„Konditionen für die Hilfe werden sehr viel härter ausfallen“
BERLIN - Deutschland wird etwa 90 Milliarden Euro an GriechenlandHilfen abschreiben müssen. Das sagte Otmar Issing (Foto: dpa), früherer Chef-Volkswirt der Europäischen Zentralbank, im Gespräch mit Rasmus Buchsteiner.
Wie könnte ein neues Hilfsprogramm für Athen aussehen?
Werden die Regeln eingehalten, läuft ein neues Hilfsprogramm über den ESM. Dafür braucht es geraume Zeit. So muss zum Beispiel der Deutsche Bundestag eingeschaltet werden. Die Konditionen solcher Hilfen werden sehr viel härter ausfallen. Ein Schuldenschnitt kann nur am Ende eines zuverlässigen Pakts für tief greifende Reformen in Griechenland stehen.
Wird Griechenland humanitäre Hilfen brauchen?
Kommt es zu der befürchteten humanitären Katastrophe, zum Beispiel in der Arzneimittelversorgung, wird die Europäische Union mit Hilfen einspringen. Das ist dann aber nicht mehr eine Frage der Währungsunion, sondern Europas insgesamt.
Macht der Rücktritt von Finanzminister Gianis Varoufakis neue Gespräche leichter?
Atmosphärisch wird es damit leichter. Der pompöse Selbstdarsteller Varoufakis ist so gut wie allen auf die Nerven gegangen und hat mit seinem Verhalten seinem Land einen Bärendienst erwiesen.
Steht Griechenland jetzt vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch und einer Staatspleite?
Pleite ist Griechenland schon seit Langem. Daran haben auch seine Vertreter keinen Zweifel gelassen. Die Regierung steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Man fragt sich, ob sie fachlich und politisch dem gewachsen ist.
Wie könnte Griechenland in der Eurozone bleiben?
Griechenland sollte die Chance nutzen, die Wirtschaft besser auf die Mitgliedschaft im Euro-Raum einzustellen. Dazu bedarf es vor allem der Reduktion des aufgeblähten und inkompetenten öffentlichen Sektors. Der allumfassenden Korruption und Klientelwirtschaft muss ein Ende bereitet werden.
Ist das Geld, das Deutschland beigesteuert hat, jetzt in jedem Fall verloren?
Die Forderungen der anderen Länder und Institutionen muss man weitgehend abschreiben. Das gilt auch für den deutschen Anteil, der sich auf schätzungsweise 90 Milliarden Euro beläuft. Das gilt im Übrigen mit oder ohne Grexit.