklinikum Essen gelungen, in dem er 13 Jahre in verschiedenen Managementpositionen tätig war, zuletzt als kaufmännischer Direktor und stellvertretender Vorstandsvorsitzender. „Die letzten zwei Jahre hätte ich im Konzern positiv abgeschlossen. Das ist herausragend in diesen Zeiten und atypisch für ein Universitätsklinikum, doch das fanden nicht alle toll.“
So muss Kaatze im September 2023 überraschend seine Posten in Essen räumen. In einer Mitteilung heißt es vom Universitätsklinikum: „Ursächlich waren unterschiedliche Auffassungen zur wirtschaftlichen Ausrichtung des Unternehmens.“Überrascht von der Entscheidung sind nicht nur Außenstehende, sondern auch Kaatze selbst: „Die Veränderung kam leider ohne Ankündigung. Ich habe immer gerne in Essen gearbeitet, aber ich muss die Entscheidung des Aufsichtsrates leider akzeptieren.“
Kurz darauf ergibt sich für den 53-Jährigen eine Chance im EvKB, das nach dem Weggang
von Mathias Kreft einen neuen Vorsitzenden der Geschäftsführung sucht. „Ich hoffe, dass ich in Bethel eine neue Familie finde und bin sehr dankbar für die Chance.“Entgegen dem Trend bei Krankenhausgeschäftsführern plant Kaatze die nächsten 13 Jahre in Bethel. „Ich hatte auch andere Angebote, aber habe mich bewusst für Bethel entschieden.“Aktuell pendelt Kaatze noch zwischen Essen und Bielefeld, weil zwei seiner drei Kinder kurz vor ihrem Abitur stehen. „Doch bald ist meine Wohnung in Bielefeld fertig.“
Als gebürtiger Mindener, der in Paderborn und Münster
Mathematik und Volkswirtschaftslehre studiert, und danach in der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Solidaris unter anderem Krankenhäuser geprüft hat, kennt sich Kaatze in OWL aus. Mit seinen Kollegen im Klinikum Bielefeld und im Klinikum Lippe, mit denen das EvKB das Universitätsklinikum OWL bildet, hat sich Kaatze bereits getroffen. „Ich freue mich auf den Aufbau, weil wir mit dieser jungen Universitätsmedizin Pionierarbeit leisten können, da es so ein Konstrukt in NRW noch nicht gibt.“
Nötig sei dafür der Wille zu mehr Kooperation und Kommunikation,
sagt Kaatze. Das gelte auch mit Blick auf die Veränderungen durch die Krankenhausplanung, an der Kaatze auf Landesebene in NRW mitgearbeitet hat. „Ich kenne es aus dem Ruhrgebiet, dass sich die Geschäftsführer aller Krankenhäuser regelmäßig treffen. Das wünsche ich mir auch in OWL, denn die Krankenhausplanung wird zu Veränderungen führen.“NRWGesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte zuletzt kritisiert, dass sich die Krankenhäuser in OWL weniger gut absprächen als in anderen Regionen. „Minister Laumann hat recht.“
Welche konkreten Änderungen sich für das EvKB und die anderen Krankenhäuser in OWL durch die Krankenhausplanung, die Laumann Ende des Jahres vorstellen wird, ergeben werden, ist laut Kaatze noch offen. „Als universitärer Maximalversorger sehe ich für das EvKB aber auch die Aufgabe, in der Region zu koordinieren und kleinere Krankenhäuser zu lenken.“
Kaatze und Ernst, die sich bereits seit zwei Jahren durch Kooperationen zwischen Bethel und Essen kennen, sehen die Reform nicht als Bedrohung. „Die Veränderungen werden für alle herausfordernd, aber vor allem eine Chance, weil der Bedarf an einer Neuordnung groß ist“, erklärt Ernst. „Unser klares Bekenntnis ist, dass das EvKB gestärkt daraus hervorgehen wird.“
Klar ist laut Ernst jedoch, dass die Krankenhausplanung nicht die Finanzierungs- und Personalprobleme lösen wird. „Das Finanzierungssystem kennt keine Kostensteigerungen, obwohl alle Kliniken seit Jahren damit zu kämpfen haben.“Der Aufsichtsratsvorsitzende des EvKB, Rainer Norden, hätte es nie für möglich gehalten, dass sich eine Bundesregierung das traut: „Durch diese chronische Unterfinanzierung hat ein unkontrollierter Sterbeprozess von Krankenhäusern begonnen und keine rationale Planung. Das ist politisch so gewollt.“
Kritisch wird im EvKB auch die Krankenhausplanung auf Bundesebene gesehen. „Wir fahren im Moment auf Sicht, weil es keine Planungssicherheit gibt. Das muss sich dringend ändern“, fordert Norden. „Krankenhäuser haben 2023 lediglich einen Ausgleich für Preiserhöhungen von 4,3 Prozent von der Politik erhalten, gerechtfertigt wären aber zehn Prozent, um den Kostenanstieg zu decken.“
Trotz dieses perfekten Sturms, der sich zusammengebraut hat, blickt das neue Führungsteam des EvKB positiv in die Zukunft. „Verbunden ist diese Zeit nicht nur mit Herausforderungen, sondern vor allem mit Aufbruch“, so Ernst.