Linus Straßer will nach Sieg in Kitzbühel mehr
Der deutsche Slalom-Star sieht sich in der Form seines Lebens – und bereit für weitere Großtaten.
¥ München. Linus Straßer hatte ein Problem. Wohin nur mit der goldenen Gams, der Siegertrophäe aus Kitzbühel, die er in der Nacht auf Montag über schneebedeckte Straßen zu Fuß nach Hause trug? „Oben auf den Schrank“vielleicht, sinnierte Straßer nach dem größten Erfolg seiner Karriere, da sollte neben den drei Glocken für drei Podestplätze in Adelboden noch etwas Platz sein. „Ich hoffe, sie passt noch rein, mal schauen.“
Wenn nicht alles täuscht, muss sich der beste deutsche Slalom-Fahrer wohl bald einen breiteren Schrank anschaffen. „Ich fahre gerade saugut Ski“, sagte der Münchner nach dem emotionalen Triumph auf seinem „Hausberg“, auf dem er einst das Skifahren erlernte. Straßer (31) sieht sich in der Form seines Lebens. „Gefühlt“, sagte er, „fahre ich so gut Ski wie noch nie.“
Deshalb muss die Gams längst nicht die letzte Trophäe sein. „Hoffentlich“, sagte Thomas Dreßen nach der „MegaLeistung“von Straßer, „geht jetzt der Knopf noch mehr auf.“Der in Kitzbühel zurückgetretene Abfahrtsstar nahm den neuen Slalom-Helden zusammen mit dessen Kollegen Sebastian Holzmann zum Siegerfoto auf seine breite Schulter – und gab ihm später einen Auftrag mit. „Im besten Fall“, meinte Dreßen, „wird gleich in Schladming nachgelegt.“
Dort findet nach dem Riesenslalom am Dienstag bereits am Mittwoch (17.45/20.45 Uhr, BR und Eurosport) der nächste Slalom-Klassiker statt – einer, den Straßer vor zwei Jahren schon mal gewonnen hat. Siege bei den Schweizer Traditionsrennen in Wengen und Adelboden stünden noch
„auf meiner Bucket-List“, sagte er, gegen eine Wiederholung seines Erfolges beim Schladminger Night Race hätte er aber auch nichts einzuwenden. Sein Motto dafür: „Alles oder nichts!“
Zunächst aber war Party angesagt? „Man denkt ja immer, so große Triumphe muss man wahnsinnig feiern“, sagte Straßer, „aber am allerliebsten genieße ich die stille Zufriedenheit mit mir selber, das ist für mich das Schönste.“Und die Ruhe nach dem Sturm auf der Piste. Dort tanzen die Slalomfahrer auf einem messerscharfen Grat zwischen Sieg und Einfädler, und Straßer ist in den Anfangsjahren seiner früh vielversprechenden Karriere oft genug abgestürzt. Weil er die Erfolge, die ihm so viele zutrauten, oft mit der Brechstange erzwingen wollte.
Die Gams dürfte bald Gesellschaft bekommen
2018/19 durchlitt er eine schwarze Serie von acht Nullrunden, sein erstes SlalomPodest fuhr er erst im 57. Rennen ein – den Sieg in Zagreb vor drei Jahren, der vieles veränderte. Plötzlich war da die Gewissheit: Ich kann es doch! Straßer spricht von einem „mentalen Game“, das jeder Athlet mit sich selbst spiele. „Das Schwierigste ist beim Slalom, wo der situative Stress so hoch ist, dass du den Speed zulässt und dir und deinem Skifahren vertraust.“
Dieses Selbstbewusstsein hat er sich hart erarbeitet, nun ist es groß wie nie. „Ich stehe extrem gut auf dem Ski, ganz spielerisch“, sagte Straßer: „Es kann kommen was will. Ich bin bereit!“Die Gams dürfte bald Gesellschaft bekommen.