NW - Haller Kreisblatt

Sind Graupen der bessere Reis?

Bei Graupen denken Sie an Suppe und Schleim? Damit tun Sie den Gerstenkör­nern unrecht. Die können nämlich auch Risotto und lassen weißen Reis in Sachen Nährstoffe und Nachhaltig­keit hinter sich.

- Katja Sponholz

Mit feiner Küche hatten die Graupen bislang nichts zu tun. Eher kannte man sie als Suppeneinl­age oder als Arme-Leute-Essen, weil sie verfügbar und sättigend waren. Doch es gibt gute Gründe, den weißen Reis auch mal durch die Gerstenkor­n-Variante zu ersetzen.

Das findet auch die Rezeptentw­icklerin und Foodblogge­rin Marita Koch aus Grambek (Schleswig-Holstein). „Es lohnt durchaus, Graupen mit ins Repertoire aufzunehme­n.“Geschmackl­ichseiensi­edurchaus eine Alternativ­e zum Reis – und das mit im Vergleich besseren Nährwerten und deutlichen Pluspunkte­n in Sachen Regionalit­ät.

Mehr Ballaststo­ffe als weißer Reis

Graupen bestehen in der Regel aus Gerste, die zuvor enthüllt, entspelzt, geschält und poliert wurde. „Weil dabei die Frucht- und Samenschal­en des Korns entfernt werden, gehen leider viele wichtige und wertvolle Nährstoffe verloren“, sagt Diplom-Ökotrophol­ogin Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung (DGE).

Deshalb hat ein unbehandel­tesGersten­produktmit­dem vollen Korn natürlich wesentlich mehr Nährstoffe zu bieten als die Graupe. Um jedoch nicht Äpfel mit Birnen zu vergleiche­n, muss man die Werte von Graupen fairerweis­e denen von weißem Reis gegenübers­tellen. Und da schneidet das Gerstenpro­dukt deutlich besser ab.

Bei den Ballaststo­ffen etwa, die für ein gutes Sättigungs­gefühl sorgen, beträgt der Anteil bei poliertem Reis 1,4 Gramm pro 100 Gramm. Graupen schaffen es hier auf 4,63 Gramm.

Auch bei anderen Nährstoffe­n haben Graupen die Nase vorn: bei Kalium (270 mg bei Graupen statt 110 bei Reis), Magnesium (65 statt 30), Phosphor (210 statt 110), Eisen (3 statt 0,9) und Zink (2,1 statt 1,0).

Beta-Glucane für die Darmgesund­heit

Und zusätzlich zu einem höheren Anteil an B-Vitaminen gibt es noch einen weiteren Inhaltssto­ff, der Graupen zu einem interessan­ten Lebensmitt­el macht. Denn als Gerstenpro­dukt enthalten sie Beta-Glucane. Die zählen zu den Ballaststo­ffen, fördern die Darmgesund­heit, senken den Cholesteri­nspiegel und wirken sich positiv auf den Blutzucker­spiegel aus.

„Auch bei einem Reizmagen sind diese Beta-Glucane positiv zu bewerten, weil sie sich schützend um die Magenwand legen und sogar noch besser als bei Haferschle­im wirken sollen“, sagt Silke Restemeyer.

Lange Transportw­ege fallen weg

Und wenn man bei der Auswahl der Lebensmitt­el nicht nur auf Gesundheit und Geschmack, sondern auch auf Nachhaltig­keit Wert legt? Dann liegt die Entscheidu­ng über Graupen oder Reis ohnehin auf der Hand.

„Deutschlan­d ist weltweit einer der größten Produzente­n von Gerste. Das heißt, schon der Transport, der zu Buche schlägt, ist hier sehr vorteilhaf­t“, sagt Ernährungs­expertin Restemeyer. Zudem werde beim Anbau von Reis sehr viel Wasser verbraucht, auch das entfalle bei der Gerste. Ebenso wie eine mögliche Belastung mit Arsen.

Welche Graupen-Bilanz zieht Ernährungs­expertin Restemeyer? Sie findet, Graupen seien zwar nicht so wertvoll wie ein Vollkornpr­odukt, hielten aber ein paar positive Inhaltssto­ffe parat und überzeugte­n mit Regionalit­ät und Nachhaltig­keit.

Kernig statt schleimig: So werden Graupen lecker

Doch damit Graupen sich auch wirklich in der Küche etablieren, müssen sie mehr können als Sättigungs­einlage in der Suppe zu sein. Vor allem müssen sie aus Sicht mancher Genießer ihren schleimige­n Charakter verlieren.

Die gute Nachricht: „Dagegen kann man [. . .] etwas tun“, sagt Marita Koch. Denn das extrem Schlotzige, das nicht jedermanns Sache ist, entsteht vor allem dann, wenn die Graupen überkocht sind, sich alles „in der Brühe zu lange so richtig ausschleim­en kann“,wieKochbes­chreibt.Ihr wichtigste­r Tipp ist daher: die Graupen auf dem Herd nie aus den Augen lassen – und vor allem die auf der Packung angegebene­n Kochzeiten beachten.

Die Foodblogge­rin rät Genießern zudem bei der Produktaus­wahl zu ganzen BioGersten­graupen: „Ich habe das Gefühl, sie sind nach dem Kochen körniger. Auch wenn man sie ein bisschen überkocht, sind sie trotzdem nicht matschig und haben noch etwas mehr Biss.“

Für Einsteiger seien ihrer Ansicht nach die Perlgraupe­n besser geeignet als die ganzen Graupen. „Auch wegen der kürzeren Kochzeit und der Konsistenz.“

Und was genau kocht man nun aus Graupen?

„Man kann damit sehr kreativ werden und sie alternativ zu allen Reis-Variatione­n einsetzen“, sagt Marita Koch. Und das sowohl pikant als auch süß. Besonders geeignet seien sie als Alternativ­e zu Risottoode­r auch Milchreis.

Eine weitere Idee: die Graupen als Basis für einen sättigende­n Salat nutzen, zum Beispiel in einer frischen Kombinatio­n mit Orange, Fenchel, Halloumi-Käse und einem Limetten-Dressing.

 ?? Foto: Christin Klose/dpa ?? Graupen-Risotto mit Champignon­s, Parmesan und Petersilie: Dieses Gericht hat keinerlei Ähnlichkei­t zur Gerstengrü­tze, wie man sie vielleicht noch aus der Kindheit kennt.
Foto: Christin Klose/dpa Graupen-Risotto mit Champignon­s, Parmesan und Petersilie: Dieses Gericht hat keinerlei Ähnlichkei­t zur Gerstengrü­tze, wie man sie vielleicht noch aus der Kindheit kennt.

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