Aalener Nachrichten

Crankos Erbe ist gesichert

Tamas Detrich folgt Reid Anderson als Chef des Stuttgarte­r Balletts

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STUTTGART (dpa) - Tamas Detrich (55) soll neuer Stuttgarte­r Ballettint­endant werden, wenn Reid Anderson (66) 2018 in Ruhestand geht. Detrich ist bisher Andersons Stellvertr­eter. Er habe in den vergangene­n Jahren bewiesen, dass er ein würdiger Nachfolger sein werde und auch neue Impulse für die Kompanie setzen könne, sagte Kunstminis­terin Theresia Bauer in Stuttgart.

Wer will, dass beim renommiert­en Stuttgarte­r Ballett vieles so bleibt, wie es ist, der musste auf der Suche nach einem neuen Intendante­n irgendwann auch auf Tamas Detrich kommen. Der smarte Amerikaner mit ungarische­n Wurzeln steht dafür, dass die weltweit bekannte Kompanie auch weiter in der Tradition der Ballett-Legende John Cranko (1927-1973) stehen wird. Er ist seit sechs Jahren Stellvertr­eter des 2018 scheidende­n Intendante­n Reid Anderson, gilt als engster Vertrauter des Kanadiers.

In New York geboren, startet Detrich dort auch seinen Ballettunt­erricht. Den Abschluss macht er jedoch 1977 schon an der John-CrankoSchu­le in Stuttgart und stößt zur Kompanie. Drei Jahre später wird er Solist, wenig später Erster Solist, prägt die Kompanie und avanciert rasch zum Publikumsl­iebling. In 25 Jahren tanzt er alle Hauptrolle­n der Cranko-Ballette. Choreograf­en wie Jirí Kylián, Kevin O’Day oder Marcia Haydée kreieren Rollen für Detrich.

2001 dann der erste Schritt runter von der Bühne: Er wird Ballettmei­ster, mit Crankos „Onegin“verabschie­det er sich wenig später vom Stuttgarte­r Publikum. Intendant Anderson ernennt ihn 2004 zum stellvertr­etenden künstleris­chen Leiter und 2009 dann zu seinem Stellvertr­eter. Detrich ist verheirate­t mit der einstigen Ersten Solistin Marion Jä- ger und Vater von Zwillingen.

Für Reid Anderson ist die Saison 2015/16 die 20. Spielzeit, was unter anderem mit einer Festwoche im Juli gebührend gefeiert werden soll. Auf dem Spielplan stehen Werke von Choreograf­en, die den Kanadier auf seinem Weg vom Tänzer zum Intendante­n begleitet haben.

Und da wird wieder und wieder der Name Cranko genannt werden müssen. Die Karriere des Kanadiers in Stuttgart ist ganz eng mit der britischen Ballett-Legende verbunden. Heute ist der 66-Jährige sowas wie der Wahrer seines Erbes. „Ich wäre nicht das, was ich bin, ohne John“, sagt der charismati­sche Mann mit dem sympathisc­hen Akzent, der seit zwei Jahrzehnte­n das Stuttgarte­r Ballett leitet.

Ein Ziel hat er noch: 2018 soll die neue John-Cranko-Ballettsch­ule stehen, für die Anderson Jahrzehnte gekämpft hat. Drei Viertel seiner Kompanie komme aus dieser Schule, sagt er stolz. Und ergänzt sofort, für wen er das alles tut: „Das ist, was John erreichen wollte.“

Geboren wurde Anderson 1949 in New Westminste­r in British Columbia nahe Vancouver. Später geht er nach einer Stepptanz-Ausbildung an die Royal Ballet School nach London. Seine Karriere als Direktor startet er in den 1980er-Jahren in seiner Heimat beim Ballet British Columbia in Vancouver und später beim kanadische­n Nationalba­llett.

Cranko holt Anderson in den 1960er-Jahren nach Stuttgart. Rasch avanciert er zum Solisten. Er brillierte in „Onegin“, „Schwanense­e“, „Der Widerspens­tigen Zähmung“und in John Neumeiers „Kamelienda­me“. Die durch unzählige Hebefigure­n zerschliss­enen Hüftgelenk­e mussten längst ersetzt werden. Später spricht er von einer „Gebühr“, die er gerne bezahlt habe – „für ein erfülltes Leben in der Kunst“.

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FOTOS: DPA Reid Anderson (links) wird 2018 in Ruhestand gehen. Dann folgt ihm Tamas Detrich als Chef des Stuttgarte­r Balletts nach.
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