NW - Haller Kreisblatt

Gäste in Panik: Gastro-Paar geht in Rente

Monika Schirmeyer und Goco Larmann haben sich mit dem Restaurant Cantaloop ihr Lebenswerk geschaffen. Nun endet im Herbst eine Ära. Das Wirtepaar erzählt von drei bewegenden Jahrzehnte­n.

- Matthias Foede

Wie das Restaurant zu seinem Namen „Cantaloop“gekommen ist, daran erinnern sich Monika Schirmeyer und Goco Larmann auch nach 30 Jahren noch haargenau. „Wir waren im Urlaub an der Nordsee, hatten gut gegessen und getrunken“, beginnt Goco Larmann zu erzählen: „Und dann lief da dieser Song im Auto-Radio.“Cantaloop von der britischen Formation US3.

Der Wirt schließt kurz die Augen und schwärmt, als wäre es gestern gewesen: „Wir fuhren in den Sonnenunte­rgang auf den Deich hoch und hatten einen fantastisc­hen Blick auf das Meer.“Der Song sei irgendwie anders gewesen – erfrischen­d, etwas Besonderes. Die Musik-Fachleute sprechen von einer „nicht alltäglich­en Fusion aus Jazz und HipHop“. Ein Kleinod eben. „Die Situation am Meer und die damit verbundene­n Emotionen haben uns so sehr gefallen“, ergänzt Monika Schirmeyer: „Da war der Name für unser neues Restaurant schnell gefunden.“

Das ist nun gut 30 Jahre her. In diesen drei Jahrzehnte­n haben die Inhaber des Cantaloop fleißig an ihrem Lebenswerk gearbeitet. Die Gaststätte an der B68 in Borgholzha­usen – direkt an der Landesgren­ze zu Niedersach­sen – genießt einen hervorrage­nden Ruf. Restaurant-Tester würden sie eventuell mit einer „nicht alltäglich­en Mischung aus mediterran­er Gemütlichk­eit und leckerem Essen“beschreibe­n. Ein Kleinod eben.

Legendär auf der Speisekart­e ist das Hähnchen-Curry

Demzufolge endet im Herbst eine Ära. Denn spätestens im Oktober bleibt im Cantaloop die Musik aus und die Küche kalt. Das Wirte-Paar geht in Rente. „Wir sind 72 und 71 Jahre alt. In unserem Alter arbeiten die meisten Menschen schon lange nicht mehr“, begründet Goco Larmann den Entschluss.

Den Gästen hat es stets geschmeckt. Aus diesem Grund besitzt der Laden eine extrem treue Kundschaft. „Die allermeist­en kennen wir seit vielen Jahren. Wir sind über die Zeit zu einer großen Familie geworden“, sagt Monika Schirmeyer. Im Cantaloop haben sich Schirmeyer­s Tochter und der heutige Schwiegers­ohn kennengele­rnt. Mittlerwei­le besuchen die drei Enkel Oma und Opa im Restaurant.

Die Beziehung zu den Stammkunde­n ist so eng, dass Monika Schirmeyer behauptet: „Wenn gewisse Gerichte aufderTage­skartesteh­en,kann ich vorhersage­n, wer abends zum Essen kommt.“Gleiches gelte für das Personal. „Auch das ist mit uns alt geworden. Die Jüngste ist seit 20 Jahren bei uns“, rechnet Monika Schirmeyer vor. Sie ist dankbar dafür: „Ich kann mich zu 100 Prozent auf alle verlassen.“

Apropos Tageskarte. Ein Geheimnis des Cantaloop-Erfolges ist das regelmäßig wechselnde Essen. „Ich koche mit Leib und Seele – und immer ganz frisch“, betont Monika Schirmeyer, die eigentlich gelernte Sportlehre­rin ist. Der kreative Geist am Herd rührt von einem privaten Kochklub her.

Die 72-Jährige erzählt: „Damals in Osnabrück sind wir einmal im Monat zusammenge­kommen, und reihum musste der eine für den anderen kochen. Da hat sich jeder mächtig ins Zeug gelegt und sich etwas einfallen lassen. 08/15 kam da nie auf den Tisch.“Monika Schirmeyer ließ sich in all den Jahren und in vielen Urlauben in Italien, Frankreich, Spanien und Portugal von der mediterran­en Küche inspiriere­n.

„In einem spanischen Dorf habe ich mal so lange durch die Luke zur Küche gekiebitzt, bis ich verstanden hatte, wie man eine wirklich leckere Tortilla zubereitet“, sagt die Chefin. Legendär auf der Cantaloop-Speisekart­e ist allerdings das Hähnchen-Curry mit Ananas und Banane. Dabei können die Gäste den Schärfegra­d

der Speise selber wählen.

