„Ich wollte aus Fabi einen Torwart machen“
Michael Klos (63), Vater von DSC-Legende Fabian, erinnert sich im Gespräch an die fußballerischen Anfänge seines Sohnes, ein Treffen mit Felix Magath und die schlimmsten Momente als Papa eines Profis.
Herr Klos, erinnern Sie sich noch, wann Fabian das Fußballfieber gepackt hat? Michael Klos:
Fabi hat schon sehr früh angefangen, Fußball zu spielen. Auch, weil ich selbst Fußballer bin, habe ich ihn früh versucht, zu diesem Sport zu bringen. Man hat recht früh erkannt, dass er mit dem Ball umgehen kann und dass es ihm vor allen Dingen Spaß macht. Sein erstes Fußballtraining hatte er dann mit sechs Jahren.
Und konnte man damals den Torjäger bereits erahnen?
Weil ich Torwart war, habe ich erstmal versucht, aus ihm auch einen Keeper zu machen, und habe ihm das komplette Equipment gekauft. Bei einem Kleinfeld-Turnier hat er tatsächlich auch im Tor gestanden, mir dann aber schnell klargemacht, dass es nichts für ihn ist. Es sei „zu langweilig“, sagte er.
Wie ging es dann weiter?
Mit zwölf Jahren hatte er in der D-Jugend das Pech, mich als Trainer zu haben. Das war für ihn wirklich schwierig, um nicht zu sagen, die Hölle. Ich habe den Fehler gemacht, den viele Väter machen und mehr von ihm verlangt als von den anderen Kindern. Deshalb habe ich es nach einem Jahr wieder sein gelassen. Da war er nicht undankbar. In der Jugend hat er aber ganz normal alle Mannschaften durchlaufen. Er gehörte in jedem Jahrgang zu den Besten. Mit 17 Jahren spielte er sogar bereits in der Herrenmannschaft und unterstützte gleichzeitig die AJugend bei wichtigen Spielen.
Also zeichnete sich eine Profi-Karriere damals schon ab?
Ich habe ihn nie so eingeschätzt, dass er den Weg zum Profi gehen könnte. Bei einem Dorfverein gibt es auch keine Förderung oder irgendwelche Talentscouts. Ich habe eine Karriere nie forciert und ehrlicherweise war sein Lebenswandel in jungen Jahren nicht der, der auf Profitum hingedeutet hätte. Bis zur zehnten Klasse ist alles gut gelaufen. Dann kamen Mädchen, das Rauchen und der Alkohol dazu. Die elfte Klasse hat er wiederholt und ist nach der zwölften vom Gymnasium abgegangen. Da lag der Fokus auf Partys und nicht auf einer Profikarriere. Der damalige Trainer des MTV Gifhorn hat sich ein Spiel von Fabi angesehen und meinte, „den kann man ja überhaupt nicht gebrauchen“. Es würde maximal für Kreis- oder Bezirksliga reichen. Ein Jahr später wollte er ihn dann doch haben. Mit 19 Jahren ist er nach Gifhorn gegangen und das war eine Herausforderung. Man merkte, dass er es auch als talentierter Spieler in der Oberliga schwer haben würde. Er hat den Sprung dennoch schnell geschafft und war dort Torjäger. Trotzdem dachten wir, dass es für mehr nicht reicht.
Trotzdem kam der Anruf aus Wolfsburg.
Stimmt. Fabi kam auf der Arbeit zu mir und erzählte aufgeregt, dass ihn Bernd Hollerbach angerufen habe. „Felix Magath will mich sehen“. Die Stunde bei Magath war sensationell und ich werde sie nie vergessen. Ihm war egal, ob Fabi raucht und trinkt, solange er seine Leistung bringt. Die ersten Wochen in Wolfsburg waren für Fabi trotzdem die Hölle, weil er körperlich in keiner Weise vorbereitet war. Er wurde im ersten Vorbereitungsspiel in Fallersleben Mitte der zweiten Halbzeit eingewechselt und Lorenz-Günther Köstner schrie an der Seitenlinie vor sich hin: „Was soll ich mit dem? Wer hat den denn gescoutet?“. Da dachte ich, er packt das nicht. Aber er hat sich durchgebissen und im Nachgang immer wieder gesagt, wie viel er von Köstner gelernt hat. Nach zwei Jahren war aber klar, dass es als Profi beim VfL Wolfsburg für ihn nichts wird.
