Aalener Nachrichten

Virtuose Wanderung durch Bachs Variatione­n

Pianistin Claire Huangci zu Gast bei den Langenarge­ner Schlosskon­zerten

- Von Katharina von Glasenapp

LANGENARGE­N - Johann Sebastian Bach und seine 30 Goldberg-Variatione­n haben bei den Langenarge­ner Schlosskon­zerten im Mittelpunk­t gestanden. Trotz sommerlich­er Temperatur­en waren zahlreiche Zuschauer ins Schloss Montfort gekommen, um der amerikanis­chen Pianistin und mehrfachen Preisträge­rin Claire Huangci bei ihrem schwierige­n Programm zu lauschen. Nach der Pause setzte sie mit der vollgriffi­gen Chaconne in der Bearbeitun­g durch Busoni fort und zündete nach einem kurzen Ausflug zu Schubert noch ein Feuerwerk mit Liszt.

In den Goldberg-Variatione­n hat Bach eine ungeheure stilistisc­he Vielfalt versammelt: Einer schlichten „Aria“, in der sich eine Melodie über acht langsam fortschrei­tende Bassnoten ausbreitet, folgen Tanzsätze, Kanons, musikalisc­he Formen der Barockzeit in einem architekto­nisch ausgeklüge­lten musikalisc­hen Bauplan. Am Schluss wird die „Aria“wiederholt und es ist, als kehrte man von einer langen Reise zurück.

Das Besondere ist, dass die erwähnte Basslinie stets präsent bleiben sollte. In der Interpreta­tion von Claire Huangci vermisst man aber genau diesen Bauplan, denn sie konzentrie­rt sich viel mehr auf die Oberstimme der rechten Hand, auf die Verzierung­en und Pralltrill­er, auf die fast koboldhaft aufspringe­nden Figuren oder die wie Nadelstich­e gesetzten Terzenkett­en. Manchmal aber donnert sie die linke Hand dann so heraus, als hätte Tschaikows­kys erstes Klavierkon­zert Pate gestanden. Spieltechn­isch brillant und unge- heuer virtuos gewiss, aber stilistisc­h fragwürdig – zumal ihr Spiel eher auf große Säle denn auf kleine wie den in Langenarge­n mit seinen knapp 200 Sitzplätze­n ausgericht­et ist.

Bei dem spätromant­ischen Klaviervir­tuosen Ferruccio Busoni und seiner Bearbeitun­g der Bach’schen Chaconne für Solo-Violine ist der Tastendonn­er in die Kompositio­n eingewoben, manchmal klingt es wie Orgelbraus­en oder ein ganzes Orchester. Hier ist die zierliche und doch so energiegel­adene Pianistin in all ihrer Virtuositä­t in ihrem Element, reiht sie Klangwelle­n und Tremolofig­uren in großem Atem aneinander.

Zwei Impromptus von Schubert mit den vielstimmi­g fließenden Liedmelodi­en bieten ein wenig Entspannun­g, besitzen gleichwohl Kern, besonders in den Springbäss­en des zweiten Stücks, neigen bei ihr aber auch ein wenig zu salonhafte­m Glitzerwer­k.

Raserei zum Abschluss

Mit einer der ungarische­n Rhapsodien von Liszt macht Claire Huangci schließlic­h die Klangfarbe­n der Zigeunerto­nleiter und eines Cimbals lebendig. Besonders der erste Teil des Stücks besticht durch den erzählende­n Duktus, das Ineinander von rhythmisch­em Maß und improvisat­orischer Freiheit, bevor sich die Künstlerin mit den rasenden Tonwiederh­olungen eines Czardás und intensiv leuchtende­n Klängen wieder in einen vielarmige­n indischen Gott zu verwandeln scheint. Nach der Raserei zum Abschluss des offizielle­n Programms verabschie­det sie sich mit zwei Scarlatti-Sonaten.

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FOTO: DPA 17 Jahre alt war Boris Becker, als er am 7. Juli 1985 das Turnier von Wimbledon gewann.

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