Aalener Nachrichten

De Maizière verteidigt BKA-Gesetz

Datenschat­z gegen Datenschut­z: Karlsruhe prüft Befugnisse des Bundeskrim­inalamts

- Von Diana Niedernhöf­er

KARLSRUHE (dpa) - In Karlsruhe steht das BKA-Gesetz auf dem Prüfstand. Damit geht es um die Befugnisse der Polizei bei der Terrorabwe­hr und um die Sicherheit des Landes. Die Richter lassen Kritik erkennen.

Gerhard Baum (82) und Burkhard Hirsch (85) waren in ihrem Leben schon oft in Karlsruhe. Sie haben dort vom Bundesverf­assungsger­icht so manches Sicherheit­sgesetz zurechtstu­tzen lassen. Am Dienstag zeichnete sich ab, dass die beiden Alt-Liberalen in einigen Monaten wieder einen Erfolg feiern können: Auch das umstritten­e BKA-Gesetz wird zumindest einige Federn lassen müssen.

Hauptthema des Duos sind die Grundrecht­e. Und so ging es in Karlsruhe wieder um die Frage, wie viel Freiheit ein Bürger für die Sicherheit opfern muss. „Wie viel an Datenschat­z darf der Verfassung­sstaat den Ermittlung­sbehörden zugestehen und welchen Datenschut­z schuldet er seinen Bürgern?“, fasste Gerichts-Vizepräsid­ent Ferdinand Kirchhof prägnant zusammen.

Präventive Überwachun­g

Gegenstand des Prozesses ist das BKA-Gesetz. Es erlaubt dem Bundeskrim­inalamt (BKA) seit sechseinha­lb Jahren neue Methoden, um Terrorakte zu verhindern – und zwar weit im Vorfeld möglicher Straftaten. Die Wiesbadene­r Behörde hat mit Online-Durchsuchu­ng, Telefonübe­rwachung, Lausch- und Spähangrif­fen in Wohnungen und dem Observiere­n Möglichkei­ten bekommen, die präventiv bis dato nur Landespoli­zei oder Nachrichte­ndienste nutzen konnten.

Diese Mittel brauche das BKA auch, denn die Sicherheit­slage habe sich seitdem nicht gebessert, sagte Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) in Karlsruhe. Bei der Schaffung des Gesetzes sei vor allem von al-Kaida eine Gefahr ausgegange­n. „Jetzt wütet der Islamische Staat in Syrien und im Irak.“

340 sogenannte gewaltbere­ite Gefährder aus dem islamisch-radikalen Spektrum leben nach den Erkenntnis­sen der Sicherheit­sbehörden derzeit in Deutschlan­d. 700 Menschen sind von Deutschlan­d aus nach Syrien gereist, um sich dort dem IS anzuschlie­ßen. Die neuen Befugnisse des BKA wertet der Innenminis­ter als Erfolg: Die Festnahme eines Paares, das auf das Radrennen rund um Frankfurt am 1. Mai möglicherw­eise ein Attentat geplant hatte, ging etwa auf das Konto des BKA ebenso wie die Verurteilu­ng der sogenannte­n Sauerland-Gruppe in Düsseldorf 2010.

Als altgedient­e Politiker bestreiten Hirsch und Baum den Sinn von Ermittlung­en auch gar nicht. Ihnen geht es um Nachjustie­rungen: „Ich will, dass die Polizei ihre Aufgabe wahrnimmt und den Bürger auf dem Boden der Verfassung schützt“, sagte Hirsch. Diese verfassung­srechtlich­e Bodenhaftu­ng sehen unter anderem Grünen-Politiker wie Hans-Christian Ströbele, Renate Künast und Volker Beck nicht mehr gewahrt, die auch zu den Klägern gehören.

Die Richter scheinen ihre Bedenken größtentei­ls zu teilen. Viele Punkte muss Karlsruhe prüfen: „Sehr komplex und sehr zerklüftet“, nannte Kirchhof das. Doch die vielen bohrenden Fragen des Senats an Bundesregi­erung, BKA, Sachverstä­ndige und Generalbun­desanwalt Harald Range zeigen: Knackpunkt­e können unter anderem die Fragen sein, wie bei den verdeckten Methoden die Privat-und Intimsphär­e sowie das Recht der Betroffene­n auf informatio­nelle Selbstbest­immung gewahrt bleiben können und welche unabhängig­e Stelle das kontrollie­rt. Problemati­sch könnte zudem die mögliche Weiterleit­ung gewonnener Daten durch das BKA an andere Sicherheit­sbehörden sein. Auch die eventuell zu laxen Hürden für die verdeckten Operatione­n waren Thema der Verhandlun­g.

 ?? FOTO: DPA ?? Ist davon überzeugt, dass die erweiterte­n Befugnisse des Bundeskrim­inalamts notwendig seien, um Terroransc­hläge in der Bundesrepu­blik abzuwehren: Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU).
FOTO: DPA Ist davon überzeugt, dass die erweiterte­n Befugnisse des Bundeskrim­inalamts notwendig seien, um Terroransc­hläge in der Bundesrepu­blik abzuwehren: Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU).

Newspapers in German

Newspapers from Germany