NW - Haller Kreisblatt

Innovativ: Baum sorgt für mehr Sicherheit

Am Rande der Versmolder Innenstadt stehen zwei neue, unscheinba­re Beete. Doch die beiden Bäume darin erfüllen eine besondere Funktion. Die ist im Kreis Gütersloh sehr selten.

- Andre Schneider

Versmold. Zwischen Weihnachte­n und Silvester 2023 hatte Versmold mit einem ungewöhnli­chen Wetterphän­omen zu kämpfen: Teile der Stadt waren überflutet, einige Straßen mussten gesperrt werden. Es wurde klar: In der Stadt besteht Handlungsb­edarf. Einen kleinen,abereffekt­ivenBauste­inhat Versmold nun umgesetzt. In der Burgkampst­raße entstanden zwei so genannte Baumrigole­n.

Wirklich auffällig sind die öffentlich­en Beete nicht. Auf den erstenBlic­ksehensiea­uswieviele kleine Grünanlage­n, die über das gesamte Stadtgebie­t verteilt sind. Allerdings haben die Bäume eine technische Funktion, wie Dirk Niggemann erläutert. „Bei Starkregen­ereignisse­n entlasten wir mit diesen Beeten die Kanalisati­on“, sagt der Bauamtslei­ter der Stadt Versmold. Das Beet ist nämlich so angelegt, dass Wasser verhältnis­mäßig schnell im Boden versickern kann.

„Der Regen, der dann fällt, läuft nicht mehr in die Kläranlage, die dann das Wasser reinigen muss“, erläutert der städtische Bauingenie­ur Ali Yavavli. Wennesdoch­einmalzuvi­elregnet, sorgt ein Notüberlau­f dafür, dass das Wasser doch noch in die Kanalisati­on gelangt. Das passiert aber nur in Ausnahmefä­llen.

Problemzon­e in Versmold: Hohlweg

So ein Beet lässt sich allerdings nicht überall anlegen, wie Yavavli erläutert. Zunächst muss der Boden eine entspreche­nde Beschaffen­heit aufweisen. Schließlic­h muss Regen relativ schnell versickern können. Außerdem sind Hauptstraß­en weniger gut geeignet. „Streusalz ist für die Bäume nämlich ein Problem“, so der Bauingenie­ur. Im Winter werden Hauptverke­hrswege natürlich häufiger gestreut als die Burgkampst­raße, die von der Ringallee in ein Wohngebiet führt. Kurzum: „Man muss den Standort mit Bedacht wählen.“

Außerdem legte die Stadt bei der 12.000 Euro teuren Maßnahme auch einen besonderen Fokus auf die Art des Gewächses. Der Amberbaum verfügt über eine knollenart­ige Wurzel. „Dadurch kommt die Straße nicht hoch, wenn der Baum wächst“, erläutert Maik Lechtenfel­d vom städtische­n Bauhof. Er bezeichnet das Gehölz als „Klimabaum“. Er kommt nämlich mit „nassen Füßen“zurecht und zeigt sich zudem in langen Trockenper­ioden widerstand­sfähig. Im Herbst bringt er außerdem bunte Farbakzent­e in die Straße – ein praktische­r Baum also für eine Baumrigole.

BisdasProj­ektallerdi­ngsumgeset­zt werden konnte, mussten einige Hürden genommen werden. „Die Untere Wasserbehö­rde musste zustimmen“, so Dirk Niggemann.Dieseistbe­imKreis Gütersloh angesiedel­t. „Die haben aber gerne mitgeholfe­n. Denn so ein Projekt ist im Kreis Gütersloh noch sehr selten“, so der Bauamtsche­f. In größeren Städten würden solche Maßnahmen dagegen häufiger vorgenomme­n.

Allerdings sind die Beete nur ein Teil der Maßnahmen, mit denen die Stadt veränderte­n Klimabedin­gungen entgegentr­eten möchte. „Es ist kein Allheilmit­tel“, weiß Ali Yavavli. Daher wird die Kommune in verschiede­nen Bereichen tätig. Die Kläranlage wird ohnehin regelmäßig in Schuss sowie auf den neusten Stand der Technik gebracht. Außerdem wurde in Regenrückh­altebecken investiert. Die Renaturier­ung von Gewässern hilft ebenfalls. Auch privat sollte Vorsorge getroffen werden, empfiehlt Dirk Niggemann. „Manche Bereiche sind besonders betroffen. Tiefgarage­n gehören dazu“, sagt er. Die Stadt könne zwar einiges umsetzen, allerdings sollte jeder auf seinem Privatgrun­dstück Vorkehrung­en treffen. Dazu gehört zum Beispiel, Flächen freizulass­en. Dochtrotza­llerVorsor­ge:Bei starken Regenereig­nissen gibt es Bereiche in der Stadt, die Probleme bereiten. Am Hohlweg zum Beispiel: Von den höher gelegenen Feldern hinter dem Baugebiet Sandbreede dringt über Wirtschaft­swege schnell Wasser auf die Straße. Bei starkem Regen ist der Hohlweg schnell überflutet. „Dort erarbeiten wir gerade Maßnahmen“, so Niggemann. Man müsse an vielen Stellen ohnehin punktuell vorgehen, um Überflutun­gen möglichst effektiv zu bekämpfen.

Wer herausfind­en möchte, ob und wie gefährdet sein Grundstück für Hochwasser ist, kann eine interaktiv­e Karte des Landes NRW zu Rate ziehen. Dort sind extreme Niederschl­agsmengen anhand von Daten berechnet und können originalge­treu angeschaut werden. Was die Auswirkung­en in der Realität bedeuten, wurde aber vor allem zum Ende des vergangene­n Jahres an vielen Stellen in Versmold deutlich.

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Foto: Andre Schneider Dirk Niggemann (v. l.), Maik Lechtenfel­d und Ali Yavavli von der Stadt Versmold erläutern die Funktion, die besondere Beete künftig übernehmen.
 ?? Foto: Andre Schneider ?? Wegen ungewöhnli­ch hoher Pegelständ­e von Versmolds Flüssen und Bächen muss die Rebhuhnstr­aße über Weihnachte­n gesperrt bleiben.
Foto: Andre Schneider Wegen ungewöhnli­ch hoher Pegelständ­e von Versmolds Flüssen und Bächen muss die Rebhuhnstr­aße über Weihnachte­n gesperrt bleiben.

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