Koalition einig bei Erbschaftsteuer
Kabinett will Gesetzentwurf heute beschließen – Keine Änderungen am Grundkonzept
BERLIN - Union und SPD haben sich auf einen Gesetzentwurf zur Reform der Erbschaftsteuer verständigt. Doch die Kritik an den Plänen reißt nicht ab. Gewerkschaften und Opposition klagen über zu viele Ausnahmen. Wirtschaftsverbände kritisieren dagegen zu hohe Belastungen für die Unternehmen und sprechen von einem „katastrophalen Kuhhandel“der schwarz-roten Koalition. Was ändert sich mit der geplanten Gesetzesnovelle für Erben? Hintergründe zur Erbschaftsteuerreform.
Warum plant die Bundesregierung eine Reform der Erbschaftsteuer?
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Dezember 2014 das Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz für verfassungswidrig erklärt. Die Karlsruher Richter hielten die Privilegierung von Betriebsvermögen durch das geltende Recht für unverhältnismäßig und unvereinbar mit dem Grundgesetz. Karlsruhe hatte die alten Verschonungsregeln für Firmenerben zwar gekippt, allerdings eingeräumt, dass zur Sicherung von Arbeitsplätzen die Erben von Unternehmen bis zu 85 Prozent von der Steuer verschont bleiben können. Der Gesetzgeber muss bis zum 30. Juni 2016 eine neue Regelung vorlegen.
Was soll sich nach den Reformplänen der Bundesregierung ändern?
Die schwarz-rote Koalition hat sich nach hartem Ringen auf einen Gesetzentwurf verständigt, der heute dem Bundeskabinett vorgelegt werden soll. Grundsätzlich soll es bei dem Prinzip bleiben, dass Betriebsvermögen von der Erbschaftsteuer weitgehend verschont bleibt, wenn der Betrieb lange fortgeführt und Arbeitsplätze erhalten werden, heißt es in Regierungskreisen. Es gelte die Kultur des Familienunternehmens zu erhal- ten und zu vermeiden, dass Unternehmen die Liquidität entzogen werde.
Wie sieht die Reform im Detail aus?
Wenn Erben oder Beschenkte das Unternehmen fortführen und Arbeitsplätze sichern, erhalten sie nach fünf Jahren einen Abschlag von 85 Prozent und nach sieben Jahren sogar volle 100 Prozent. Anders als ursprünglich von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgesehen, soll die Schwelle für die sogenannte Bedürfnisprüfung für Erben erst ab 26 Millionen Euro und nicht bereits bei 20 Millionen einsetzen. Bei Familienbetrieben erhöht sich der Wert auf 52 Millionen. Bei Erben, die darüber liegen, wird geprüft, ob die Erbschaftsteuer nicht auch aus dem Privatvermögen gezahlt werden kann. Im Zuge der Bedürfnisprüfung müssen die Firmenerben dem Finanzamt ihr Vermögen offenlegen.
Wie wirkt sich die Reform auf die Betriebe aus?
Künftig sind nur noch Kleinstbetriebe bis zu drei Beschäftigten davon ausgenommen, die üblichen Aufla- gen für die Lohnsumme einzuhalten. Unternehmen mit vier bis zehn Mitarbeitern müssen künftig über fünf Jahre eine Lohnsumme von 250 Prozent erreichen oder 400 Prozent in sieben Jahren, um keine Erbschaftsteuer zahlen zu müssen. Bei Firmen mit elf bis 15 Mitarbeitern liegen die Lohnsummen bei 300 beziehungsweise 565 Prozent. Dabei werden Beschäftigte in Mutterschutz, Elternzeit, Ausbildung und Langzeiterkrankung nicht mit eingerechnet. Vor allem bei Erbschaften oder Schenkungen von Großunternehmen soll in jedem einzelnen Fall nach den Vorgaben des Verfassungsgerichts geprüft werden, ob Steuererlasse noch möglich sind. Laut Finanzministerium wurden 2014 rund 5,3 Milliarden Euro an Erbschaftsteuer eingenommen. Das Geld fließt komplett in die Länderhaushalte.
Wie reagieren die Wirtschaftsverbände auf die Reformpläne?
Auch nach der Entschärfung der ersten Eckpunkte hagelt es Kritik aus der Wirtschaft. Für die Unternehmen fallen Wolfgang Schäubles Pläne für eine Erbschaftsteuerreform deutlich schärfer aus, als sie es erwartet hatten. Wirtschaftsverbände hatten einen Grenzwert von 300 Millionen Euro pro Erben vorgeschlagen und bereits mit einer Grenze von 100 Millionen Euro gerechnet. Entsprechend groß sind jetzt Enttäuschung und Empörung. Kritik gibt es vor allem auch daran, dass der Finanzminister künftig ab der 26-Millionen-Grenze bei einer Erbschaft oder Schenkung auch das Privatvermögen der Betriebserben heranziehen will. Nach den Regierungsplänen soll es künftig keine automatische Verschonung von Unternehmen mehr geben. Der Verband der Familienunternehmer wirft der schwarz-roten Koalition einen „katastrophalen Kuhhandel“vor.