Hatten Sie Sorge, dass sich ihr Sohn mit seinem Traum verrennt?
Nein. Aber wir hatten auch einen Sicherheitspuffer. Er hat sich ein Jahr zum Versicherungskaufmann ausbilden lassen. Als im Alter von 21 dann Wolfsburg auf Fabi zukam, hat ihm der Arbeitgeber gestattet, die Ausbildung zu unterbrechen und fortzusetzen, sollte es nicht klappen.
Hat es dann aber. Was haben Sie gedacht, als Sie vom Arminia-Angebot gehört haben?
Fabi hatte neben Bielefeld noch ein weiteres Angebot. Ich bin ganz ehrlich, wenn Arminia früher in der Sportschau lief, habe ich ausgeschaltet. Wenn mich ein Verein nicht interessiert hat, war es Arminia Bielefeld. Die Situation im Klub war damals auch ziemlich schlecht – selbst für DSC-Verhältnisse. Ich hatte Zweifel, ob das der richtige Schritt ist.
Die Anfangszeit in Bielefeld war aber auch alles andere als einfach.
Er hat bei jedem Klub ein paar Wochen gebraucht, um die Herausforderung zu bewältigen. Aber er hat sie angenommen, sich durchgekämpft und sich weiterentwickelt.
Wie blicken Sie auf Fabians 13 Jahre beim DSC?
Er hat eine unglaubliche Bindung
zu diesem Verein, der Stadt und den Menschen. Er ist zum Bundesligaspieler geworden, war über viele Jahre der Kopf der Mannschaft und ist trotzdem derselbe Mensch geblieben. Das sticht für mich heraus.
Wie erlebt man als Vater Meilensteine wie das erste Profispiel oder das erste Bundesligator des eigenen Sohnes?
Als ich die ersten Spiele im Stadion verfolgt habe, war ich als ehemaliger „Dorfkicker“einfach nur neidisch, habe mich aber für Fabi riesig gefreut, dass er es so weit gebracht hat. Ich habe keines seiner Spiele verpasst, war entweder live oder am Fernseher dabei. Bei jedem geschossenen Tor oder gutem Spiel war ich unsagbar stolz, und das erste Bundesligator war natürlich etwas ganz Besonderes.
Es gab aber auch schwere Zeiten.
Durchaus. Nach der Darmstadt-Relegation habe ich natürlich mit Fabi gelitten. Er hat geheult und war ein Häufchen Elend. Die Relegation in Wiesbaden habe ich während meines Urlaubs verfolgt und vor dem Fernseher geweint wie ein Schlosshund. Ich war sprachlos und konnte es nicht ertragen. Die Verletzungen waren als Vater natürlich besonders schlimm mitzuerleben. Vor allem die erste. Als ich Fabi damals im Krankenhaus besucht habe und er dort mit eingedrückter Stirn lag, hatte ich tatsächlich Angst, meinen Sohn zu verlieren.
Haben Sie Ihre Meinung zum Verein inzwischen geändert?
Ich wohne seit knapp zwei Jahren in Bielefeld und fühle mich echt wohl hier. Inzwischen bin ich auch Arminia-Fan und gehe jedes zweite Wochenende ins Stadion. Ich werde auch nach Fabis Karriere ab und zu mal hingehen und es weiter mit Interesse verfolgen.
Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Fabian charakterisieren?
Wir haben ein sehr enges Verhältnis. Trotzdem ist er sehr autark und legt großen Wert darauf, dass ich ihm nicht reinquatsche. Das akzeptiere ich.
Haben Sie dennoch einen Rat für die Zeit nach der aktiven Karriere?
Ich glaube, dass TV-Experte das Richtige für ihn ist. Wenn ich seine Interviews sehe, bin ich auch beeindruckt, mit welcher Ruhe und Sachlichkeit er die Dinge analysiert. Er lässt noch nicht so richtig raus, was er plant. Ich glaube, er wird aber erst mal ein oder zwei Jahre den Ball flach halten und das Leben genießen.