Griechenland brüskiert Europartner
Noch keine Reformvorschläge aus Athen bei Sondergipfel – Neuer Antrag auf Hilfsgelder
BRÜSSEL - Das pleitebedrohte Griechenland hat bei einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der EU-Länder in Brüssel am Dienstag wider Erwarten keine neuen Reformvorschläge eingereicht. Athen will nun heute einen neuen Antrag auf Hilfen aus dem dauerhaften EuroRettungsfonds ESM in Verbindung mit Sparvorschlägen stellen, wie Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem mitteilte.
Die Europartner pochten auf Reformen als Gegenleistung für neue Hilfsmilliarden. Einen erneuten Schuldenerlass lehnen die Euro-Staaten bislang mehrheitlich ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte trotz der erneuten Brüskierung der Europartner durch Griechenland eine schnelle Einigung. Man könne heute nicht abschließend entscheiden, sagte Merkel. Es gehe aber nicht mehr um Wochen, sondern um wenige Tage. Der neue griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos hatte zuvor seine Amtskollegen bei einem Treffen nur mündlich informiert.
EU-Spitzenpolitiker halten mittlerweile ein Ausscheiden Athens aus dem Euroraum für denkbar. EU-Vizekommissionschef Valdis Dombrovskis sagte: „Falls Vertrauen nicht aufgebaut wird, falls es kein glaubwürdiges Reformpaket gibt, kann das nicht ausgeschlossen werden.“Allerdings sei dies nicht Ziel der EU-Kommission. Vor allem kleinere und vergleichsweise arme Euroländer verlieren zusehends die Geduld mit Athen. Der slowakische Finanzminister Peter Kazimir sagte, der „allmähliche Rückzug“Griechenlands aus der Eurozone sei „eingeleitet“.
Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte nach Einschätzung ih- res Ratsmitglieds Ewald Nowotny den finanziellen Engpass Griechenlands bis zu einem neuen Hilfspaket überbrücken. „Unter bestimmten Voraussetzungen kann auch die EZB Liquidität geben“, sagte der österreichische Notenbankchef. Die EZB hatte am Montag die Notkredite für griechische Banken bei 90 Milliarden Euro belassen. Allerdings verschärfte sie die Bedingungen, zu denen die Banken diese Kredite erhalten. Bei einem Referendum in Griechenland am Sonntag hatten gut 61 Prozent der Teilnehmer die Reformauflagen der Gläubiger abgelehnt.