Ähnlich prominent ist das Restaurant für seine Fisch-Gerichte. Auch hier ist Improvisat­ion Programm. „Ich habe einen tollen Fischhändl­er zur Hand. Bei dem gibt es auch mal Knurrhahn“, berichtet Monika Schirmeyer. Und selbstvers­tändlich backt sie das Brot für ihre Gäste stets selber.

Das Interieur im Cantaloop lässt sich als urig beschreibe­n. Den ehemaligen, total herunterge­kommenen Lebensmitt­elladen mit Kneipe und Einliegerw­ohnung hat das Paar nach seinen Vorstellun­gen liebevoll auf Vordermann gebracht und mit Devotional­ien aus den eigenen Urlauben bestückt. Stühle, Tische und Bänke sind Einzelstüc­ke. Die Bilder an den bordeaux-roten

Wänden selbst gemalt oder erstellt.

In der einen Ecke hat Goco Larmann, der im Cantaloop fast ausschließ­lich hinter der Theke arbeitet, seine Monika in Portugal gezeichnet. Ein paar Meter weiter hat er kleine Zuckerbeut­el, die es in Spanien zum Kaffee gab, hinter Glas gesteckt und ein Bild daraus erschaffen. Absoluter Hingucker ist indes eine überdimens­ionale Fischgräte, die als Wandbeleuc­htung fungiert.

Für die hat im Übrigen schon jetzt ein Gast Interesse angemeldet. Er würde die Lampe gerne kaufen – zur Erinnerung an das Cantaloop. Gleiches gilt für das Bild von Monika Schirmeyer am Cap Finisterre. „Immer wenn diese Leute bei uns waren, haben sie unter meinem Porträt gesessen“, erläutert die Inhaberin und kann sich ein Lachen nicht verkneifen.

Bei den Gästen hat die Nachricht von der Schließung teilweise Panik ausgelöst. „Es kommen die wildesten Angebote“, sagt die Köchin: „Man wollte mich schon mieten. Andere sagten, ich solle endlich ein Kochbuch schreiben.“Ganz oft hört das Gastronome­n-Paar die Frage: „Wo sollen wir denn jetzt essen gehen?“Goco Larmann schüttelt den Kopf und witzelt: „Weil wir ja das einzige Restaurant weit und breit sind.“

Dennoch rückt der Abschied näher. „Viele Dinge machenwirn­unwirklich­zumletzten Mal“, sagt Monika Schirmeyer und schluckt einmal kräftig. „Zum Beispiel den Biergarten für die Saison vorbereite­n“, entgegnet ihr Ehemann. Kurz wird beiden bewusst, dass die verbleiben­den Monate auch für sie emotional werden.

Ein Hauptanlie­gen der zwei Vollblutga­stronomen ist es, bis zum Herbst einen Nachfolger für das Restaurant zu finden. „Es wäre wirklich schön, wenn es an diesem Ort weiter gehen würde“, sagen sie im Chor. Für eine Übergangsz­eit wäre das Paar sogar bereit, ein wenig weiter mitzuhelfe­n. Danach – im wohl verdienten Ruhestand – soll der Fokus auf dem heimischen Garten und dem Gewächshau­s liegen („Beides ist zuletzt viel zu kurz gekommen“, Monika Schirmeyer).

Cantaloop hat jede Woche von Donnerstag bis Sonntag geöffnet

Bis dahin hat das Cantaloop jeden Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag von 18 bis 23 Uhr geöffnet. Seinen Gästen wird Goco Larmann sicher gerne auf Wunsch den namensgebe­nden Song „Cantaloop“noch einmal vorspielen, um auch ihnen dieses erfrischen­de und außergewöh­nliche Gefühl von damals zu vermitteln. Wie heißt es im Song doch: „Feel the vibe from here to Asia. Dip trip, flip Fantasia, ah, you don’t stop. Biddy-biddy-bop. Funky.“

 ?? Fotos: Matthias Foede ?? Stets mit Spaß und viel Leidenscha­ft bei der Arbeit: das Wirtepaar im Cantaloop, Monika Schirmeyer und Goco Larmann.
Fotos: Matthias Foede Stets mit Spaß und viel Leidenscha­ft bei der Arbeit: das Wirtepaar im Cantaloop, Monika Schirmeyer und Goco Larmann.
 ?? ?? Für das Bild von Monika Schiermeye­r im Portugal-Urlaub (rechts) gibt es schon Gebote.
Für das Bild von Monika Schiermeye­r im Portugal-Urlaub (rechts) gibt es schon Gebote.
 ?? ?? Der Eingang zum Cantaloop in Borgholzha­usen.
Der Eingang zum Cantaloop in Borgholzha­usen.

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