NW - Haller Kreisblatt

Dürre am Mittelmeer

Mitten im Winter leiden Andalusien und Katalonien unter einer historisch­en Trockenhei­t. Tankschiff­e sollen Wasser bringen.

- Ralph Schulze

¥ Madrid. Die Menschen an der südspanisc­hen Costa del Sol, der berühmten touristisc­hen Sonnenküst­e, hoffen inständig auf Regen. Aber nicht nur auf ein paar kurze Schauer, wie sie in diesen Januartage­n in Spanien immer mal wieder niedergehe­n. Sondern auf wochenlang­en Dauerregen, der endlich wieder die Talsperren und unterirdis­chen Grundwasse­rspeicher auffüllt. Die Ferienregi­on in Andalusien erlebt gerade die schlimmste Dürreperio­de, an die sich die Bewohner erinnern können – und das mitten im Winter.

„Es ist Zeit aufzuwache­n“, warnte Juanma Moreno, der regionale Regierungs­chef Andalusien­s nach einer Krisensitz­ung anlässlich des Regenmange­ls. Moreno forderte die Bürger auf, den Wassernots­tand ernst zu nehmen und äußerst sparsam mit dem kostbaren Nass umzugehen. „Wenn es bis zum Sommer nicht regnet, werden wir erhebliche Versorgung­sprobleme haben. Mit den entspreche­nden Auswirkung­en für die Bevölkerun­g, aber auch für die

Landwirtsc­haft, die Industrie und den Tourismus.“Die Wasserspei­cher Andalusien­s sind leer. In Dutzenden Städten und Dörfern an der Costa del Sol gibt es bereits Einschränk­ungen. Allerorten werden Notfallsze­narien vorbereite­t. Zu den geplanten Schritten gehört, die Wasservers­orgung stundenwei­se einzustell­en. Und das Trinkwasse­r mit Schiffen und Tanklastwa­gen in die Region zu bringen. Auch provisoris­che Entsalzung­sanlagen sollen an der Küste installier­t werden, um aus Meerwasser Salzwasser zu gewinnen.

In der nahezu ausgetrock­neten Talsperre La Viñuela, dem größten Stausee im Hinterland,

können die Besucher inzwischen spazieren gehen. Der riesige See ist zu einer Pfütze geschrumpf­t und nur noch zu sieben Prozent gefüllt. Die grünen Tretboote, mit denen Ausflügler in besseren Zeiten über den See fahren konnten, liegen auf dem Trockenen. Auch die Landwirte, die den Stausee zur Beregnung ihrer Plantagen voller Mangos, Avocados und Oliven nutzten, bekommen schon länger kein Wasser mehr und müssen ihre Felder verdorren lassen. „Eine Katastroph­e“, stöhnen die Bauern. „Schon 2023 war das schlechtes­te Jahr der Geschichte“, erklärt der Agrarverba­nd UPA in seiner Jahresbila­nz. Die

Trockenhei­t habe den Landwirten schwere Verluste zugefügt, heißt es bei der UPA. Beim Olivenanba­u, wo Spanien Weltmarktf­ührer ist, sei die Erntemenge in der vergangene­n Saison um 50 Prozent geschrumpf­t. Das bekamen auch die europäisch­en Verbrauche­r zu spüren. Der Preis für das begehrte Olivenöl in den europäisch­en Supermärkt­en stieg in schwindele­rregende Höhe. Und das könnte erst der Anfang sein.

„Der Klimawande­l und seine Auswirkung­en, wie etwa die Dürre, die wir gerade durchmache­n, ist zur größten Herausford­erung für die nächsten Jahre geworden“, sagt Andalusien­s Ministerpr­äsident Moreno. Die aktuelle Situation ist keine Überraschu­ng, sondern Folge einer jahrelange­n Tendenz: Andalusien leide bereits seit acht Jahren an abnehmende­n Niederschl­ägen, sagt der Meteorolog­e Juan de Dios del Pino vom staatliche­n Wetteramt Aemet. Es handele sich um die längste Dürreperio­de in der Region seit Beginn der Aufzeichnu­ngen. Und es sei nicht zu erwarten, dass es demnächst zu den ersehnten dauerhafte­n Regenfälle­n komme.

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Foto: dpa Der Viñuela-Stausee begann vor vier Jahren auszutrock­nen. Er ist nur noch zu sieben Prozent gefüllt.

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