Leben in der griechischen Krise
Nur Barzahlungen an Tankstellen und in Tavernen – Pfandhäuser erleben Boom
ATHEN (dpa) - Der erste Gang am Morgen führt viele Griechen zu einem Geldautomaten, um die Tagesration von 60 Euro abzuheben. Die Banken im Land sind bis Mittwochabend geschlossen. Wann sie wieder öffnen werden, steht in den Sternen.
Ihre Einkäufe können die Griechen größtenteils mit Bank- oder Kreditkarten bezahlen. In den Supermärkten funktioniert das fast überall gut, an den Tankstellen ist es zuweilen schwierig. „Ochi kartes“(keine Kartenzahlung) steht an vielen Zapfsäulen, obwohl dies illegal ist. Auch viele Tavernen verlangen Bargeld. Die Gäste bekommen in den Gaststätten vom Kellner dann die Ausrede zu hören: „Es tut uns leid, aber unser Kartenlesegerät ist leider defekt.“
Viele Griechen würden ihre Gehälter lieber wie früher in Lohntüten ausgezahlt bekommen. Dies geht aber nicht. „Ich habe selbst kein Bargeld“, sagt der Besitzer eines Schuhgeschäfts. „Ich bekomme pro Tag nur 60 Euro aus dem Automaten.“
Die Krise und der Mangel an Bargeld führen dazu, dass Pfandhäuser wie Pilze aus dem Boden sprießen. Solche Etablissements waren in Griechenland bis vor Kurzem fast unbekannt. Jetzt gibt es in Athen in jedem Stadtteil gleich mehrere Läden, die Schmuck, Gold und andere Wertsachen aufkaufen. Dort scheint kein Geldmangel zu herrschen.
Versorgungsengpässe scheint es noch nicht zu geben. Das Benzin reicht nach Angaben der Mineralölkonzerne noch für vier Monate. Die Regale in den Supermärkten sind gut gefüllt. „Ich hatte zuletzt einen guten Absatz“, sagt ein Fleischverkäufer in Athen. „Offenbar haben einige Kunden sich einen Vorrat in ihren Kühl- truhen angelegt.“Größere Hamsterkäufe sind aber nicht festzustellen.
Die Lebensmittelbranche warnt jedoch davor, dass Fleisch und Milchprodukte knapp werden könnten. Diese Produkte führt Griechenland zu einem großen Teil aus dem Ausland ein, einheimische Produzenten müssen Futtermittel importieren; zur Bezahlung der Importe bedarf es einer Sondergenehmigung, weil Überweisungen ins Ausland grundsätzlich untersagt sind.
Die Reichen überweisen Geld ins Ausland, die einfachen Leute haben diese Möglichkeit nicht. Manche haben die Scheine in Plastiktüten verpackt und im Garten versteckt. „Immer wieder steht die Oma aus Angst nachts auf und leuchtet mit der Taschenlampe unter den Feigenbaum“, sagt Ioanna, eine 32-jährige Apothekerin. Ihre Großmutter hat unter dem Baum 7000 Euro vergraben.