Es gibt eine Sache, bei der ist der DSC unter den Fußballclubs führend, eine Art Deutscher Meister und sogar Schwergewicht in Europa. In Loge 6 der Schüco-Arena zeigt sich ein einzigartiges und außergewöhnliches Engagement des Bielefelder Profifußballvere
daran gedacht wird.
Der Preußen-Fan fotografiert den sogenannten Snoezelraum mit Wasserbett und dencontainergroßenNachbarraum, 25 Quadratmeter groß, mit Sitzkissen, Stühlen, Kühlschrank und Spüle, von dem er einen wunderbaren Blick auf den Rasen der Schüco-Arena hat. Während unten die Arminen und die Preußen – traditionell Erzrivalen – um das Endspiel des Westfalenpokals kämpfen, sitzen in Loge 6 Schwarz-Weiß-Blau und Schwarz-Weiß-Grün plaudernd und lachend beisammen. Die Autisten-Loge bietet
Platz für alle, die Fußball lieben und ab und zu „snoezeln“müssen.
Hinter dem einzigartigen Angebot steckt Peter Heckmann, Behindertenbeauftragter von Arminia Bielefeld. „Ich habe die Idee aus England mitgebracht.“Bei Arsenal London zu Besuch sah er es. In England sind aufgrund engagierten Eltern von Autisten inzwischen 30 Stadien mit solchen Räumen ausgestattet. Autisten brauchen einen Rückzugsort, ohne können sie oft nicht ins Stadion.
Familie Kroßner aus Bünde kann das bestätigen. Die Kroßners
haben zwei Söhne mit Diagnose Autismus, einer 17, einer 15 Jahre alt. „Früher mussten wir schon mal auf dem Parkplatz vor dem Stadion umdrehen, weil die Eindrücke für unsere Söhne zu stark waren“, erklärt Vater Andreas. Die Loge mit dem Snoezelraum und der räumlichen Trennung zum enorm lauten Innenraum bietet eine Erholungsmöglichkeit für zwischendurch.
Autismus zu definieren ist komplex. In der Regel haben die Betroffenen schwache Filter für Außeneindrücke, alles prasselt ohne Unterscheidung auf sie ein, Stimmen zum Beispiel,
eigentlich alle Sinneseindrücke. Die oft Hochintelligenten haben mitunter Defizite im sozialen Miteinander und der Einordnung von Gefühlen – bei sich und anderen. Aber das ist ein unvollkommener Umriss dieses Phänomens. „Kennst du einen Autisten, kennst du nur einen Autisten“, zitiert Andreas Kroßner einen Spruch dazu. In kurz: Keiner ist wie der andere.
So ist es bei den beiden Brüdern. Jannis, der ältere, steht inzwischen auf der Südtribüne – mit Begleitung. „Er hat sich an die Geräuschkulisse gewöhnt“, sagt Vater Kroßner.
Paul, der jüngere Bruder, schätzt den Schutzraum und Mama und Papa an seiner Seite. Paul beobachtet das Spiel still, Jubelarien, Schimpfereien oder andere Fangesten zeigt er nicht. Paul ist der Typ Analytiker, er merkt sich sehr gut Statistiken: wann wer ein Tor geschossen hat und wie die Spiele ausgingen.
Für den Behindertenbeauftragten Peter Heckmann ist die Autisten-Loge eine Herzensangelegenheit. „Es geht um Teilhabe und Spaß.“Der Zuspruch zeigt, dass er sein Ziel erreicht, nicht nur bei den Preußenfans aus Telgte. „Wir haben Gäste mit Autismus, die 300 Kilometer reisen, um bei uns Fußball zu erleben“, sagt er. Das sei ein Verdienst des Vereins, der ihn immer tatkräftig unterstütze.
Der gelernte Krankenpfleger und seine 30 ehrenamtlichen Helfer sorgen generell dafür, dass Fußballfreunde mit Handicap ins Stadion kommen können. „Wir haben 800 Plätze für Behinderte, von Krebskranken über Gehörlose, Blinde bis zu Rollstuhlfahrern.“Das ist vorbildlich, in dieser Sache ist Arminia Deutscher Meister – und gar ein Schwergewicht im internationalen Fußball.