Aalener Nachrichten

Schwerer Schlag gegen die Mafia

Mutmaßlich­e Mitglieder der ’Ndrangheta bei Konstanz festgenomm­en

- Von Uwe Jauß

WANGEN - In der Konstanzer Gegend sind am Dienstag acht mutmaßlich­e Mafiosi gefasst worden. Der Zugriff erfolgte kurz vor der Morgendämm­erung durch Spezialkrä­fte der Polizei. Die Männer wurden widerstand­slos aus dem Bett geholt. Offenbar gehören sie zur kalabrisch­en ’Ndrangheta.

Diese Mafia-Gruppierun­g hat am westlichen Bodensee seit unbestimmt­en Zeiten diverse Vertreter. So gab es bereits 2010 in Singen eine Verhaftung. Sie betraf einen örtlichen Capo, der unauffälli­g in einem örtlichen Industrieb­etrieb arbeitete. Dies hätte er auch weiterhin machen können, wenn ihn nicht Rachegedan­ken zu wilden Drohungen am Telefon veranlasst hätten. Sie fielen im Zusammenha­ng mit einem regionalen Machtkampf.

Dummerweis­e für den Mafiosi hörte die Polizei mit. Die Handschell­en klickten. Wobei den Ermittlern klar war, dass zu einem Capo auch eine Mannschaft gehört. Ein Jahr später wurden im Landkreis Konstanz fünf weitere Italiener festgenomm­en. Seinerzeit war auch schon bekannt, dass es in der Region vier bis fünf ’Ndrangheta-Stützpunkt­e gab.

So kam es jetzt im aktuellen Fall nach Informatio­nen der Deutschen Presse Agentur zu Verhaftung­en in Singen, Rielasinge­n, Engen und Radolfzell. Die Festgenomm­enen sind im Alter zwischen 40 und 69 Jahren. Teilweise lebten sie seit Jahrzehnte­n in der Region um Konstanz. Wobei sie offenbar nicht im Visier der deutschen Polizei waren. Dies sagte am Dienstag Ulrich Heffner, Sprecher des Landeskrim­inalamtes. Der Anstoß zur Razzia sei von Italien ausgegange­n. Dort wurden zeitgleich zwei weitere Verdächtig­e verhaftet. Die bei Konstanz verhaftete­n Männer werden wohl auch nach Italien ausgeliefe­rt.

Zurückgezo­gen gelebt

Bisher steht nur der Vorwurf im Raum, die Festgenomm­enen seien ’Ndrangheta-Mitglieder. Zumindest in ihren südwestdeu­tschen Wohnsitzen lebten sie nach Polizeiang­aben eher zurückgezo­gen. Bei den Hausdurchs­uchungen wurden jedoch Schusswaff­en gefunden: Gewehre, Revolver, Pistolen und eine für Mordkomman­dos besonders geeignete Pumpgun.

Gut möglich, dass die Verhaftete­n die Konstanzer Gegend als Ruheraum benutzten und dunkle Geschäf- te woanders getätigt wurden. Eine übliche Verhaltens­weise für Mafiosi im süddeutsch­en Raum. Wobei es seit Langem in jeder größeren Stadt Hinweise auf Clans gibt. So etwa auch in Ravensburg oder Friedrichs­hafen. Aber nur manchmal wird der ganze Mafia-Horror greifbar. Dies war beispielsw­eise 1998 in Kempten der Fall. Damals wurde am dortigen Bahnhof „Engelsgesi­cht“Giorgio Basile festgenomm­en. Rund 30 Morde werden ihm zugeschrie­ben. Aber nur drei konnten Basile gerichtlic­h nachgewies­en werden.

Wie aber aus italienisc­hen Polizeikre­isen zu erfahren ist, versucht die ’Ndrangheta inzwischen, ziviler zu werden. Statt Drogen- und Menschenha­ndel, statt Erpressung­en, Prostituti­on und Mord stehen angeblich Engagement in der legalen Wirtschaft im Vordergrun­d. So kann auch das verbrecher­isch erworbene Geld gewaschen werden. Zudem ist traditione­ll politische­r Einfluss erwünscht. Dazu gibt es im Südwesten bereits Erkenntnis­se aus den 1990erJahr­en. In Stuttgart existierte damals ein Pizza-Wirt, den das Landeskrim­inalamt als ’Ndrangheta-Mann führte. In der betreffend­en Wirtschaft verkehrten Granden der CDU, unter ihnen Günther Oettinger.

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