Autist löst Amokalarm aus
Polizei schickt Großaufgebot und evakuiert 130 Schüler, bevor der Täter ermittelt wird
GAMMERTINGEN - Viele Eltern in Gammertingen (Landkreis Sigmaringen) hatten am Dienstagnachmittag Angst um ihre Kinder. Ein Jugendlicher ist gegen 14.35 Uhr mit einer Pistole in der Hand von mehreren Schülern in der Nähe der Realschule gesehen worden. Er soll gedroht haben, „alle“zu erschießen. Die Polizei löste Amokalarm aus, suchte mit einem großen Aufgebot fieberhaft nach dem Mann, der etwa zweieinhalb Stunden später im Nachbarort Hermentingen von der Polizei festgenommen werden konnte. Er machte einen verwirrten Eindruck, und die Pistole entpuppte sich als ein silberfarbenes Feuerzeug.
„Wenn Amokalarm ausgelöst wird, kommt die Maschinerie in Gang und kann nicht mehr so leicht gestoppt werden“, sagte der Schulleiter Herbert Winkler der „Schwäbischen Zeitung“über das riesige Aufgebot an Einsatzkräften. Das Personal sei für solch einen Fall geschult worden, jeder wisse, was zu tun sei. Auch die Polizei ging kein Risiko ein. Der Führungsstab des Polizeipräsidiums Konstanz verlagerte alle verfüg- baren Kräfte nach Gammertingen. Zudem wurden Beamte des SEK mit dem Polizeihubschrauber in die Nähe der Schule verlegt.
Hilflose Eltern
Eltern und Großeltern standen hilflos in der Nähe der Schulen und versuchten, per Handy mit ihren Kindern Kontakt aufzunehmen. Manch ein Netz war ziemlich bald überlastet. „Das kann doch nicht wahr sein, so was in Gammertingen!“, sagte eine Mutter. Ein Großvater fand es gut, dass so aufwendig nach dem Täter gesucht wurde: „Das gibt uns eine gewisse Sicherheit, dass nichts passiert.“
Schritt für Schritt brachten die Beamten die Kinder in ihren Klassenzimmern in Sicherheit und durchsuchten sämtliche Räume der Schule. Direkt betroffen waren etwa 100 Schüler der Realschule sowie rund 30 Kinder der Grund- und Hauptschule. Sobald ein Trakt abgesucht war, wurden die Kinder in die nahe Sporthalle gebracht. Die Suche wurde auf alle Gammertinger Schulen ausgeweitet. Die Stadt hat außer der Realschule eine Grundschule, eine Werkrealschule, eine Sonderschule und ein Gymnasium.
Gegen 17 Uhr gab die Polizei Entwarnung: Sie hatte eine verdächtige Person ermittelt. Wie sich herausstellte, handelt es sich bei dem vermeintlichen Amokläufer um einen 16-jährigen Autisten, der nach Zeugenhinweisen von Kriminalbeamten in seiner Wohngruppe angetroffen und befragt wurde.
Bei der angeblichen Waffe handelt es sich um ein Feuerzeug in Form einer Pistole. Zeugen hatten den Jungen auf einem Foto wiedererkannt. Das teilten die Polizeibeamten Thomas Föhr und Manuela Dirolf abschließend bei einer Pressekonferenz mit.
Das Polizeipräsidium Konstanz habe einen starken Kräfteansatz vorgehalten, um auf einen möglichen Amokfall reagieren und das Gelände großräumig absperren zu können, hieß es weiter.