Eltern zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Allensbach Institut hat den Familienalltag untersucht – Viele Mütter unzufrieden
BERLIN - Der Mann geht zur Arbeit, die Frau betreut die Kinder zu Hause. Lange Zeit sah so das vorherrschende Familienmodell aus. Doch die Rollenbilder ändern sich. Die Zahl der erwerbstätigen Frauen steigt, und viele Väter wünschen sich mehr Zeit mit ihren Kindern. Doch was gibt bei der Entscheidung, wer das Geld verdienen soll und wer sich um den Nachwuchs kümmert, den Ausschlag? Erstmals ist diese Frage umfassend untersucht worden.
Die wichtigen Entscheidungen treffen Paare meist noch vor der Geburt des ersten Kindes – in knapp 90 Prozent der Fälle ohne größere Meinungsverschiedenheiten. Vor der Geburt des Kindes arbeiten 71 Prozent der Männer und Frauen Vollzeit. Nach der Elternzeit entscheiden sich die meisten Paare für ein Modell, bei dem der Mann voll arbeitet und die Frau zumindest stundenweise oder in Teilzeit. Das geht aus einer Elternbefragung des Allensbacher Instituts für Demoskopie hervor, die Familienministerin Manuela Schwesig am Dienstag vorstellte. Die Schere zwischen „Wunsch und Wirklichkeit“gehe auseinander, so die SPD-Politikerin. Eltern von heute würden sich Zeit für die Familie wünschen, wollten dennoch berufstätig sein, erwarteten dabei aber zu Recht Unterstützung von Politik und Wirtschaft.
Wo liegen die Probleme? Besonders Frauen, die sich zunächst um die Kinder kümmern und beruflich kür- zertreten, sind mit der Aufgabenverteilung oft nicht glücklich. 57 Prozent der Mütter mit Kindern unter sechs Jahren, die nicht wieder in den Job zurückgekehrt sind, halten Berufstätigkeit „für ziemlich wichtig“. Die Geburt eines Kindes bedeutet häufig einen tiefen Einschnitt in der Erwerbsbiografie von Frauen. Mit zunehmendem Alter sinkt der Anteil der Frauen mit Vollzeit-Job. Vom 30. Lebensjahr an sind es nur noch weniger als die Hälfte.
Gleiche Verteilung gewünscht
Laut Allensbach-Studie wünschen fast 50 Prozent der Eltern, dass Vater und Mutter die Kinder annähernd gleich viele Stunden betreuen – nur jedes dritte Paar praktiziert das aber auch so. Eine andere Aufteilung der Verantwortung in Beruf und Familie scheitert oft am Geld und am Arbeitgeber. 47 Prozent der Eltern geben an, sich die Familienarbeit deshalb nicht so teilen zu können wie gewünscht, weil sie es sich finanziell nicht leisten könnten. 45 Prozent sagten, der Arbeitgeber habe ihnen Steine in den Weg gelegt, so die Allensbach-Studie.
Ein weiterer Befund: Fehlende Kita-Betreuung sehen heute immer weniger Eltern als Grund für eine schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Ausbau der Betreuungsplätze scheint demnach Wirkung zu zeigen. Ministerin Schwesig sieht dennoch weiteren Änderungsbedarf – unter anderem beim Ehegattensplitting, das im Verdacht steht, Frauen von der Rückkehr in die Berufstätigkeit abzuhalten. Ansonsten setzt die Ministerin auf das gerade eingeführte Elterngeld Plus, das Eltern mit Teilzeit-Jobs eine längere staatliche Unterstützung verspricht, und auf eine „Familienarbeitszeit“.