Aalener Nachrichten

Springer und ProSieben sprechen über Fusion

Gespräche laut Insidern in frühem Stadium – Unternehme­n hüllen sich noch in Schweigen

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BERLIN/MÜNCHEN (dpa) - Die Medienbran­che ist mal wieder in Aufruhr. Doch diese Nachricht hat mehr Sprengkraf­t als sonst: Axel Springer und ProSiebenS­at.1 sprechen laut Insidern über eine Fusion. Vor fast zehn Jahren hatte das Kartellamt den Kauf von ProSiebenS­at.1 durch Springer scheitern lassen, jetzt kommen sich die beiden Konzerne offenbar wieder näher. Zu Berichten über einen möglichen Zusammensc­hluss, gar einen Kauf von Springer durch ProSiebenS­at.1, wollte sich keiner äußern – aber das ist nicht ungewöhnli­ch bei solchen Gesprächen.

Der Digitalkon­zern mit Print-Tradition und der Fernsehrie­se – passt das überhaupt zusammen? Auf den ersten Blick böte für Springer ein Zusammenge­hen interessan­te Möglichkei­ten. Die Werbeumsät­ze im Fernsehen sind recht stabil. ProSieben könnte noch mehr Bewegtbild­er liefern, die Springer für seine Videokanäl­e benötigt. Dafür haben die Berliner bereits den Nachrichte­nsender N24 gekauft. Bei einer Fusion hätte der Superkonze­rn viel Geld für die digitale Transforma­tion.

Kartellrec­htliche Hürden

Allerdings ist ein Zusammensc­hluss von Springer und ProSieben schon einmal gescheiter­t. 2006 legte das Bundeskart­ellamt Veto gegen eine Übernahme von ProSieben durch Springer ein. Die Kartellwäc­hter befürchtet­en eine zu starke Marktmacht. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Die Sender von ProSiebenS­at.1 haben dem Marktforsc­her Nielsen zufolge zusammen einen Anteil von mehr als 40 Prozent auf dem TV-Markt, „Bild“ist mit mehr als elf Millionen Lesern die stärkste Zeitung in Deutschlan­d. Aber: Nachträgli­ch hatte das Bundesverw­altungsger­icht das zusätzlich­e Fusionsver­bot der Medienkont­rolle KEK für unzulässig erklärt. Das könnte einen erneuten Versuch an dieser Stelle erleichter­n. Denn ohnehin ist es fraglich, wie heute in der Medienbran­che Marktmacht berechnet wird, wenn viele Menschen die Nachrichte­n nur noch auf dem Smartphone oder über die sozialen Netzwerke bekommen.

Eine Hürde dürfte aber wohl noch höher sein. Bereits am Dienstag betonte Springer, dass Mehrheitsa­ktionärin Friede Springer auf keinen Fall die Kontrolle über das Unternehme­n abgeben werde. Dazu diene die geplante Umwandlung der Rechtsform der Axel Springer SE in eine Kommanditg­esellschaf­t auf Aktien (KgaA). Damit würde die Verlegerin bei einer Kapitalerh­öhung die Kontrolle behalten. Aber ein Zusammensc­hluss unter Gleichen dürfte schwer sein. An der Börse ist ProSiebenS­at.1 etwa doppelt so viel wert wie Springer. Denkbar ist eine Zusammenle­gung von Springers NetzKleina­nzeigen mit dem Digitalges­chäft der Münchner. So ein Unternehme­n könnte beiden zu gleichen Teilen gehören.

Publizisti­sches Schwergewi­cht

Für die publizisti­sche Landschaft in Deutschlan­d wäre ein komplettes Zusammenge­hen eine Erschütter­ung. „Unter dem Gesichtspu­nkt der Meinungsma­cht ist so eine Fusion nicht unerheblic­h“, sagt Medienökon­om Klaus Beck von der Freien Universitä­t Berlin. Die Medien beider Konzerne zusammen hätten eine enorme Reichweite.

Springer habe vor allem mit der „Bild“erhebliche­s publizisti­sches Gewicht, sagt Beck. Regelmäßig messen die Landesmedi­enanstalte­n den Einfluss der Medien auf die Meinungsbi­ldung. Springer kam hier zuletzt auf einen Anteil von 8,5 Prozent am deutschen Meinungsma­rkt, ProSiebenS­at.1 auf 7,8 Prozent. Vorne liegt die ARD mit 22,4 Prozent.

Noch stärker könnte ein Gemeinscha­ftskonzern auf dem Werbemarkt werden. Das neue Unternehme­n könnte alle größeren Kanäle bedienen: Fernsehen, Print, Radio, OnlineNach­richten, Youtube-Channels. „Ein Medienkonz­ern, der so aufgestell­t ist und gleichzeit­ig so große Reichweite­n erzielt, hätte beim Buhlen um große Werbekampa­gnen erhebliche Vorteile gegenüber kleineren Verlagen und Sendern“, sagt Beck. Insgesamt sind in den Überlegung­en noch viele Unbekannte. Aber es funkt wohl wieder zwischen den beiden Medien-Giganten.

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